8. Januar 2025, 11:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn oft bzw. lange am Stück ein Antibiotikum eingenommen wird, können Resistenzen entstehen. Denn während die empfindlichen Bakterien abgetötet werden, überleben resistente Bakterien und vermehren sich. Gerade bei lebensgefährlichen Erkrankungen können Antibiotikaresistenzen fatale Folgen haben – doch was kann man tun? Eine Studie legt nahe, sich einem bestimmten Nährstoffmangel auszusetzen.
Durch die Bildung von Resistenzen verliert ein Antibiotikum an Wirkung. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich eine Infektion mit resistenten Erregern oft schwerer behandeln lässt.1 Bei Krankheiten wie einer schweren Lungenentzündung oder einer Blutvergiftung kann die Gabe von Antibiotika lebensrettend sein – doch wenn diese aufgrund der Resistenz nicht mehr wirken können, wird es problematisch. Aus diesem Grund sind Forscher darum bemüht, Resistenzen umzukehren bzw. zu behandeln – und sind dabei auf einen interessanten Ansatz gestoßen. Ein Zinkmangel kann einer Antibiotikaresistenz entgegenwirken.
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Übersicht
Kann Nährstoffstress resistente Bakterien verändern?
Die Wissenschaftler beschränkten sich in ihrer Studie auf besonders gefährliche Bakterien: Die Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa, die beide zu den sechs tödlichsten und medikamentenresistentesten bakteriellen Krankheitserregern zählen.2 Aus diesem Grund beschränkte man sich auch auf spezielle Antibiotika, die oft im Zusammenhang mit den eben genannten Bakterien verwendet werden: die Carbapeneme, die häufig als letztmöglicher Behandlungsweg infrage kommen. „Leider ist ihre Wirksamkeit wie bei anderen Antibiotika durch Resistenzgene bedroht, für die es keine klinisch verfügbaren Lösungen gibt“, erklärt Eric Brown, Professor an der McMaster-Universität und Leiter der Studie, in einer Pressemitteilung.3
Da der Entzug verschiedener Nährstoffe bei Bakterien zu physiologischen Veränderungen führen kann, sah sich das Team genauer an, ob möglicherweise ein bestimmter Nährstoffmangel eine Antibiotikaresistenz beeinflusst. Im Fokus der Untersuchung stand das Spurenelement Zink, das im Körper unter anderem für die Wundheilung und Immunabwehr verantwortlich ist. „In den letzten hundert Jahren haben Wissenschaftler Bakterien normalerweise unter den denkbar nährstoffreichsten Bedingungen untersucht“, so Brown. „Mein Labor hat schon lange ein Interesse daran, genau das Gegenteil zu tun: Bakterien unter Nährstoffstress zu untersuchen.“
Zinkmangel führt zu Schwachstelle bei resistenten Bakterien
Zunächst setzte man im Reagenzglas resistente Bakterien einer zinkarmen Umgebung aus. Die Wissenschaftler beobachteten dabei, dass der ausgelöste Nährstoffstress das Wachstum der Bakterien reduzierte – die Versuche an Mäusen lieferten ähnliche Ergebnisse. Des Weiteren störte der Zinkmangel die äußere Membran der Bakterien mit Antibiotikaresistenz, wodurch diese anfälliger für Azithromycin wurden. Dabei handelt es sich um eine andere Gruppe der Antibiotika, die in hoher Zahl verschrieben wird.
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Diese Beobachtung zeigt, dass die Abwehrkräfte der Bakterien mit einer Carbapeneme-Antibiotikaresistenz durch einen Zinkmangel heruntergestuft, jedoch nicht komplett ausgesetzt werden. Das hat zur Folge, dass die Bakterien immer noch die Carbapeneme durchdringen können, allerdings bieten sie im geschwächten Zustand neue Angriffsflächen, z. B. für das Azithromycin.
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Bedeutung und Einschränkung der Studie
„Anstatt einen neuen Medikamentenkandidaten zur Behandlung dieser antibiotikaresistenten Infektionen zu identifizieren, haben wir einen Kompromiss gefunden, den wir mit einem bestehenden Medikament ausnutzen können“, so Megan Tu, Doktorandin in Browns Labor und Erstautorin der Studie. Denn die Fähigkeit der Bakterien, den Carbapenemen trotz Zinkmangel zu widerstehen, ist mit einem sogenannten „Fitness-Preis“ bzw. einem Kompromiss verbunden, der dazu führt, dass die Bakterien anfälliger für Azithromycin werden. „Diese Studie ist einer der seltenen Fälle, die tatsächlich zu einem durchschlagenden Schluss führen: Man kann bestimmte medikamentenresistente Kleb- und Pseudomonas-Infektionen mit Azithromycin behandeln“, erklärt Brown.
Trotzdem gilt es zu beachten, dass die Studie auf Serenproben und Mausmodellen beruht. Dadurch kann nicht vollständig sichergestellt werden, dass die Ergebnisse auch beim Menschen tatsächlich zutreffen. Deshalb müssen weitere Studien erfolgen, die darauf aufbauend mögliche Behandlungsmöglichkeiten herausarbeiten.
Niemand sollte aufgrund dieser Studie nun bewusst einen Zinkmangel hervorrufen! Denn ein allgemeiner Zinkmangel im gesamten Körper kann unter anderem zu einer gestörten Wundheilung, Haarausfall und einer erhöhten Infektanfälligkeit führen.