17. September 2022, 8:12 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wer kennt sie nicht, die morgendliche Routine: Der Wecker klingelt, aufstehen, duschen, Zähne putzen und dann frühstücken, um mit voller Energie in den Tag zu starten. Oder doch lieber erst frühstücken und dann Zähne putzen? Was ist besser für die Gesundheit der Zähne?
Ein paar Regeln für die effektive Zahnreinigung sind wohl den meisten Menschen bekannt, wie zum Beispiel: Man sollte seine Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta mindestens zwei Minuten lang putzen. Für den frischen Atem am besten gleich vor dem Frühstück. Oder etwa nicht? Bis heute gehen die Meinungen von Zahnärzten und Wissenschaftlern diesbezüglich auseinander. Denn beide Varianten können unter Einfluss unterschiedlichster Bedingungen sowohl vor- als auch nachteilige Resultate für die Gesundheit der Zähne nach sich ziehen. Also was gilt: vor oder nach dem Frühstück Zähne putzen? FITBOOK bringt Licht ins Dunkel.
Übersicht
Wann putzen sich die Deutschen die Zähne – vor oder nach dem Frühstück?
Laut Statistiken des Deutschen Zahnärzte Verlags, zu den Gewohnheiten und Kenntnissen der Mundhygiene in Deutschland putzen sich rund 42 Prozent der Befragten vor- und 51 Prozent nach dem Frühstück die Zähne.1 Damit scheint das Ergebnis recht ausgewogen, was die Unklarheit in dieser Fragestellung widerspiegelt. Außerdem stützt die Statistik die Annahme, dass das Zähneputzen nach dem Frühstück allgemein als gesünder (oder wenigstens angenehmer) angesehen wird.
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Speisereste nach dem Frühstück – ein Herd für Karies
Nach dem Frühstück befinden sich im Mundraum einige Speisereste, die zur Gefahr von Karies werden können. Insbesondere die vermehrte Aufnahme von Kohlenhydraten kann das Risiko steigern, die Bakterien im Zahnbelag zu ernähren. Bei diesem Prozess baut der Zahnbelag – auch Plaque oder Biofilm genannt – die vorhandenen Kohlenhydrate in Form von Plaque-Säuren ab und entnimmt somit dem Zahnschmelz wichtige Mineralien. Man spricht auch von der sogenannten Demineralisierung. Somit geht ein bedeutender Bestandteil verloren, welcher eigentlich für eine robuste Zahnoberfläche sorgen sollte.²
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Greift die Säure den Zahnschmelz an?
Sollte man nach dem Frühstück also schnell zur Zahnbürste greifen, um die Speisereste zu entfernen und die wertvollen Mineralien zu erhalten? In dieser Frage sind sich Zahnärzte und Wissenschaftler uneinig. Manche Zahnärzte behaupten, dass die Zähne unmittelbar nach dem Essen einem Säureangriff ausgesetzt sind. Nicht nur durch Plaque-Säuren, sondern auch durch säurehaltige Getränke, wie z. B. Orangensaft, der bei vielen zum Frühstück dazu gehört. Der Zahnschmelz soll durch die Säuren angegriffen werden und weicht damit etwas auf. Ein sofortiges Zähneputzen würde demnach den empfindlichen Zahnschmelz aufreiben und die Zahnsubstanz schädigen.²
Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2013 konnte diese Annahme jedoch bereits widerlegen. Nach umfassenden Untersuchungen der Zahnsubstanz konnte nach dem vermeintlichen Säureangriff keine Zahnabnutzung festgestellt werden.⁵ Die Ergebnisse gingen bei einer Studie aus 2014 in die gegensätzliche Richtung. Hierbei wurde entdeckt, dass eine Schmelzprobe nach einer Erosion (Säurekontakt) des Zahnes und längerer Wartezeit deutliche Zahnabnutzungen zeigte.⁴ Ein langes Warten nach dem Frühstück soll der Zahnsubstanz folglich mehr schaden als die Gesundheit zu schützen.
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Wann sollte man nun Zähneputzen?
Es gibt Zahnärzte, die empfehlen, mindestens 30 Minuten zu warten, bevor man nach dem Frühstück zur Zahnbürste greift.⁶ So soll sich der Zahnschmelz etwas regenerieren können und die wertvollen Bausteine wie Kalzium und Phosphat kehren in den Zahn zurück. Man spricht dann von der Remineralisierung. Wenn man frühmorgens keine Zeit haben sollte, dies abzuwarten, wird das Zähneputzen vor dem Frühstück empfohlen. Demnach soll die mineralhaltige Zahnpasta den Zahn vor dem Säurekontakt zumindest stärken.⁵ Der Studie aus 2014 zufolge dauert eine Remineralisierung jedoch deutlich länger als 30 bis 60 Minuten und mit einem verzögerten Zähneputzen erreiche man das Gegenteil, nämlich eine erhöhte Zahnabnutzung.⁴
Wenn man also sicherstellen möchte, welche Variante nach dem Frühstück die gesündere darstellt, sollte man einerseits unbedingt seinen eigenen Zahnarzt dazu befragen und sich evtl. auch eine zweite Meinung dazu einholen.
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Quellen
- 1. Zimmer, S., Lieding, L. (2014). Gewohnheiten und Kenntnisse zur Mundhygiene in Deutschland – Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung. Deutsche Zahnärtze Zeitschrift. (aufgerufen am: 05.10.2022)
- 2. Patienteninformation zur präventiven Zahnerhaltung. (aufgerufen am: 05.10.2022)
- 3. Aattin, T. (2010). Erosionen: wenn die Zähne Saures kriegen. Der freie Zahnarzt.(aufgerufen am: 05.10.2022)
- 4. Lussi A, Lussi J, Carvalho TS, Cvikl B. (2014). Toothbrushing after an erosive attack: will waiting avoid tooth wear? European Journal of Oral Sciences.(aufgerufen am: 05.10.2022)
- 5. Bartlett DW., Lussi A, West NX., Bouchard P., Sanz M., Bourgeois D. (2013). Prevalence of tooth wear on buccal and lingual surfaces and possible risk factors in young European adults. J Dent; 41: 1007–1013.(aufgerufen am: 05.10.2022)
- 6. Zähneputzen– vor oder nach dem Frühstück? (aufgerufen am 05.10.2022)