7. Oktober 2024, 14:33 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Dass das Coronavirus das Gehirn langfristig schädigen kann, haben frühere Studien bereits zeigen können. Dabei ist man meist von schweren Krankheitsverläufen und älteren Covid-19-Patienten ausgegangen. Doch auch schon milde Corona-Erkrankungen können das Gehirn verändern – insbesondere das von Jugendlichen.
Die Liste der Corona-Langzeitfolgen ist lang: Sie reichen von einem Geruchs- und/oder Geschmacksverlust bis zur Erschöpfung oder Unwohlsein nach körperlicher Anstrengung. Studien konnten aber auch aufzeigen, dass das Virus Auswirkungen auf das Gehirn haben kann – so soll es z. B. den Cortisolspiegel im Gehirn senken können und somit Entzündungen begünstigen (FITBOOK berichtete). Forscher aus Italien stellten nun weitere strukturelle Veränderungen im Gehirn fest, die bei Jugendlichen bereits mit einem milden Corona-Krankheitsverlauf einhergehen können.
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MRT-Scans und kognitive Tests
Im Rahmen der longitudinalen Kohortenstudie „Public Health Impact of Metal Exposure (PHIME)“ rekrutierten die Forscher als Teilnehmer Jugendliche und junge Erwachsene aus Norditalien.1 Man konzentrierte sich deshalb auf diese Region, weil diese als Hotspot während der Pandemie galt. Dabei gab es folgende Ausschlusskriterien:
- Neurologische Erkrankungen
- Hepatische Erkrankungen
- Metabolische Erkrankungen
- Endokrine Erkrankungen
- Psychiatrische Erkrankungen
- Klinisch diagnostizierte motorische Defizite
- Klinisch diagnostizierte kognitive Beeinträchtigungen
- Nicht ausreichend korrigierte Sehdefizite
Anhand dessen eigneten sich insgesamt 207 Probanden im Alter von zwölf und 25 Jahren, die MRT-Scans und kognitive Tests absolvierten. Die sogenannte standardmäßige „Cambridge Neuropsychological Test Automated Battery“ wurde von ausgebildeten Neuropsychologen durchgeführt, wodurch die kognitiven und motorischen Gedächtnisfunktionen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bewertet wurden.
Nach Aufhebung der Covid-19-Beschränkungen nahmen 40 Personen an einer Folgestudie teil, bei der dieselben Tests und MRT-Scans wiederholt wurden. Zusätzlich erhob man bei jedem Teilnehmer eine Covid-19-Beurteilung, einen multimodale MRT, eine Untersuchung der kognitiven Funktion, eine Blutentnahme und weitere Informationen zur Covid-19-Diagnose (positiver PCR-Test binnen zwölf Monaten). So ergaben sich insgesamt 13 Jugendliche oder junge Erwachsene mit einer vorangegangenen milden Corona-Erkrankung, deren Gehirn anhand standardisierter Methoden untersucht wurde.
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Ergebnisse
Die Wissenschaftler konnten signifikante Unterschiede hinsichtlich der Zeit zwischen den Untersuchungen, der Coronasymptome und dem Impfstatus beobachten. Anhand verschiedener statistischer Verfahren identifizierte man fünf lokalisierte funktionelle Konnektivitätsknoten, die sich zwischen den beiden Gruppen stark unterschieden und vor allem die kognitiven Funktionen beeinflussen. Bei Jugendlichen, die positiv auf Corona getestet worden waren, beobachtete man eine starke Verringerung des linken Hippocampusvolumen im Gehirn. Dieser Teil ist für das kodieren verbaler bzw. visuell-räumlicher Erinnerungen zuständig. Die Konnektivität des gesamten Gehirns blieb allerdings unverändert.
Ebenfalls betroffen bei Covid-Patienten war die linke Amygdala, welche unter anderem an der Speicherung von Gedächtnisinhalten beteiligt ist. „Wir stellten zwischen Teilnehmern mit und ohne leichte SARS-CoV-2-Infektion Konnektivitätsunterschiede in fünf kortikalen und subkortikalen Hirnbereichen fest. Weiterhin beobachteten wir bei positiven Covid-Patienten im Vergleich zu negativ getesteten Covid-Personen ein reduziertes Volumen im linken Hippocampus. Wir beobachteten einen signifikanten Zusammenhang zwischen einer leichten SARS-CoV-2-Infektion und funktionellen Messwerten in einem subkortikalen Hirnbereich, der linken Amygdala“, fassen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse zusammen.
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Einschränkungen der Studie
Die Studie zeigt, dass auch eine milde Corona-Erkrankung Auswirkungen auf das Gehirn von Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben kann. Jedoch müssen noch weitere Studien durchgeführt werden, um die Mechanismen dahinter zu verstehen und zu erklären. Nur so kann auch tatsächlich sichergestellt werden, inwiefern Corona das Gehirn von Jugendlichen und jungen Erwachsenen negativ beeinflusst haben könnte.
Des Weiteren untersuchte die Studie lediglich junge Personen aus dem Hotspot Norditalien. Andere Regionen zog man nicht hinzu, wodurch die Ergebnisse möglicherweise nicht auf andere Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen soziodemografischen Hintergründen zutreffen könnten. Außerdem fiel die Studiengröße mit 40 Teilnehmern bei den Nachuntersuchungen sehr gering aus, weshalb man in daran anknüpfenden Forschungsarbeiten die Kohorte größer wählen sollte.