2. August 2020, 20:01 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Windpocken und Gürtelrose sind zwei unangenehme Krankheiten, die durch das gleiche Virus verursacht werden. Und beide können richtig Probleme machen – ein Überblick.
Windpocken gelten allgemein als Kinderkrankheit. Weil sie hochansteckend ist, haben die meisten Menschen die juckenden Bläschen schon im Kindheitsalter hinter sich gebracht. Einmal und nie wieder, das ist das Gute daran. Doch es gibt auch Spätfolgen: Gürtelrose.
Als Erwachsener über Windpocken-Impfung nachdenken
Wer zudem als Jugendlicher oder Erwachsener an Windpocken erkrankt, kommt oft nicht so glimpflich davon, erklärt der Patientenbeauftragte des Deutschen Hausärzteverbandes, Jakob Berger. „Der Ausschlag tritt dann verstärkt auf, auch im Kopfbereich.“ Zudem könne es zu einer Lungenentzündung oder einer Gehirnhautentzündung kommen.
Wer als Erwachsener noch keine Windpocken hatte, sollte seiner Ansicht nach darum eine Impfung erwägen. Viele Kinder bekommen diese heutzutage ohnehin – einzeln oder in Kombination mit der Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMRV).
„Bestimmte Patientengruppen sollten die Impfung auf jeden Fall nachholen“, rät der Hausarzt mit Praxis im bayerischen Meitingen. Berger zählt auf: „Menschen mit starker Atopie, also Menschen, die zu Milchschorf und endogenem Ekzem neigen. Leute mit Risikoerkrankungen im Atemwegsbereich und ebenso jemand, der eine Organtransplantation bekommen soll.“
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Windpocken bei der Mutter können für Neugeborene gefährlich werden
Wer nicht weiß, ob er als Kind schon Windpocken hatte, kann das mit einem Bluttest feststellen lassen. Frauen mit Kinderwunsch sollten dahingehend ebenfalls auf Nummer sicher gehen. Teils zahlen die Krankenkassen die Kosten dafür.
Denn erkrankt eine Mutter kurz vor oder nach der Geburt an Windpocken, kann das Kind geschädigt werden – das kann schlimmstenfalls fatal sein für das Baby. In einem akuten Fall muss schnell gehandelt werden. „Es gibt ein sogenanntes Hyperimmunglobulin, also Antikörper gegen Windpocken. Das kann man Mutter und Kind spritzen“, erklärt Berger.
Gürtelrose ist die Zweiterkrankung der Windpocken
Windpocken sind sehr infektiös: Eine Ansteckung bei jemand, der sie hat, passiert recht schnell über die Luft.
Ansteckungsgefahr droht aber auch von Menschen mit Gürtelrose. „Um sich an einer Gürtelrose mit Windpocken anzustecken, reicht offenbar ein kurzer Aufenthalt bei dem Erkrankten“, sagt Erik Senger, Dermatologe im hessischen Seligenstadt.
Ausgelöst durch den gleichen Erreger aus der Familie der Herpesviren, ist die Gürtelrose die Zweiterkrankung der Windpocken. Wer Windpocken hatte oder dagegen geimpft ist, trägt das Virus lebenslang in sich. „Das Virus zieht sich in die Ganglien, also die sensiblen Nervenstränge, zurück“, erklärt Senger. „Dort verbleibt es sozusagen wie ein ‚Schläfer‘.“ Es wird von der eigenen Immunabwehr in Schach gehalten, kann aber reaktiviert werden – und Gürtelrose auslösen.
Die möglichen Auslöser von Gürtelrose
Wieso genau die Viren wieder in Aktion treten, ist laut Hausarzt Jakob Berger noch nicht abschließend geklärt. „Aber es hat immer mit einer Immunschwäche zu tun“, sagt er. So können Stress oder starke Sonneneinstrahlung eine Gürtelrose hervorrufen.
Kranke Menschen im Allgemeinen, besonders aber Tumorpatienten, die mit Substanzen behandelt werden, die das Immunsystem schädigen, sind gefährdet. Betroffen sind außerdem eher ältere Menschen, ergänzt Hautarzt Erik Senger: „Auch Kinder können sie bekommen, aber die Häufigkeit steigt mit dem Lebensalter an.“
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Gürtelrose kann sich durch Schmerzen im Brustkorb ankündigen
Bemerkbar macht sich die Gürtelrose oft schon vor dem typischen Ausschlag. „Bevor die Bläschen auftreten, kommen manche Patienten und sagen: ‚Ich habe hier so Schmerzen im Brustkorbbereich.‘ Obwohl man da noch gar nichts sieht“, erzählt Jakob Berger. „Das hängt mit der Nervenentzündung zusammen. Schaut man nach ein paar Tagen nach, findet man die gruppierten Bläschen.“
Gefährlich und sehr schmerzhaft kann die Gürtelrose vor allem im Gesichtsbereich werden, wenn sie den Trigeminusnerv befällt und sich Augen oder Ohren entzünden können. Vorwiegend tritt sie jedoch im Rumpfbereich auf.
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Gürtelrose schnell behandeln lassen
Generell gilt: Mit einer Gürtelrose sollte man schnell zum Arzt. „Je früher man geht, desto besser“, betont Berger. Dann kann der Patient noch sogenannte Virostatika einnehmen, die den Verlauf abschwächen. „Denn es kommt relativ häufig zu einer Gürtelrose-Neuralgie, bei der über Monate bis Jahre starke Schmerzen im Verbreitungsgebiet der Gürtelrose auftreten können.“ Diese Medikamente machen solch einen Verlauf unwahrscheinlicher.
Die meisten bekommen eine Gürtelrose, wenn überhaupt, nur einmal. Doch es gibt auch Fälle, wo Menschen mehrmals daran erkrankt sind.
Hausarzt Jakob Berger überprüft auf jeden Fall nach einer Gürtelrose-Erkrankung noch mal gründlich das Blut des Patienten. „Es ist ja immer ein Zeichen, dass das Immunsystem in einer schwachen Position ist. Eine Gürtelrose kann sehr selten auch im Rahmen einer Tumorerkrankung auftreten oder ein frühes Anzeichen dafür sein.“
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Gegen Gürtelrose kann man sich impfen lassen
Auch gegen Gürtelrose gibt es eine Impfung – zwei Spritzen im Abstand von mindestens zwei Monaten. „Das ist ein sogenannter Totimpfstoff“, erklärt Berger. Die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Institutes empfiehlt die Impfung für Patienten ab 60 Jahren und bei Risikopatienten schon ab 50 Jahren. „Die Verträglichkeit ist nach meinen Erfahrungen bisher relativ gut“, sagt Berger. „Es kann schon mal eine Schwellung an der Impfstelle geben und für einen Tag ein Grippegefühl. Aber sie schützt vor der Gürtelrose.“