14. Dezember 2024, 7:43 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Rote, juckende Bläschen – der Ausschlag, der bei Windpocken auf dem gesamten Körper entsteht, ist meistens nicht zu übersehen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind von der Erkrankung betroffen. Neben dem Ausschlag tritt häufig Fieber auf, was besonders gefährlich für Neugeborene ist. FITBOOK Autorin Julia Freiberger erklärt, was hinter der Erkrankung steckt und worauf Eltern bei ihren Kindern achten sollten.
Vorsicht ist auch während der Schwangerschaft geboten. Sollte sich eine Frau in den ersten sechs Wochen ihrer Schwangerschaft nämlich mit Windpocken infizieren, könnte dies schwerwiegende Fehlbildungen beim ungeborenen Kind verursachen. Aber auch eine Infektion um den Geburtstermin herum kann lebensgefährlich für das Neugeborene sein: Das Immunsystem ist noch nicht in der Lage, die Viren zu bekämpfen.1
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei WhatsApp folgen!
Übersicht
Was sind Windpocken?
„Feuchtblattern“, „wilde bzw. spitze Blattern“ – Windpocken sind unter vielen Namen bekannt und beschreiben eine hoch ansteckende Virusinfektion, die vor allem bei Kindern auftritt. Ausgelöst wird sie durch das sogenannte „Varizella-zoster-Virus“, das auch als „Varizellen“ bezeichnet wird. Es gehört zu der Gruppe der Herpesviren. Der Erreger selbst löst als „Erstkrankheit“ Windpocken aus und bleibt, nachdem man sie überstanden hat, ein Leben lang im Körper. So kann es Jahre später, wenn das Immunsystem geschwächt ist, zu einer Gürtelrose kommen.2
Charakteristisch für die Erkrankung ist, dass ein stark juckender Hautausschlag mit roten Bläschen und leichtem Fieber entsteht. Meistens fängt der Ausschlag am Kopf an und macht sich durch rote Flecken bemerkbar, die sich erst in Knötchen und anschließend in Bläschen umwandeln und verkrusten.
Die Erkrankung ist zwar unangenehm, verläuft aber meistens gutartig. Aber sie kann zu ernst zu nehmenden Komplikationen (wie z. B. Lungenentzündung, bakterieller Hautentzündung, Hirnhaut- und Gehirnentzündung) führen, die im schlimmsten Fall tödlich enden können.
Woher kommt die Bezeichnung?
Tatsächlich hat die Erkrankung ihren Namen durch die Art der Virenübertragung erhalten. Manchen Eltern mag vielleicht aufgefallen sein, dass ihr Kind schon bei dem Verdacht auf Windpocken in der Kinderarztpraxis umgehend ins Behandlungszimmer geführt wird ohne vorherige Wartezeit im Wartezimmer. Damit möchte man möglichst einen Kontakt des möglicherweise mit dem „Varizella-zoster-Virus infizierten Kindes zu anderen Kindern und Eltern vermeiden. Windpocken haben ihren Namen nämlich wegen der hohen Ansteckungsgefahr erhalten, mit der sie einhergehen. Bereits ein kurzer Aufenthalt im selben Raum ist ausreichend, um sich mit einer infizierten Person anzustecken – man sagt, dass sich die Erreger so schnell wie der Wind verbreiten. Daher auch der Name „Windpocken“.
Auch interessant: Symptome und Behandlung von Herpes Zoster
Wie wird der Erreger übertragen?
Das Virus kann sich von Mensch zu Mensch durch direkten Kontakt oder Tröpfcheninfektion übertragen. Dazu reicht es aus, dass Speicheltröpfchen von erkrankten Personen beim Niesen, Husten und Sprechen in die Luft abgegeben werden – wo sie von gesunden Menschen eingeatmet werden können. Aber auch die Flüssigkeit aus den Bläschen ist ansteckend, besonders dann, wenn sie aufplatzen oder aufgekratzt werden. Der Kontakt mit einer infizierten Person ist fast immer mit einer Ansteckung verbunden. Außer, man hatte bereits Windpocken oder ist dagegen geimpft.3
Inkubationszeit
Der Zeitraum zwischen einer Ansteckung und dem Ausbruch von Windpocken liegt zwischen acht und 28 Tagen, wobei es sich in den meisten Fällen um 14 bis 16 Tage handelt. Die Ansteckungsgefahr jedoch beginnt bereits ein bis zwei Tage vor dem Auftreten der Pocken und endet mit dem Verkrusten sämtlicher Bläschen. Dies ist oft fünf bis sieben Tagen nach Beginn des Ausschlags der Fall. Die Erkrankung tritt besonders häufig im Winter und Frühjahr auf.
Symptome von Windpocken
Meistens beginnen Windpocken mit allgemeinen Krankheitssymptomen, wie Glieder- und Kopfschmerzen sowie einem leichten Anstieg der Körpertemperatur. Diese Frühsymptome treten ein bis zwei Tage vor dem sichtbaren Ausbruch der Erkrankung auf. Danach entwickelt sich der für die Erkrankung typische stark juckende Hautausschlag. Dieser entwickelt sich zunächst im Gesicht und am Rumpf, breitet sich aber später auch auf die Beine und Arme des Betroffenen aus. Zusätzlich können auch Geschlechtsorgane und Schleimhäute von den Bläschen betroffen sein. Problematisch ist, dass der Juckreiz sehr ausgeprägt sein kann und auch den Schlaf erheblich beeinträchtigt. Hingegen zeigt sich der Ausschlag bei Erwachsenen oft weniger typisch oder bleibt vollständig aus.
In der Regel hält das Fieber drei bis fünf Tage an, wobei die 39-Grad-Grenze selten überschritten wird. Zudem durchläuft der Hautausschlag mehrere Entwicklungsstadien. Am Anfang entstehen aus den kleinen roten Flecken Knötchen. Diese entwickeln sich dann in flüssigkeitsgefüllte Bläschen weiter. Die in ihnen enthaltene Flüssigkeit ist anfangs klar, trübt sich jedoch später, bevor die Bläschen austrocknen und sich eine Kruste bildet. Letztere fällt nach kurzer Zeit ab. Zu einem vollständigen Abheilen kommt es meistens nach sieben bis zehn Tagen, wobei der Zeitraum variieren kann. Da auf der Haut gleichzeitig die verschiedenen Stadien des Ausschlags zu sehen sind, sagt man dazu auch „Sternenhimmelmuster“. Die Anzahl der Bläschen selbst kann individuell ausfallen.4
Krankheitsverlauf
Typischerweise beginnt die Windpockenerkrankung mit Unwohlsein, Abgeschlagenheit und juckenden Bläschen. Anschließend platzen die Bläschen auf, trocknen aus und bilden eine Kruste, unter der sie abheilen. In den meisten Fällen heilt die Erkrankung bei Kindern innerhalb von zwei Wochen aus. Allerdings kann das Aufkratzen der juckenden Bläschen dazu führen, dass man bakterielle Infektionen oder eitrige Entzündungen der Haut verursacht. Dadurch besteht die Gefahr, an den betroffenen Stellen bleibende Narben zu erhalten.
Windpocken haben bei Erwachsenen häufig einen schwerwiegenderen Verlauf als bei jüngeren Kindern. Zusätzlich zeigt sich bei den erwachsenen Betroffenen eine deutlich größere Anzahl an Bläschen auf der Haut. Doch auch Komplikationen wie eine Varizellen-Lungenentzündung sind bei Erwachsenen häufiger als bei Kindern.5
Folgen der Erkrankung
Auch wenn Windpocken in den meisten Fällen unkompliziert verlaufen und von selbst abheilen, haben ältere Kinder und Erwachsene ein erhöhtes Risiko für einen längeren Verlauf und Komplikationen. Außerdem ist die Erkrankung für Neugeborene gefährlich. Sollte eine nicht geimpfte Frau kurz vor (etwa fünf Tage davor) oder nach der Geburt (bis zwei Tage danach), an Windpocken erkranken, kann die Erkrankung für das Neugeborene lebensbedrohlich werden. Denn: Die Mutter kann in diesem Fall nicht ausreichend Antikörper bilden, die dem Kind über die Muttermilch oder die Plazenta ausreichend Schutz bietet. Zudem erschwert das geschwächte Immunsystem des Neugeborenen eine Abwehr der Infektion.
Kommt es dazu, dass sich eine nicht immune Schwangere während der ersten sechs Monate der Schwangerschaft mit dem Virus infiziert, kann es ein schwerwiegendes Risiko für das ungeborene Kind darstellen. In diesem Fall ist es möglich, dass ein sogenanntes „Varizellen-Syndrom“ auftritt, welches schwere Fehlbildungen und neurologische Schäden, Skelettanomalien oder Augenerkrankungen verursachen kann.
Behandlung der Windpocken
Die Behandlung erfolgt bei milden Verläufen symptomatisch. Das bedeutet: Fieber oder Gliederschmerzen werden mit Tabletten wie Paracetamol gelindert. Damit man den Juckreiz verringern und auch die Bläschen austrocknen lässt, kann man auf bestimmte Gele, Puder oder Lotionen zugreifen. Besonders Kinder haben Schwierigkeiten, das Kratzen zu vermeiden. Allerdings erhöht das Aufkratzen der Bläschen das Ansteckungsrisiko, kann aber auch Entzündungen oder Narbenbildung verursachen.
Daher könnte es hilfreich sein, die Fingernägel des Kindes kurzzuschneiden. Eine weitere Möglichkeit bei Kleinkindern wäre, Baumwoll-Fäustlinge einzusetzen, mit denen das Kratzen erschwert wird. Auch lockere, weitere Kleidung, die aus natürlichem Material (ohne Synthetikfasern) besteht, kann auch dabei helfen, Hautreizungen zu vermeiden. Es ist ebenfalls ratsam, ein Aufweichen der Haut zu vermeiden: Bäder sind in diesem Fall nicht empfehlenswert und auch die Haut des Kindes sollte nach dem Waschen vorsichtig abgetupft werden.6
Antibiotika wirken nicht bei Viren
Da Windpocken durch Viren verursacht werden, wirken Antibiotika nicht. Allerdings werden sie eingesetzt, wenn es zu bakteriellen Folgeinfektionen oder Komplikationen kommen sollte.
Bei besonders schweren Fällen von Windpocken ist es möglich, dass sogenannte „Virostatika“ eingesetzt werden. Diese Medikamente töten die Viren zwar nicht, können jedoch eine weitere Vermehrung verhindern. Auf diese Behandlungsmethode wird vor allem zurückgegriffen, wenn es sich um Menschen mit einem geschwächten Immunsystem handelt.
Was tun bei Verdacht auf Windpocken?
Liegt ein Verdacht auf eine Windpockenerkrankung vor, sollte man vorab die Arztpraxis informieren, damit entsprechende Schutzmaßnahmen in der Praxis eingeleitet werden können. So unterliegen Windpocken den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes: Personen, bei denen ein Verdacht auf die Erkrankung besteht oder bei denen sie bereits festgestellt wurde, dürfen vorübergehend nicht in Gemeinschaftseinrichtungen (Schulen oder Kindergärten) tätig sein. Dies gilt auch für Mitglieder des Haushalts, die nicht immun gegen die Erkrankung sind. Zusätzlich müssen die Einrichtungen über den Krankheitsfall informiert werden – und dürfen erst wieder besucht werden, wenn keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Besonders wichtig ist, dass ungeschützte Schwangere oder Personen mit einer geschwächten Immunabwehr bei Kontakt mit Infizierten umgehend einen Arzt aufsuchen.
Herpesviren Gürtelrose – die Zweiterkrankung der Windpocken
Gürtelrose Symptome und Behandlung von Herpes Zoster
Vorsicht, ansteckend! Diese Kinderkrankheiten sollten Eltern kennen
Wie kann man die Erkrankung vorbeugen?
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Windpocken als eine vorbeugende Maßnahme für Kinder, Jugendliche und bestimmte Risikogruppen, um Erkrankungen und mögliche Komplikationen effektiv zu vermeiden. Dabei basiert der Impfstoff selbst auf abgeschwächten Viren, die dem Körper injiziert werden. Dadurch soll das Immunsystem angeregt werden, eine Schutzreaktion zu entwickeln, ohne die Erkrankung auszulösen.
Säuglinge und Kinder
Für Kinder und Säuglinge wird die Impfung in zwei Schritten durchgeführt:
- Die erste Dosis sollte im Alter von 11 bis 14 Monaten verabreicht werden.
- Die zweite Dosis im Alter von 15 bis 23 Monaten, sollte mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Mumps, Masern, Röteln und Varizellen verabreicht werden.7
Zudem empfiehlt die STIKO, dass Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, die bisher keine Impfung erhalten haben oder aber unvollständig geimpft sind, die Impfungen nachholen sollten. Gerade für bestimmte Risikogruppen, wie Frauen mit Kinderwunsch, Beschäftigte im Gesundheitsweisen, Menschen mit starker Neurodermitis oder mit einem geschwächten Immunsystem, ist eine Impfung besonders wichtig.
Laut dem RKI zeigen Fall-Kontroll-Studien, dass nach einer Impfung bereits 95 Prozent der Geimpften vor schweren Varizellen geschützt sind. Bei 70 bis 90 Prozent kommt es zu einer Verhinderung der Erkrankungen. Mit zwei Impfungen hingegen steigt die Schutzwirkung weiter an, wobei sie bei etwa 95 Prozent der Geimpften eine Varizellen-Erkrankung verhindern.
Achtung: „Windpockenpartys“ sind nicht erlaubt!
Da Windpocken meistens harmlos verlaufen, gibt es Eltern, die sogenannte „Windpockenpartys“ besuchen, um ihre Kinder gezielt mit dem Virus zu infizieren und so eine natürliche Immunität zu erreichen. Allerdings ist diese Maßnahme nicht nur strafbar, sondern auch fahrlässig. Die Kinder werden bewusst den unangenehmen Symptomen der Erkrankung und gleichzeitig möglichen Komplikationen ausgesetzt. Auch wenn es selten ist, können Windpocken doch schwerwiegende Folgen wie Gehirn- oder Lungenentzündungen nach sich ziehen. Hier erneut die klare Empfehlung der Impfung als wirksamen und schonenden Schutz gegen Windpocken.8