2. Juli 2024, 21:22 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mundgeruch betrifft viele Menschen, ist aber oft ein Tabuthema. Übelriechender Atem kann viele Ursachen haben, wobei nicht immer die Ernährung Schuld ist. Wie wird man Mundgeruch wieder los und ab wann ist es ratsam einen Arzt aufzusuchen?
Knoblauchsoße, Zwiebeln, Kaffee und Bier: Es gibt zahlreiche Lebensmittel, die alles andere als einen Blümchenduft im Mund hinterlassen. Aber auch wenn viele davon ausgehen, sind sie nicht der einzige Auslöser von Mundgeruch. In hohem Maße tragen auch schlechte Zahnputzroutinen oder Erkrankungen dazu bei, dass man Mundgeruch entwickelt. Zwei Experten erklären, wie Mundgeruch entsteht und was man dagegen tun kann.
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Übersicht
Was ist Mundgeruch?
Mundgeruch, welcher auch medizinisch „Halitosis“ genannt wird, beschreibt einen unangenehm riechenden Atem. Oft wird er von den Betroffenen selbst nicht wahrgenommen. Dabei lässt sich zwischen einem normalen (physiologischen) und einem krankheitsbedingten (pathologischem) Mundgeruch unterscheiden.
Ersterer kann mit einer regelmäßigen und gründlichen Mundhygiene vermieden werden. Während sich Mundgeruch, der sehr stark ausgeprägt ist, sich auf Erkrankungen der Mundhöhle zurückzuführen lässt. In seltenen Fällen können auch Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, des Stoffwechsels oder der Atemwege Mundgeruch verursachen.1
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Warum entsteht Mundgeruch?
Bakterien sorgen für schlechten Geruch
Meist sind Bakterien im Mundraum für den unerwünschten Geruch verantwortlich. Und klar, die Ernährung spielt dabei eine Rolle: „Häufig entsteht ein unangenehmer Atem durch bestimmte Lebensmittel oder mangelnde Hygiene“, sagt Christoph Sliwowski, Zahnarzt und Spezialist für Implantologie aus Düsseldorf.
„Wenn Bakterien im Mund Essensreste zersetzen, entstehen Schwefelverbindungen, die unangenehm riechen“, erklärt er. Bleibe eine regelmäßige und gründliche Reinigung von Zähnen und Zunge aus, komme es zu einer verstärkten Zersetzung der Ablagerungen. Die Folge: „Der faulige Geruch der schwefelhaltigen Gase nimmt zu.“
Weitere Ursachen
Anhaltender Mundgeruch kann durch folgenden Faktoren verursacht werden:
- Parodontitis
- Karies
- Zahnfleischentzündungen
- Stark belegte Zunge
- Mandelentzündungen
- unsauberer oder defekter Zahnersatz
- Abszesse im Mund und Nase
- Nasennebenhöhlenentzündungen
Seltene Ursachen
- Chronische Atemwegserkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus)
- Chronische Leber- und Nierenerkrankungen
- Tumorerkrankungen2
Was gegen Mundgeruch hilft
Wer Mundgeruch effektiv bekämpfen möchte, sollte auf eine gute Mundhygiene setzen, die über das tägliche Zähneputzen hinausgeht. „Dazu gehört zum Beispiel Zahnseide. Auch die Zungenreinigung ist ein wichtiger Punkt“, sagt der Zahnmediziner Prof. Christoph Benz. Er ist Präsident der Bundeszahnärztekammer.
„Durch die tägliche Reinigung mit einem Zungenschaber schmeckt man besser, hat ein frischeres Gefühl im Mund und man reduziert die Bakterien im Mund“, erläutert Benz. Denn etwa 60 bis 80 Prozent der Bakterien, die Mundgeruch auslösen, seien auf der Zunge zu finden. Sie zu reinigen, hilft Mundgeruch vorzubeugen.
Menge des Speichels ist ausschlaggebend
Auch die Menge des Speichels spielt eine große Rolle: „Wenn zu wenig Speichel vorhanden ist – weil man zu wenig trinkt oder vor Aufregung einen trockenen Mund hat – wird der Atem streng riechen“, so Benz.
Kaugummis können Abhilfe schaffen. „Sie sind eine tolle Möglichkeit, um Mundgeruch zu verhindern“, sagt der Fachmann. „Sie reinigen die Zähne und regen gleichzeitig den Speichelfluss an. Wichtig ist es, dass die Kaugummis zuckerfrei sind.“ Nur dann hilft das Kauen gegen den Mundgeruch.
Bei dauerhaftem Mundgeruch: Einen Arzt fragen
Christoph Sliwowski rät außerdem zu Mundspülungen – allerdings in Maßen: „Mundspülungen sorgen für mehr Sauberkeit und einen frischen Atem.“ Die Spülungen sollten allerdings nicht dauerhaft zum Einsatz kommen, da sie die Mundflora aus dem Gleichgewicht bringen können.
Wer Zähne und Zunge täglich reinigt und trotzdem das Gefühl – oder die Bestätigung aus seinem Umfeld – hat, dass dauerhafter Mundgeruch besteht, sollte damit zur Zahnärztin oder zum Zahnarzt gehen. Dort lasse sich die wahre Ursache für den unangenehmen Atem ermitteln, begründet Sliwowski.
So können Parodontitis oder nicht mehr fest sitzende Implantate etwa Mundgeruch auslösen. In seltenen Fällen kann dem Mundgeruch auch eine Erkrankung zugrunde liegen, etwa des Magens oder der Speiseröhre.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Nachdem die genaue Ursache für den Mundgeruch bei einem Arztbesuch identifiziert wurde, kann man sie mit bestimmten Maßnahmen behandeln. So könnte die Behandlung von Zahnfleischerkrankungen oder die Korrektur von schlecht sitzenden Kronen bereits Abhilfe schaffen. Auch das Absetzen oder der Wechsel von Medikamenten, die Mundtrockenheit verursachen – könnte ebenfalls hilfreich sein.3
Was hilft nach Knoblauch?
Kurzfristiger Mundgeruch hat aber oft mit den Lebensmitteln zu tun, die man zuletzt gegessen hat. Knoblauch hat in dieser Hinsicht zu Recht ein schlechtes Image.
Schuld am Mundgeruch nach dem Knoblauchgenuss ist das in den Zehen enthaltene Alliin. Das werde beim Kauen, Schneiden und besonders beim Pressen zu Allicin umgewandelt – eine „intensiv riechende Schwefelverbindung“, so Sliwowski. Dieser Stoff bleibt an der Mundschleimhaut haften, er gelangt über die Verdauung auch ins Blut und wird über die Haut freigesetzt. „Rauchen oder der Konsum von Alkohol verstärken die Gerüche“, sagt der Zahnarzt.
„Wer den unangenehmen Effekt abmildern will, sollte die Zehen nicht zerkleinern oder pressen“, rät er. Man könne den Knoblauch als ganze Zehe mit anbraten und sie später entfernen. So bleibe nur das Aroma. „Alternativ verringern auch manche Lebensmittel den Mundgeruch. So setzt das Kauen von Petersilie, Minze oder Salbei ätherische Öle frei, die schlechtem Atem durch Knoblauch entgegenwirken.“
Auch das Essen von rohen Äpfeln oder der Saft von Zitronen sowie grüner Tee könnten die Schwefelverbindungen neutralisieren. Wichtig: Beim Essen viel trinken, um Speisereste zu entfernen und die Speichelproduktion anzuregen.
Wie man Mundgeruch selbst bemerkt
Um Mundgeruch zu bekämpfen, muss man ihn zunächst bemerken. Das ist oft ein Problem. „Es ist wie bei allen chronischen Gerüchen: Hat man sich daran gewöhnt, bemerkt man sie selbst nicht mehr“, sagt Christoph Benz. „Deshalb wissen viele Menschen auch gar nicht, dass sie ein Problem mit fauligem Geruch im Mundraum haben.“
Wer den Verdacht hat, sollte nahe stehende Personen um eine offene Meinung bitten. „Studien zeigen, dass ehrliche Fragen auch ehrlich beantwortet werden – selbst bei einem solchen Tabuthema, wie es Mundgeruch noch immer ist“, sagt Benz.
Eine Möglichkeit, um den Geruch im Mund zu überprüfen: „Man sollte etwas Speichel auf den Parfümtestpunkt auf dem Handgelenk geben“, rät Benz. „Dann kurz antrocknen lassen und daran riechen.“ Es müsse aber wirklich stark und faulig riechen – dann habe man ein Problem mit Mundgeruch.
Dem Zahnarzt zufolge haben einige Menschen in dieser Hinsicht auch eine übersteigerte Selbstwahrnehmung. Sie glauben, dass sie aus dem Mund riechen, tun es aber nicht. Man sollte beispielsweise nicht den Fehler machen, nach der Benutzung an Zahnseide zu riechen, sagt Benz. „Sie wird nie einen angenehmen Geruch haben.“
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Studie zur Mundgesundheit
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Eine Studie aus dem Jahr 2023 lieferte Hinweise darauf, dass Menschen mit einer genetischen Veranlagung zur schlechten Mundhygiene häufiger Anzeichen einer beeinträchtigten Gehirngesundheit im Vergleich zu Personen mit gesunden Zähnen und Zahnfleisch besitzen. Es besteht Grund zur Annahme, dass eine frühzeitige Behandlung von Mundgesundheitsproblemen erhebliche Vorteile für die Hirngesundheit bieten kann.4
*Mit Material von dpa