6. April 2020, 4:33 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Rund 20 Prozent der Corona-Infizierten sind auf künstliche Ventilation angewiesen. Aber was genau leisten die überlebenswichtigen Beatmungsgeräte eigentlich? Und wie funktionieren sie? FITBOOK hat sich von einem Fachmann die unterschiedlichen Techniken erklären lassen.
Je nachdem, welche Ursache hinter einer insuffizienten Atmung steckt, kommen unterschiedliche Ventilationsmethoden und Beatmungsgeräte zum Einsatz. Das erklärt im Gespräch mit FITBOOK der Arzt und Dipl. Mikrobiologe Enrico Zessin. Tatsächlich gebe es so viele Techniken und Anwendungsbereiche, dass das Thema künstliche Ventilation ganze Bücher füllt. Wir beziehen uns im Interview daher überwiegend auf die intensivmedizinische Versorgung.
Wann muss künstlich beatmet werden?
Zunächst erklärt uns Fachmann Zessin, dass es unterschiedliche Arten von Atemfunktionsstörungen gibt.
Zu einer mechanischen Störung der Atmung könne es beispielsweise im Rahmen von neuromuskulären Erkrankungen wie z.B. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) kommen, wenn Betroffene die Fähigkeit verlieren, die Atembewegung auszuführen.
Daneben können verschiedene Krankheiten (z.B. die chronische obstruktive Lungenerkrankung, kurz: COPD) oder ein allergischer Schock zu verengten oder verlegten Luftwegen führen, etwa durch Anschwellen der Atemwege.
Der Fall, der auch bei schweren Verläufen von Covid-19 beobachtet werde, sei ein „schlechter Gasaustausch im Bereich der Luft-Blut-Schranke“, erklärt uns Zessin. Diese Störung resultiert aus Entzündungsreaktionen durch das vermehrte Virenaufkommen in Atemwegen und Lunge, mit der Folge, dass nicht mehr ausreichend Sauerstoff durch die Lungenbläschen gelangt.
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Was genau machen Beatmungsgeräte?
Um zu verstehen, wie Beatmungsgeräte arbeiten, sollte man die wesentlichen Parameter der normalen Atmung kennen: Druck (Unterdruck beim Einatmen, Überdruck beim Ausatmen) und Volumen (Luftmenge in der Lunge beim Ein- und Ausatmen). Ein Beatmungsgerät kann hierbei zur „assistierten“ sowie zur „kontrollierten“ Beatmung eingesetzt werden. Erstere würde die Spontanatmung des Patienten unterstützen; letztere dessen Atmung komplett übernehmen.
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Nicht-invasive, invasive und endotracheale Beatmung
Bei der nicht-invasiven Ventilation erfolgt die (assistierte oder kontrollierte) Beatmung mittels einer Nasen- oder Gesichtsmaske. „Hier gibt es mehrere unterschiedliche Beatmungsmodelle oder -techniken“, sagt uns Zessin. Die Entscheidung falle in Abhängigkeit von der Art der Erkrankung.
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Für die invasive (übersetzt: eindringende) Beatmung wird eine Hohlsonde (ein „Tubus“) durch Nase oder Mund bis in die Luftröhre eingeführt, ebenfalls zum Zweck der maschinell assistierten oder komplett kontrollierten Ventilation. Der Patient ist dabei meist bewusstlos. Die Beatmung kann hier druck- oder volumengesteuert sein. Druckgesteuert würde bedeuten, dass das Gerät bis zum Erreichen eines vorgegebenen Drucks pumpt. Bei der volumengesteuerten Beatmung werden Atemzugvolumen und Atemfrequenz vorgegeben.
Für die Tracheostoma bzw. endotrachealen Beatmung ist ein Luftröhrenschnitt nötig. Um sie chirurgisch zu öffnen, wird ein Querschnitt im oberen Bereich der Luftröhre gesetzt. Teilweise muss auch ein Teil des Knorpelgewebes entfernt werden. Die im Anschluss gelegte Kanüle wird an entsprechender Stelle fixiert und zur Beatmung genutzt.
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Die endotracheale Atmung kann sowohl spontan als auch maschinell nach oben genannten Techniken erfolgen.