20. Dezember 2022, 11:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Stille Nacht, Heilige Nacht – einer schnieft, einer fiebert. Derzeit sind viele von Atemwegsinfekten betroffen. Und Weihnachten naht. Wie feiert man sicherer, gerade mit Risikopersonen in der Familie?
Na, gibt es in Ihrem Umfeld derzeit auch eine Handvoll Menschen, die ordentlich verschnupft sind oder flachliegen? Wahrscheinlich schon, denn jetzt im Dezember sind außergewöhnlich viele Menschen von Atemwegserkrankungen betroffen. Dahinter stecken verschiedene Erreger, wie die Wochenberichte des Robert Koch-Instituts zeigen. „Angeführt wird die Reihe der Atemwegsviren durch Influenza, dann kommen Rhinoviren und RSV – das vor allem bei kleineren Kindern. Und dann kommt Corona“, sagt Prof. Mathias Pletz, Pneumologe und Infektiologe vom Universitätsklinikum Jena. An Weihnachten treffen nun bald wieder viele Personen aufeinander – wie kann man sich da am besten vor Krankheiten schützen?
Übersicht
Risikogruppen brauchen Schutz vor Infektionen
Die aufgrund der Weihnachtsfestlichkeiten erhöhte Ansteckungsgefahr stellt vor allem ein Problem für diejenigen dar, die aufgrund von Vorerkrankungen ein geschwächtes Immunsystem haben und deshalb schwere Krankheitsverläufe befürchten müssen.
„Für viele scheint etwa das Coronavirus jetzt nicht mehr gefährlich. Aber man muss auf die Einzelsituation schauen“, sagt Prof. Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Wenn also die 90-jährige Oma mitfeiert oder der Bruder, der mitten in der Chemotherapie steckt, fragen sich Familien: Wie können wir Weihnachten etwas sicherer gestalten?
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Schon vor Weihnachten einer möglichen Krankheit vorbeugen
Schon in den Tagen vor dem Fest kann man dafür einiges tun. „Sinnvoll kann dann eine Mini-Quarantäne von wenigen Tagen sein, ein Reduzieren der Kontakte“, sagt Julian Schulze zur Wiesch. Das kann konkret heißen: Kurz vor Weihnachten auf den Abend in der vollen Kneipe verzichten. Oder für die letzten Arbeitstage ins Homeoffice übersiedeln, sofern das geht.
Und: „Wenn man mit vulnerablen Familienmitgliedern feiern möchte, macht es natürlich Sinn, zum Beispiel während der Anreise in der Bahn weiterhin Maske zu tragen. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist eine einfache und wirksame Maßnahme“, sagt Schulze zur Wiesch. „Und das auch konsequent durchzuziehen, selbst wenn andere schief gucken.“ In einigen Bundesländern gibt es in den Regionalbahnen keine Maskenpflicht mehr.
Er rät dazu, das Thema Infektionsschutz vorab in der Familie zu besprechen – und vor allem auch die einzubeziehen, die besonderen Schutz brauchen. Ist es für dich okay, wenn die Nachbarn mit den Kindern noch vorbeikommen und die Runde etwas größer wird? Oder wenn wir als Familie im kleinen Wohnzimmer singen, wodurch mehr Aerosole entstehen? Wollen wir vereinbaren, dass wir alle vorher einen Corona-Schnelltest machen?
Sich auf dem Gedanken „Wird schon nix passieren“ auszuruhen, davon rät Julian Schulze zur Wiesch aber ab. „Viele stecken sich im engen Kontakt mit Familie oder Bekanntenkreis an.“
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Wer krank ist, bleibt zu Hause
Eine Regel sollte jeder beachten, wenn es nach Mathias Pletz geht: „Wenn ich mich krank fühle, bleibe ich zu Hause – auch wenn es an Weihnachten schwerfällt.“ Immerhin haben wir dank der Pandemie mittlerweile Übung darin, es uns auch in einer Videokonferenz festlich zu machen, wenn es denn sein muss.
Und wie kann man mehr Sicherheit schaffen, wenn die Familie am Tannenbaum oder der Festtafel zusammensitzt? „Viele fühlen sich gar nicht krank, obwohl sie trotzdem Viren ausscheiden. Deshalb ist regelmäßiges Lüften wichtig“, sagt Mathias Pletz.
Regelmäßig lüften, Hände waschen
Denn Aerosole, also feine Tröpfchen, die in der Luft schweben, können etwa Grippeviren übertragen. Um infektiöse Aerosole nach draußen zu schicken, reicht es im Winter schon aus, wenige Minuten zu lüften, heißt es auf dem Portal zusammengegencorona.de des Bundesgesundheitsministeriums. Dafür sollte man das Fenster nicht nur kippen, sondern stoß- oder querlüften. Und hustet oder niest jemand in der Runde, macht man das Fenster am besten sofort auf.
Stichwort: Husten und Niesen. Die Angewohnheit, beides in der Ellenbeuge zu erledigen, ist natürlich weiterhin sinnvoll. Ebenso das Händewaschen, das die Keimbelastung der Hände deutlich senkt. Betritt man als Gast das Haus, biegt also am besten erst mal ins Badezimmer ab.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erinnert daran, dass Einseifen und Abwaschen mindestens 20 Sekunden dauern sollte. Etwa so lange wie zweimal „Happy Birthday“-Summen dauert, was sich an den Feiertagen aber sicherlich auch durch „Ihr Kinderlein kommet“ ersetzen lässt.
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Es kommt auf den Impfschutz an
Der wirksamste Schutz vor Infektionen mit schweren Verläufen sind und bleiben aber Impfungen. Gegen RS- und Rhinoviren gibt es bislang keine, gegen Grippe und Corona allerdings schon. Bis sich der jeweilige Impfschutz optimal aufgebaut hat, dauert es jedoch rund zwei Wochen. Auch wenn das bis Weihnachten nicht mehr gelingt: Es lohnt sich, Impflücken rasch zu schließen, denn die Grippewelle etwa nimmt erst Fahrt auf.
Laut Mathias Pletz kann eine Grippeschutzimpfung auch für Kinder sinnvoll sein. „Zum einen ist eine Influenza insbesondere für Kleinkinder keinesfalls harmlos, wie die aktuelle Situation eindrücklich zeigt. Zum anderen scheiden Kinder das Virus deutlich länger aus.“ Sind die Kinder gegen Grippe geimpft, schützt das also auch die Großeltern oder andere vulnerable Personen in der Familie.
Und Impfungen können sich gleich mehrfach lohnen. „Es gibt unspezifische Impf-Effekte, die immer wieder in Studien auftauchen. Zum Beispiel, dass kurz nach einer Influenza-Impfung die Wahrscheinlichkeit für schwere Corona-Verläufe sinkt“, sagt Pletz.
Die Annahme der Wissenschaft: Das Immunsystem wird so trainiert, dass sich daraus auch ein besserer Schutz vor anderen Erregern ergibt – wenn auch nicht perfekt oder lang anhaltend. Ein Effekt, der in diesem Winter besonders willkommen ist.
Mit Material von dpa