13. Mai 2024, 4:36 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Gut zwei Jahre lang und auch darüber hinaus war Corona das vorherrschende Thema. Was man damals wohl nicht für möglich gehalten hätte: Heute spricht man kaum noch davon. Dabei ist das Virus natürlich nicht verschwunden. FITBOOK-Autorin Laura Pomer beleuchtet den aktuellen Stand.
Im Verlauf der Coronapandemie haben sich zwischenzeitlich pro Tag Tausende Menschen in Deutschland mit Sars-CoV-2 infiziert. Um diese Entwicklung einzudämmen – „die Welle zu brechen“, wie man damals sagte –, herrschten zeitweise strenge Versammlungsverbote und Ausgangssperren. Und wenn man hinaus und unter Menschen durfte, dann zeitweise nur mit Mund-Nasen-Schutz-Maske. Es waren einschneidende Zeiten, die bei vielen von uns psychische (und bei einigen auch körperliche) Spuren hinterlassen haben. Doch auch wenn man vor diesem Hintergrund von Glück sprechen kann, dass heutzutage längere Zeiten ohne einen Gedanken an Corona vergehen können: Das Virus ist weiterhin aktiv.
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Übersicht
So ist die aktuelle Corona-Lage in Deutschland
Richtig ist, dass der internationale Gesundheitsnotstand aufgrund von Sars-CoV-2 vor nunmehr einem Jahr, sprich im Mai 2023, aufgehoben wurde. In Deutschland sind die Fallzahlen deutlich niedriger als in den Jahren vorher. Doch immer neue Varianten des Virus in Folge von dessen Anpassung an den Menschen führen weiterhin zu Infektionen.
Die derzeitigen Varianten und ihre Symptome
Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI), welches das Geschehen in Zusammenarbeit mit Diagnostiklaboren überwacht, sind bis heute Untervarianten von Omikron bestimmend.1 Auch die FLiRT-Varianten, über die FITBOOK kürzlich berichtete, sind entfernt mit Omikron verwandt und konkret aus der Variante JN.1 entstanden. Experten gehen davon aus, dass die FLiRT-Variante KP.2 bald zur weltweit vorherrschenden werden könnte.2 Was mögliche neuartige Symptome von ihr betrifft, weiß man bisher nicht viel. Da die neuen mit Omikron verwandt sind, sind für Omikron typische Krankheitsanzeichen wie Abgeschlagenheit und Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen, Schnupfen und Husten in Verbindung mit Atembeschwerden.
Daneben geht auch Pirola (BA.2.86), welche wir noch aus dem vergangenen Jahr kennen, weiterhin um. Laut RKI-Daten bleibt sie gar „die dominierende Variante unter den in Deutschland zirkulierenden SARS-CoV-2-Varianten“. Neben altbekannten Coronasymptomen kann eine Erkrankung hier auch mit eher ungewöhnlichen Beschwerden wie z. B. Hautausschlag und -rötungen sowie Augenjucken einhergehen. Ebenso sollen bei Infizierten Schleimhautveränderungen im Mundbereich beobachtet worden sein, etwa Schwellungen und Geschwüre auf der Lippeninnenseite oder auf der Zunge.
Insgesamt mäßiges Corona-Infektionsgeschehen
Dennoch: Auch wenn das RKI einen deutlichen Anstieg von Atemwegserkrankungen meldet – Infektionen mit dem Coronavirus machen nur noch einen kleinen Teil davon aus. Wie man dem aktuellen GrippeWeb-Wochenbericht der Einrichtung entnehmen kann, lag in der 18. Kalenderwoche dieses Jahres die Zahl der Covid-Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner bei nur rund 100.3 Das klingt bereits wenig. Zwischenzeitlich war die Anzahl an Fällen gar auf nur 10 pro 100.000 Einwohner gesunken.
„Die Intensität und Rate an Infektionen hat sich deutlich abgeschwächt“, bestätigt auf FITBOOK-Nachfrage der Allgemeinmediziner Dr. med. Michael Feld. Dies liege unter anderem an einer recht breiten Grundimmunität innerhalb der Bevölkerung aufgrund durchgemachter Infektionen oder erfolgter Impfungen. „In puncto Häufigkeit haben sich Sars-CoV-2 mit anderen respiratorischen Erregern eingereiht“, erklärt er.
Der Vollständigkeit halber sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich das Test- und Meldeverhalten innerhalb der Bevölkerung geändert hat. Bedeutet: Die Dunkelziffer an Erkrankten könnte trotz der allgemein rückläufigen Entwicklung höher sein.
Warum kaum noch getestet wird
„Ansprüche auf Testung nach der Coronavirus-Testverordnung bestanden bis einschließlich zum 28. Februar 2023“, heißt es auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit.4 „Seitdem bestehen keine Ansprüche mehr auf kostenlose Covid-19-Testungen.“ Einen PCR-Test im Labor durchführen zu lassen, kostet seither für Privatleute rund 100 Euro. Das nötige Equipment für einen Corona-Antigen-Schnelltest bekommt man immerhin bereits für ein paar Euro. An der Stelle der Hinweis: „Auch ältere Tests funktionieren noch bei den neueren Varianten“, weiß der Experte.
Wie sieht es beim Arzt aus? FITBOOK fragte stichprobenartig in mehreren allgemeinärztlichen Praxen nach. Dort dürfen Patienten bereits seit einer Weile ohne Mund-Schutz-Maske im Wartezimmer sitzen – dies wäre noch vor rund eineinhalb Jahren undenkbar gewesen. Und werden noch viele Tests durchgeführt? „Nein, macht man alles nicht mehr“, so dazu Dr. Feld.
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So steht es heute ums Thema Impfen und den Infektionsschutz
Auch zum Thema Impfungen habe sich die Lage entspannt. Während früher eine allgemeine Impfempfehlung galt, spricht man diese heute nur noch für Personen aus, die das 60. Lebensjahr überschritten haben. „Einmal im Jahr eine Auffrischimpfung“, so Dr. Feld, „wie bei der Grippeschutzimpfung auch“. Haben Patienten dagegen frühere Coronaimpfungen nicht gut vertragen hat, brauchen sie – insbesondere wenn sie jünger sind als 60 – die Behandlung nicht zu wiederholen.
Wer sich zuverlässig vor einer Ansteckung schützen will, fährt mit den altbewährten Schutzmaßnahmen gegenüber Corona – wie im übrigen auch bei anderen Infektionskrankheiten – am besten. Hierzu gehört regelmäßiges Händewaschen und ein Abstand zu anderen in geschlossenen Räumen. Weiterführende Maßnahmen wie das Tragen einer Mund-Schutz-Maske empfehlen sich laut Dr. Feld für ältere sowie deutlich immungeschwächte Personen (etwa im Rahmen medizinischer Behandlungen, z. B. Chemotherapie). Er fasst zusammen: „Für allgemein gesunde Menschen macht es im Jahr 2024 hinsichtlich der zu erwartenden Schwere der Erkrankung keinen Unterschied mehr, ob man sich mit dem Corona-, einem Adenovirus (höchst widerstandsfähige Erreger, die zuletzt im Zusammenhang mit Bindehautentzündungen thematisiert wurden, Anm. d. Red.) oder jedwedem anderen Erkältungserreger infiziert hat.“
Experte hält vielmehr Corona-Spätfolgen für „enorm bedeutsam“
Deutlich mehr noch als akute Infektionen mit dem Coronavirus hält Dr. Feld Spätfolgen der Erkrankung für bedeutsam. Der Arzt, der sich seit einer Weile intensiv mit möglichen Langzeitfolgen von Covid-19 befasst – besser bekannt als Long Covid –, berichtet von bis zu 200.000 ehemals Corona-Infizierten, die heute „hilf- und kraftlos in deutschen Betten liegen“. Betroffen seien meist junge Frauen. Viele von ihnen hätten ein so stark ausgeprägtes chronisches Erschöpfungssyndrom, dass sie nicht mehr am Leben teilnehmen könnten. Dem müsse längst nicht immer eine schwere Erkrankung vorangehen, mahnt Dr. Feld. Selbst nach einem milden Covid-Verlauf könnten zahlreiche Long-Covid-Patienten sich nicht aus dem Bett aufrichten, ohne dass sie dadurch Herzrasen bekämen, ihnen werde schwindelig und sie litten an schweren muskulären Erschöpfungen. „Das sind wirklich schwer erkrankte Menschen, für die es kaum Hilfe gibt.“