21. Juni 2022, 5:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wasser trinken gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Immerhin besteht der menschliche Körper zu etwa 50 bis 80 Prozent aus Wasser. Doch was, wenn schon der bloße Hautkontakt mit der Flüssigkeit schmerzhafte Folgen hat?
Weltweit leiden wohl nur weniger als 100 Menschen an dieser unvorstellbaren Erkrankung. Sie kämpfen in ihrem Alltag gegen die spezielle Form der Nesselsucht, bekannt als Wasserallergie oder Wassernesselsucht. In einigen extremen Fällen kann diese Krankheit zu allergischen Schocks oder sogar zum Tod führen.
Übersicht
Fachbegriff „aquagene Urtikaria“
Bei der Wassernesselsucht – wissenschaftlicher Name „Aquagenen Urtikaria“ – handelt es sich im engeren medizinischen Sinne nicht um eine Allergie. Das für Allergien charakteristische Ausschütten von Histaminen kann zwar Hintergrund einer Wassernesselsucht sein, es ist aber längst nicht immer der Fall.
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Was sind Symptome der Wasserallergie?
Nach dem Kontakt mit Wasser dauert es etwa 15 Minuten, bis eine Reaktion der Haut erfolgt. Zu den Symptomen zählen dabei:
- juckende Quaddeln und Pusteln
- gerötete Haut
- kleinere Schwellungen
- verbrennungsartiger Schmerz
- raue oder trockene Hautstellen
Nach etwa 30 bis 60 Minuten hat sich der Zustand der Haut in der Regel wieder normalisiert. Teile der Haut, die nicht mit Wasser in Berührung kommen, bleiben die gesamte Zeit unverändert.
Neben einer Hautreaktion kann es in einigen Fällen auch zu weiteren körperlichen Beschwerden kommen. Ist die Allergie besonders ausgeprägt, kommt es beim Trinken zu Magenschmerzen, Unwohlsein oder Entzündungen der Mundschleimhäute.
Das Tückische an der Erkrankung: Patienten können mit jeglicher Form von Wasser reagieren. Ob Regenwasser oder sogar eigene Tränen und Schweiß, die schmerzhafte Antwort der Haut folgt unverzüglich. Doch auch hier variieren die Auslöser von Mensch zu Mensch. So kommt es vor, dass ein Teil der Patienten nur auf Meerwasser reagiert.
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Welche Ursachen lösen die Reaktion aus?
Auf die Frage nach der Ursache gibt es bisher keine eindeutige Antwort. Dass die Betroffenen tatsächlich auf das Wasser an sich reagieren, gilt als unwahrscheinlich. Vielmehr seien im Wasser gelöste Bestandteile der Grund für die Beschwerden. Metalle, die sich in Rohrleitungen im Wasser lösen, oder Chlor, welches in geringen Mengen im Wasser enthalten ist, könnten hinter den Symptomen stecken. Allerdings gibt es bisher keine wissenschaftlichen Belege, die diese Theorien bestätigen.
Ergebnisse einiger medizinischer Tests, die an Zwillingspaaren durchgeführt wurden, legen auch eine genetische Veranlagung nahe.1
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Wann entwickelt sich eine Wasserallergie?
Die Krankheit kann in den verschiedensten Lebensphasen auftreten. Ein Teil der Betroffenen leidet schon seit seiner frühen Kindheit an der Wassernesselsucht, andere Menschen entwickeln diese erst im jungen Erwachsenenalter. Am häufigsten trifft die Krankheit Frauen während der Pubertät. Die gute Nachricht ist, dass die Symptome bei dem Großteil der Betroffenen im Laufe des Lebens stark nachlassen. Die Erkrankung selbst gilt jedoch als nicht heilbar.
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Wie läuft die Diagnose ab?
Stellt man bei sich Symptome einer Wasserallergie fest, sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung kann dieser eine Wassernesselsucht wahrscheinlich ausschließen und die wahre Ursache der Symptome behandeln.
Erhärtet sich allerdings der Verdacht einer Wasserallergie, nutzt der Arzt in (destilliertem) Wasser getränkte Kompressen, die dem Patienten auf die Haut gelegt werden. Zum Vergleich werden zusätzlich in Alkohol getränkte Kompressen genutzt. Wenn sich anschließend juckende Pusteln bilden oder die Haut sich rötet, handelt es sich um eine Wasserallergie. Wichtig bei der Diagnose ist, dass äußere Reize als Auslöser sicher ausgeschlossen werden.
Ist eine Wasserallergie behandelbar?
Glücklicherweise gibt es gute Möglichkeiten, die seltene Allergie zu behandeln. Kann die Ausschüttung von Histaminen als Auslöser festgestellt werden, bekommen die Patienten Antihistaminika verschrieben.
Sind die Symptome nicht stark ausgeprägt, kann die Haut auch durch den absichtlichen Kontakt mit destilliertem Wasser „trainiert“ und somit unempfindlicher gegenüber Wasser gemacht werden. Dies sollte aber ausschließlich mit ärztlicher Anweisung passieren.
Eine weitere Art der Therapie stellt die UV-Lichtbestrahlung dar. Dabei soll die Haut verdickt werden, sodass Wasser nicht mehr mit den Mastzellen in Verbindung kommt, die für die unangenehmen Hautreaktionen verantwortlich sind.
Wenn die Ursache nicht klar benannt werden kann oder der Patient sehr starke Reaktionen zeigt, bleiben allerdings meist nur Medikamente zur Linderung der Symptome. Weiterhin wird empfohlen, den längeren Kontakt zu Wasser zu vermeiden. Statt zu duschen, sollen Betroffene beispielsweise auf das Waschen mit einem Lappen oder Feuchttüchern zurückgreifen.
Zum Trinken sollte im besten Fall immer ein Strohhalm verwendet werden. In der Regel reagiert der Körper nicht mit Wasser, das sich innerhalb des Körpers befindet. Trotzdem besteht ohne Strohhalm die Gefahr, dass Wasser in Berührung mit dem Gesicht oder den Händen kommt.
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Quellen
- 1. Kai, A. C., Flohr, C. (2013). Aquagenic urticaria in twins. The World Allergy Organization journal.
- Heilpraxis. Wasserallergie – Symptome, Ursachen und Behandlung. (aufgerufen am 20.06.2022)
- Allergiefreie Allergiker. Wasserallergie: Symptome, Ursachen und Tipps für Allergiker. (aufgerufen am 20.06.2022)
- Medlexi. Wassernesselsucht. (aufgerufen am 20.06.2022)
- Doctors Health Press. Allergic to Water (Aquagenic Urticaria): Symptoms, Causes, and Treatment. (aufgerufen am 20.06.2022)