24. August 2020, 17:55 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wenn Sportler über Schmerzen im Leistenbereich klagen, handelt es sich oft um eine „weiche Leiste“. Hier gilt es zu handeln, um die drohende Konsequenz – einen Leistenbruch – zu verhindern. Und selbst, wenn es nicht zum Äußersten kommt, bedeutet eine „weiche“ Leiste große Einschränkungen für die Betroffenen, die übrigens in aller Regel männlich sind. FITBOOK hat mit einem Experten gesprochen.
Eine weiche Leiste wird oft auch Sportlerleiste genannt. Und wie dieser Name verrät, ist sie bei Sportlern ein verbreitetes Problem. „Es handelt sich dabei quasi um eine Vorstufe des Leistenbruchs“, sagt uns dazu Dr. med. Mathias Schettle, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bei Marianowicz Medizin in München. Heißt: Zwar nicht immer, aber in den meisten Fällen folgt auf Sportlerleisten-Probleme früher oder später ein Bruch.
Weiche Leiste – wie es dazu kommt
Die Leiste ist der untere Teil der menschlichen Bauchwand. Dort – genauer gesagt zwischen Bauchhöhle und äußerer Genitalregion – verläuft auch der Leistenkanal (Canalis inguinalis), eine röhrenförmige, rund 5 cm lange Verbindung. Wie der Experte uns erklärt, rühren die weiche Leiste und damit einhergehende Beschwerden aus einem Defekt von Muskeln und Faszien im Bereich der hinteren Wand des Leistenröhrenkanals.
„Ständige Belastungen, wie sie zum Leistungssport dazugehören, können eine Instabilität der Bauchwandfaszie fördern“, so Dr. Schettle. Durch starke Druckerhöhung kann sich eine Lücke bilden. Schmerzhaft ist der Befund aber schon vor einem etwaigen Bruch, da die Nerven an jenem empfindlichen Bereich ständig gereizt werden.
Apropos Befund. Dr. Schettle betont die Wichtigkeit einer guten Diagnostik. Eine Sportlerleiste tritt ohne sichtbare Vorwölbung auf, also ohne Bruchsack – schließlich ist hier ja (noch) nichts durchgebrochen. Es gelte, Probleme im Bereich des Hüftgelenks, der Adduktoren und Muskeln in Leistennähe auszuschließen. Des Weiteren rät der Mediziner zum MRT, „um zu überprüfen, ob nicht auch eine andere Ursache für die vorhandenen Beschwerden vorliegen könnte, die im Ultraschall nicht ersichtlich ist“, bevor Maßnahmen ergriffen werden. Dies sollte geschehen, da eine Sportlerleiste ziemlich schmerzhaft ist, daher eine große Einschränkung bedeutet, und in der Regel wiederholt auftritt. Zudem möchte man einen Leistenbruch verhindern.
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Wie wird eine weiche Leiste behandelt?
Laut Dr. Schettle gibt es zwei Methoden, eine weiche Leiste zu behandeln: die operative Therapie, die mit der Leistenbruch-OP fast identisch ist, und die konservative. „Letztere bedeutet, dass der Sport für eine gewisse Zeit ausgesetzt und eventuell Kortison gespritzt wird, auch Physiotherapie ist indiziert“, erklärt er FITBOOK.
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Weiche Leiste lässt sich kaum verhindern
Von einer weichen Leiste, genauso wie übrigens von Leistenbrüchen, sind in aller Regel Männer betroffen. Man wisse, dass Disziplinen mit vielen Drehbewegungen zu kleinsten Verletzungen im Leistenbereich führen und somit eine „weiche“ Leiste begünstigen können. Ein Physiotherapeut könne dabei helfen, durch gezielte stabilisierende Übungen einem erneuten Auftreten der Beschwerden entgegenzuwirken. „Vorbeugende Maßnahmen gegen eine Sportlerleiste sind allerdings nur bedingt möglich“, so Dr. Schettles Einschätzung.