14. August 2020, 5:59 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Manche Kinder haben sie ständig, andere nie. Mittelohrentzündungen sind schmerzhaft – und treffen insbesondere Ein- bis Dreijährige häufiger als Erwachsene. Aber warum eigentlich? Und wie lindert man die Beschwerden?
Eine Mittelohrentzündung kann man auch im Sommer bekommen
Häufig entwickelt sich die Mittelohrentzündung in den Wintermonaten im Anschluss an einen Infekt der oberen Atemwege – nach einer Erkältung zum Beispiel oder bei Kindern während oder nach einem Schnupfen.
Aber Achtung: Auch im Sommer besteht das Risiko einer Mittelohrentzündung. Besonders wenn man lange im See, Meer oder Pool gebadet hat, kann sich noch Wasser im äußeren Gehörgang, also dem Weg von Ohrmuschel bis zum Trommelfell, befinden. Dort herrscht durch die Enge ein feuchtwarmes Klima und damit optimale Bedingungen für das Wachstum von Pilzen und Bakterien. Einige Stunden nach dem Badegang kann es zu Juckreiz und Schmerzen im Ohr kommen. Man nennt das dann „Badeotitis“, welche zu den äußeren Gehörgangsentzündungen gezählt wird. Sie kann zwar spontan wieder abklingen, es kann sich daraus jedoch auch eine echte Mittelohrentzündung entwickeln.
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Das sind die typischen Symptome
Die typischen Symptome sind Ohrenschmerzen und, vor allem bei Kleinkindern, auch Fieber. Säuglinge und Kleinkinder zeigen zudem oft eher unspezifisch scheinende Symptome wie leichten Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Unruhe. Bei unklaren Schmerzen sollten darum bei ihnen immer auch die Ohren untersucht werden.
Kinder bekommen am häufigsten eine Mittelohrentzündung
Generell sind Kinder, vor allem zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr, häufiger von der Mittelohrentzündung betroffen. Gründe dafür gibt es verschiedene, aber meist spielt die Ohrtrompete dabei eine Rolle. Diese verbindet Mittelohr und Rachenraum und endet in der Nähe der Rachenmandel – bei Kindern ist sie sehr eng und deutlich kürzer als bei Erwachsenen. Dadurch können Keime aus dem Nasen-Rachen-Raum leichter in das Mittelohr vordringen und dort eine Entzündung verursachen.
Nicht immer ist Antiobiotikum zur Behandlung notwendig
Meist heilt das Ohr von selbst, wie HNO-Ärztin Linda Diederich sagt: „Die Erkrankung verläuft in der Regel selbsteliminierend, sodass eine pauschale Therapie mit Antibiotika nicht sinnvoll ist.“ Oft helfe es bereits, ein oder zwei Tage abzuwarten und in dieser Zeit mit Nasentropfen den Ablauf der Keime zu verbessern, erklärt die Oberärztin der Klinik für Hals-, Nasen-, und Ohrenheilkunde der Charité Berlin. Gegen Schmerzen könne man Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen geben – als Zäpfchen oder Saft, altersgerecht dosiert natürlich.
Kleinkindern gebe man bei starken Schmerzen oder einer beidseitigen Entzündung zwar ein Antibiotikum, sagt die Ärztin. Für die allgemeine Resistenzentwicklung sei es aber besser, nicht so früh beziehungsweise im besten Falle gar keine Antibiotika zu verabreichen. Antibiotika könnten außerdem Nebenwirkungen wie Durchfall hervorrufen.
In manchen Fällen seien Antibiotika aber sehr wohl sinnvoll, betont Diederich. So schützen sie zum Beispiel, wenn die Indikation stimmt, vor Komplikationen wie Hirnhautentzündungen oder Mastoiditis, einer Entzündung am Warzenfortsatz des Schläfenbeins.
Generell verbessert sich ihren Angaben nach bei rund drei von fünf Kindern der Allgemeinzustand nach 24 Stunden. Und nach zwei bis drei Tagen gehe es 80 Prozent der Kinder besser. Neben Medikamenten helfe bei Schmerzen vor allem viel Zuwendung und Ablenkung.
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Eine beliebte Maßnahme bei Mittelohrentzündung ist das Auflegen von sogenannten Zwiebelsäckchen. Die Heilpraktikerin und Humanbiologin Isabell Wustlich aus Wolfratshausen (Bayern) hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht. „Gerade wenn die Otitis media zum ersten Mal auftritt, kann man gut naturheilkundlich eingreifen“, erklärt sie.
Für das Zwiebelsäckchen schneidet man Zwiebeln klein, packt sie in ein Tuch, legt das Päckchen zum Wärmen auf die Heizung. Anschließend befestigt man es mit einem Stirnband am betroffenen Ohr des Kindes.
Bei älteren Kindern hilft möglicherweise ein Kamillendampfbad. Dafür werden Kamillenblüten in kochendes Wasser gegeben und zugedeckt für etwa fünf Minuten eingeweicht. Das betroffene Ohr hält man dann einige Minuten über den Kamillenblüten-Wasserdampf.
Kinder, die bereits mehrere Mittelohrentzündungen im Jahr hatten, können laut der HNO-Ärztin Diederich im infektfreien Intervall ein Tubentraining mit Nasenballon durchführen. Auch ein Schnullerverzicht wirke der Entzündung vorbeugend entgegen.