24. Januar 2020, 7:03 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Erst nur ein paar graue Strähnen, zum Schluss schlohweiß – irgendwann haben alle graue Haare. Was den Lauf der Dinge bei Mäusen zum Sprint werden lässt, haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden: Stress beschleunigt den Farbverlust.
Nicht nur das Alter, auch Stress lässt unsere Haare grau werden. Warum das so ist, war lange unbekannt. Ein Forscherteam um Stammzellen-Forscherin Ya-Chieh Hsu von der Harvard University ist dem biochemischen Prozess bei Mäusen nun auf die Schliche gekommen. Demnach ist Stress dafür verantwortlich, dass bestimmte Zellen absterben, die für die Haarfarbe zuständig sind.
Genauer: Stress lässt Nervenzellen gewisse Botenstoffe vermehrt produzieren. Prasseln diese Botenstoffe auf Haarwurzeln, werden dort ansässige Stammzellen aktiviert und vertrieben. Als Folge ergraut das Haar.
Wie der Alterungsprozess in den Haaren abläuft
Wie Hsu im Fachmagazin „Nature“ erklärt, spielen die Zellen eine zentrale Rolle dabei, Farbe in unser Leben zu bringen. Diese sogenannten Melanozyten geben unseren Augen, unserer Haut und unseren Haaren die Farbe, indem sie Farbpigmente erzeugen, die dann beispielsweise in die Haare wandern.
Melanozyten sterben ab, wenn der Bereich zwischen Haarwurzel und Oberhaut, der Haarfollikel, altersbedingt nicht mehr mit Nährstoffen versorgt wird. Als Folge fallen die Haare aus. Aber: Follikel besitzen auch Ausdauer, können bis zum endgültigen Ableben bis zu 30 Lebenszyklen durchlaufen, an deren Beginn sich jeweils neue Melanozyten bilden. Diese gehen aus Stammzellen hervor, die in den Haarwurzeln schlummern. Die Anzahl an Stammzellen nimmt mit zunehmendem Alter ab, es gibt weniger Melanozyten, das Haar wird grau.
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Mäuse unter Stress gesetzt
Die Forscher wollten nun wissen, inwieweit Stress diesen Prozess beeinflusst. Dazu haben sie Mäuse mit verschiedenen Methoden unter Stress gesetzt: Einige Tiere wurden voneinander getrennt, andere eingesperrt, oder es wurde die Nacht über das Licht angelassen. Alle Mäuse bekamen graue Flecken im Fell, am deutlichsten die Gruppe an Mäusen, denen eine Substanz, scharf wie Chili, gespritzt wurde.
Mit dieser Methode testeten die Wissenschaftler dann weiter. Sie kamen schließlich darauf, dass Noradrenalin einen wichtigen Einfluss auf das Ergrauen der Mäusehaare hat. Dieses Hormon spritzten die Forscher dann gezielt und beobachteten, dass sich das Fell genau an der Einstichstelle grau färbte.
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Woher kommt das Hormon?
Kennt man: Ein Adrenalinschub lässt uns schneller reagieren, macht uns leistungsfähiger. Ähnlich ist das bei Mäusen mit dem Noradrenalin. Dieses Hormon wird in der Nebenniere, aber auch in Nervenzellen erzeugt. Durch das Stresshormon reifen die Zellen zu Melanozyten heran, die dann unter die Haut abwandern. Die Anzahl an Stammzellen schwindet für immer.
„Wenn sie einmal weg sind, können die Mäuse keine Pigmente mehr bilden. Der Schaden ist dauerhaft“, sagt Stammzellen-Forscherin Hsu. Vermutlich läuft der biochemische Prozess beim Menschen ähnlich ab. In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob sie auf Grund der neuen Erkenntnisse eine Therapie gegen graue Haare entwickeln können.