27. März 2020, 14:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn angegeben wird, wie viele Menschen sich deutschlandweit bereits mit dem Coronavirus infiziert haben, nennt man für gewöhnlich auch die Quelle dazu. Und das aus gutem Grund: Je nachdem, ob die Zahlen vom Robert-Koch-Institut (RKI) oder von der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität stammen, fallen sie recht unterschiedlich aus. FITBOOK erklärt, woran das liegt.
Freitag, der 27. März, 11.00 Uhr. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind genau 42.288 Personen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert, die Johns-Hopkins-Universität kommt auf unterschiedliche Zahlen und gibt scheinbar um dieselbe Zeit bereits 47.278 Corona-Fälle an. Was läuft da anders?
RKI abhängig von offiziellen Meldeverfahren
In Wahrheit beziehen die Angaben sich nicht auf dieselbe Zeit. Das in Berlin ansässige RKI aktualisiert seine Zahlen ein Mal am Tag. Hier hängt es also u.a. davon ab, wie viele Meldungen über Infektionen bis zu diesem Zeitpunkt von den Gesundheitsämtern der einzelnen Bundesländer eingegangen sind.
Zumal so eine Meldekette alles andere als unbürokratisch abläuft! Das ist für genaue Angaben natürlich wichtig, kann aber eben auch Verzögerungen mitbringen. Die Tagesschau hat die einzelnen Schritte beschrieben:
• Ob durch einen Arzt oder ein Labor, zunächst erreicht die Meldung über eine Corona-Infektion telefonisch oder per Fax das Gesundheitsamt des Bezirks, in dem die/der Betroffene wohnhaft ist.
• In den jeweiligen Gesundheitsämtern müssen die Angaben überprüft werden. Die Mitarbeiter melden sich deshalb bei der infizierten Person und ermitteln alle verfügbaren, nicht zuletzt für die Forschung relevanten Informationen, die in einer Software des RKI gespeichert werden müssen. Dazu gehört z.B. auch, wie sich die Krankheit dargestellt hat und mit wem die Person um den Zeitpunkt der Infektion herum Kontakt hatte.
• Die einzelnen Ämter schicken ihre Daten mehrmals am Tag an die Landesgesundheitsbehörde. Dort kommt ein weiteres Programm des Instituts zum Einsatz, das die privaten Patienteninformationen herausfiltert, bevor die reinen Patientenfalldaten an das RKI weitergeleitet werden.
• Parallel senden die Landesgesundheitsbehörden einen Lagebericht an das für sie zuständige Ministerium, welches die Zahlen in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt hat das RKI sie vielleicht noch nicht in ihrer Gesamtrechnung berücksichtigt. Die Johns Hopkins Uni im Zweifelsfall schon.
Johns-Hopkins-Uni: Aktualisierung nahezu in Echtzeit
Früher wurden auch die Zahlen der Johns-Hopkins-Uni manuell erfasst. Inzwischen sind die Prozesse automatisiert: Daten von Gesundheitsämtern und Nachrichtenanstalten (aus verschiedensten Quellen – z.b. von deren Website, Twitter-Account) werden mithilfe von Internetdiensten quasi in Echtzeit gezogen und mitgezählt, unabhängig vom Meldeverfahren offizieller Dienststellen.
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Früher, aber nicht unbedingt genauer
Die Angaben der Uni kann man also als aktueller betrachten, dafür sind sie aber etwas ungenauer. Dies ist in einem Beitrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) zu diesem Thema gut nachzuvollziehen.
Dem RKI werden alle Corona-Fälle gemeldet, also auch solche, die nur auf „klinisch-epidemiologischen“ Fakten beruhen. Sprich wenn jemand im (Telefon-)Gespräch mit dem Arzt Covid-19-Symptome geschildert hat und mit einer infizierten Person Kontakt hatte bzw. in Risikogebieten gewesen ist. Dieser Fall geht aber nicht in die offizielle Zählung ein, hier berücksichtigt das RKI nur labordiagnostisch bestätigte Infektionen.
Wie die einzelnen Länder mit ihren Fallzahlen umgehen, ist aber unterschiedlich. Solche, die weniger Labortests (bzw. Kapazitäten, um diese durchzuführen) zur Verfügung haben, sind laut dem FAZ-Beitrag bei ihren „Falldefinitionen großzügiger“. Möglich also, dass entsprechende Fälle von einzelnen Ministerien gezählt und durch die Pressestelle veröffentlicht wurden, sodass sie in die Johns-Hopkins-Erhebung mit einfließen. Ebenso möglich: dass es am Ende gar keine Infektion war.