22. April 2020, 18:33 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Ein paar Stunden oder sogar einen ganzen Tag fasten, um dann wieder ganz normal zu essen: Das nennt sich Intervallfasten und soll gesund und fit machen. Aber stimmt das?
Beim Intervallfasten gibt es nahezu keine Vorschriften, was das Essen anbelangt – außer: Es müssen zwischendurch Pausen eingelegt werden. Hungerphasen werden somit Teil des Alltags und der Körper lernt, auf seine eigenen Reserven zurückzugreifen.
Intervallfasten – wie funktioniert das?
„Der Mensch ist ursprünglich nicht an konstante Mahlzeiten gewöhnt“, sagt der Hamburger Ernährungsmediziner, Internist und Diabetologe Dr. med. Matthias Riedl. Grund dafür soll die Lebensweise unserer Urahnen sein: Sie mussten ihre Nahrung selbst jagen oder sammeln und kannten keine konstante Verfügbarkeit von Essen. Ein Wechsel zwischen Fastenzeiten und Nahrungsaufnahme entspreche einer natürlichen Lebensweise und sei deshalb „die für den Menschen artgerechte Ernährung“, sagt Riedl.
Da es in unserem Alltag mit regelmäßigen Mahlzeiten und vielen Snacks keine Hungerphasen mehr gibt, sei der Körper laut Matthias Riedl ständig im Speichermodus.
Und nicht nur, dass permanentes Snacken schlecht für den Stoffwechsel und die Kalorienbilanz ist, es kann auch richtig gravierende Folgen haben: Übergewicht und daraus resultierende Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch Demenz.
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Den Experten zufolge wird durchs Intervallfasten der ganze Organismus entlastet, Stoffwechsel und Organe können sich erholen. Die Gesamtkalorienaufnahme wird reduziert, der Insulinspiegel sinkt und Fett wird besser abgebaut.
Verschiedene Fastenmethoden im Überblick
Durchs Intervallfasten werden Hungerphasen wieder Teil des Alltags. So lernt der Körper, auf seine eigenen Reserven zurückzugreifen. Stunden oder Tage des Fastens wechseln sich mit Zeiten ab, in denen normal gegessen wird. Dazu gibt es verschiedene Modelle bzw. Methoden.
16:8 – Intervallfasten für Einsteiger
Ideal für Einsteiger ist das sogenannte 16:8-Fasten. Dabei darf acht Stunden am Tag gegessen werden und die restlichen 16 Stunden wird auf Nahrung verzichtet. Vorteil dieser Methode: Sie lässt sich prima und dauerhaft in den Alltag integrieren. Wer beispielsweise um 20 Uhr seine letzte Mahlzeit zu sich nimmt, überspringt einfach das Frühstück und kann um 12 Uhr wieder normal zu Mittag essen. Das Essensfenster gilt dann für acht Stunden, also bis 20 Uhr. Zuckerfreie Getränke, also Kaffee und Tee, sind während des Fastens erlaubt.
Auch der Münchner Fitnesstrainer und Ernährungsberater Hanjo Fritzsche lebt nach der 16:8-Methode und verzichtet auf das Frühstück. Da er sich acht Stunden am Tag normal ernähren kann, nimmt er in der restlichen Zeit nur Wasser zu sich. „In den ersten Wochen denkt man viel über Essen nach“, erzählt Fritzsche. Doch wenn der Körper sich an den neuen Rhythmus gewöhnt habe, soll man sich fitter fühlen und besser konzentrieren können.
Ebenfalls großer Fan von Intervallfasten ist TV-Koch Alexander Kumptner (bekannt aus der „Küchenschlacht“ im ZDF). Warum er diesen Lifestyle für sich ideal findet und wie er das 16:8-Fasten handhabt, hat er FITBOOK im Interview verraten.
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20:4 – die „Warrior-Diät“
Deutlich härter ist das 20:4-Fasten, auch bekannt unter dem Namen „Warrior-Diät“. Das Zeitfenster für die Nahrungsaufnahme wird dabei auf vier Stunden am Tag verringert. Während der Fastenzeit darf man aber Gemüsesäfte und Rohkost zu sich nehmen.
5:2 und 6:1– das Teilzeitfasten
Ein anderes Beispiel ist 5:2 – also fünf Tage normal essen und zwei Tage fasten. Auch der Konstanzer Sportwissenschaftler, Autor und Gesundheitsberater Dr. Michael Despeghel vertritt die 5:2-Methode und empfiehlt, die Kalorienzufuhr an zwei Tagen der Woche auf 500 Kalorien pro Tag zu reduzieren; an den anderen fünf Tagen isst man hingegen ganz normal. Die 6:1-Diät ist quasi die softere Version der 5:2-Diät. Die Grundidee bleibt die gleiche: durch den Nahrungsverzicht einen Anteil der Wochenkalorien einsparen und so abnehmen.
Von extremen Fasten-Varianten ist abzuraten
Von extremen Varianten wie „Alternate Day Fasting (36/12)“ ist abzuraten, da lange Hungerphasen den Körper sehr stressen. Bei allen Varianten gilt: die ausgefallene Nahrung nicht durch hemmungsloses Schlemmen „wieder reinholen“. Gegen Heißhunger helfen fett- und eiweißbasierte erste Mahlzeiten nach dem Fastenfenster, wie z. B. Omelett mit Schafskäse.
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Für wen eignet sich Intervallfasten?
Geeignet sei Intervallfasten im Grunde für alle – vorausgesetzt, man könne Fastenzeiten durchhalten und sie in den Wochenablauf integrieren, erklärt Dr. Riedl. Und das ist gar nicht so schwer: Wer nicht auf den Sonntagsbrunch verzichten will, fastet zum Beispiel wochentags. Und wer unter der Woche ständig an Geschäftsessen teilnehmen muss, fastet eben am Wochenende.
Wenn klar ist, an welchen Tagen gefastet werden soll, plant man, was es an diesen Tagen zu essen und trinken geben soll. Dr. Despeghel isst zum Beispiel einmal am Tag eine eiweißreiche Mahlzeit, um seinen Körper mit einem Minimum an Energie zu versorgen und zu verhindern, dass Muskeln abgebaut werden.
Schlau sei es auch, erste Erfolge protokollieren – zu Motivationszwecken. Entscheidet man sich nicht für die 16:8-, sondern die 2:5-Methode, ist es an den Fastentagen besonders wichtig, viel zu trinken: idealerweise Wasser, Tee und Gemüsebrühe.
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Fasten und trainieren – geht das?
Auch Sport soll während der Fasten-Phase eine gute Idee sein. „Sitzen treibt den Blutzuckerspiegel nach oben“, sagt Dr. Despeghel. Bewegung hingegen stärke neben dem Kalorienverbrennen auch das Wohlbefinden und zeige dem Fastenden Leistungsstärke.
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Der Körper ist gezwungen, auf seine Reserven zurückzugreifen, die Fettverbrennung wird optimiert, und selbst hartnäckige Fettpolster in Problemzonen können schmelzen. Auch Fitnesstrainer Fritzsche bestätigt, dass Training auf nüchternem Magen „eine der besten Fatburning-Strategien überhaupt“ sei. Allerdings gibt es auch hier Gegenmeinungen. Man warnt unter anderem vor einem sinkenden Blutzuckerspiegel sowie daraus resultierendem Schwindel. Auch die Qualität des Trainings könnte darunter leiden.
Wichtiger Hinweis: Menschen, die an chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes leiden, sollten nie ohne ärztliche Rücksprache eine solche Ernährungsumstellung machen.
Ist Intervallfasten besser als andere Diäten?
Einige wissenschaftliche Studien hatten angedeutet, dass sich infolge des Intervallfastens bestimmte Stoffwechselwerte deutlicher verbessern als bei einer herkömmlichen Diät, bei der über längere Zeit jeden Tag weniger Kalorien aufgenommen werden. Diese Annahme prüften die Wissenschaftler nun. Sie nahmen 150 übergewichtige und fettleibige Menschen zwischen 35 und 65 Jahren in ihre Studie auf und teilten sie nach dem Zufallsprinzip in eine von drei Gruppen ein.
So lief die Studie ab
Die Teilnehmer der ersten Gruppe machten Intervallfasten nach der 5:2-Methode und reduzierten ihre wöchentlich aufgenommene Energie so um 20 Prozent. Die Teilnehmer der zweiten Gruppe hielten normal Diät, indem sie täglich 20 Prozent weniger Energie aufnahmen. Die übrigen Studienteilnehmer aßen weiter wie immer. Alle bekamen zu Beginn der Untersuchung ausführliche Informationen zu gesunder Ernährung und gegebenenfalls zur Durchführung ihrer Diät. Außerdem bestimmten die Forscher zahlreiche Messwerte, wie Gewicht, Fettverteilung, Blutdruck und zahlreiche Stoffwechselwerte.
Während der ersten drei Monaten befragte man die Teilnehmer alle zwei Wochen telefonisch nach ihren Erfahrungen und ermunterte sie durchzuhalten. Im Anschluss an die eigentliche Testphase kamen die Teilnehmer zur erneuten Untersuchung ins Studienzentrum. Sie wurden erneut ermutigt weiterzumachen, bekamen dann allerdings keine weiteren Anrufe mehr. Insgesamt beobachteten die Wissenschaftler die Teilnehmer 50 Wochen lang und erhoben Gewicht und Gesundheitszustand.
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Das zeigte die Auswertung der Daten am Ende
Die Auswertung der Daten belegte, dass es zwischen den beiden Diät-Varianten keine erheblichen Unterschiede in Bezug auf Gewichtsverlust gibt und sich auch der Stoffwechsel sehr ähnlich verändert hatte: „Bei den Probanden beider Gruppen verringerte sich mit dem Körpergewicht das viszerale Fett, also das ungesunde Bauchfett, ebenso die Fettablagerungen in der Leber“, erläutert Schübel. Auch in der Aktivität von bestimmten Genen, die mit den nachteiligen gesundheitlichen Folgen von Übergewicht im Zusammenhang stehen, fanden die Wissenschaftler keinen Unterschied.
Einzig im Hinblick auf die Glucose-Werte gab es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Diät-Methoden: Nach 12 Wochen hatten die Teilnehmer, die täglich weniger gegessen hatten, einen wesentlich geringeren Blutzuckerspiegel.
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Wie schafft man es, das Gewicht langfristig zu halten?
Beim Abnehmen komme es vermutlich nicht so sehr auf die Art der Diät an, sondern in erster Linie darauf, sich für eine Art zu entscheiden und diese dann durchzuhalten, folgern die Wissenschaftler. Es scheine so zu sein, „dass es einigen Menschen leichter fällt, an zwei Tagen sehr diszipliniert zu sein, statt jeden Tag Kalorien zu zählen und sich einzuschränken“, sagt Studienleiter Tilman Kühn. Um das Gewicht langfristig zu halten, bedürfe es allerdings einer langfristigen Ernährungsumstellung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Die Fachgesellschaft sieht den Trend zum Intervallfasten eher kritisch. „Die meisten Konzepte des Intervallfastens beinhalten keine oder nur sehr vage Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl. Daher findet alleine durch das intermittierende Fasten in der Regel keine Ernährungsumstellung hin zu einer ernährungsphysiologisch günstigen Lebensmittelauswahl statt“, heißt es dort. Und Fasten sei zum Abnehmen ungeeignet.