25. April 2025, 4:59 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Cortisol ist ein Hormon, das vor allem mit Stress in Verbindung gebracht wird, dabei kann es weit mehr, als nur für Hektik und Unruhe zu sorgen. Es beeinflusst zentrale Prozesse in Ihrem Körper: von der Energiegewinnung über Ihre sportliche Leistungsfähigkeit bis hin zu Fett- und Muskelaufbau. Wie sich Ihr Cortisolspiegel auf Ihren Trainingserfolg auswirkt und wie Sie ihn beeinflussen und so gezielt für Ihre körperlichen und mentalen Ziele nutzen können, erklärt Prof. Dr. Hartmut Göbel, Chefarzt in der Schmerzklinik Kiel.
Als Stresshormon genießt Cortisol gemeinhin keinen guten Ruf. Und tatsächlich kann ein Zuviel an Cortisol bzw. eine zu hohe Menge des Hormons zur falschen Zeit – etwa nachts – oder über einen zu langen Zeitraum hinweg, negative Folgen haben. Aber ohne Cortisol geht es auch nicht, denn es ist für bedeutsame körperliche Prozesse wichtig. Ja, auch für Fettverbrennung und Muskelaufbau – aber nicht nur das.
Übersicht
- Was ist Cortisol?
- Ist Cortisol gleich Cortison?
- Wofür Cortisol wichtig ist
- Wie Cortisol und Stess zusammenhängen
- Messung des Cortisolspiegels
- Der ideale Cortisolspiegel
- Auswirkung eines zu hohen Cortisolspiegels
- Was beeinflusst den Cortisolspiegel?
- Inwiefern beeinflusst der Cortisolspiegel speziell Fettverbrennung und Muskelaufbau?
- Wie kann ich im Hinblick auf meinen Cortisolspiegel Muskelaufbau und Fettverbrennung noch unterstützen?
- Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
- Kann Cortisol Albträume auslösen?
- Ist Ihr Cortisolspiegel im Gleichgewicht? 6 Fragen zur Selbstreflexion
- Probieren Sie ein 7-Tage-Cortisol-Reset
- Fazit
Was ist Cortisol?
„Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird. Es gehört zur Gruppe der Glukokortikoide und spielt eine zentrale Rolle im Hormonsystem unseres Körpers. Häufig wird es als Stresshormon bezeichnet, dabei ist es nicht nur bei akuter Anspannung aktiv, sondern reguliert zahlreiche essenzielle Abläufe, die rund um die Uhr in Ihrem Organismus stattfinden. Cortisol ist wie ein innerer Taktgeber, der Ihren Stoffwechsel, Ihre Leistungsfähigkeit und sogar Ihre innere Ruhe beeinflusst“, weiß Prof. Dr. Göbel.
Ist Cortisol gleich Cortison?
Cortisol ist ein natürlich vom Körper produziertes Hormon. Cortison hingegen ist die inaktive Vorstufe, die medizinisch meist synthetisch eingesetzt und im Körper wieder in Cortisol umgewandelt wird.
Wofür Cortisol wichtig ist
Schlaf-Wach-Rhythmus
Ein gesunder Cortisolspiegel folgt der Tageskurve und wirkt damit auf Ihren Schlaf-Wach-Rhythmus ein. Damit Sie wach und leistungsbereit in den Tag starten, steigt er morgens zunächst stark an und sinkt im Laufe des Tages dann allmählich ab.
Stoffwechselregulation
Cortisol ist an der Umwandlung von Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten beteiligt. Es stellt sicher, dass Ihr Körper in stressigen Situationen schnell auf gesteigerte Energie zugreifen kann.
Leistungssteigerung
Während körperlicher Aktivität sorgt Cortisol dafür, dass Ihre Muskeln ausreichend Energie zur Verfügung haben. Es mobilisiert auch Fettsäuren und Glukose, zwei wichtige Energiequellen für Ihr Training.
Muskelaufaufbau und Fettverbrennung
Cortisol hilft dabei, vorhandene Energiereserven zu mobilisieren, was wiederum die Fettverbrennung unterstützt. Gleichzeitig beeinflusst es die Regeneration der Muskeln und damit indirekt auch den Muskelaufbau.
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Wie Cortisol und Stess zusammenhängen
Cortisol ist das zentrale Hormon in Ihrer körperlichen Stressreaktion. Wenn Sie unter Druck geraten, signalisiert das Gehirn der Nebenniere, mehr Cortisol zu produzieren. Der Körper reagiert darauf mit einer evolutionsbiologischen Überlebensstrategie. Er lässt den Puls und Blutdruck ansteigen und sorgt für eine erhöhte Energiebereitstellung. In unserer heutigen Welt ist Stress meist nicht körperlich, wie früher bei Flucht oder Kampf, sondern oft mental. Termine, Reizüberflutung, permanente Erreichbarkeit – all das versetzt den Cortisolspiegel in Dauerstress.
Messung des Cortisolspiegels
Der Cortisolspiegel wird meist von Allgemeinmedizinern oder Endokrinologen gemessen. Am häufigsten erfolgt die Bestimmung über einen morgendlichen Bluttest. Auch Speicheltests, etwa bei Verdacht auf Rhythmusstörungen oder eine 24-Stunden-Urinprobe zur Erfassung der Gesamtmenge können zum Einsatz kommen. Die Wahl der Methode richtet sich nach den Beschwerden und dem Verdacht.
Der ideale Cortisolspiegel
Ein gesunder Cortisolrhythmus orientiert sich an der Tageskurve: morgens zwischen sechs und neun Uhr ist der Spiegel am höchsten, um Sie fit für den Tag zu machen. Gegen Mittag sinkt er langsam ab, am Abend erreicht er seinen Tiefpunkt, um den Körper auf Ruhe und Schlaf vorzubereiten. Optimal ist also ein hoher Cortisolwert am Morgen (zur Aktivierung) und ein niedriger Wert am Abend (zur Regeneration).
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Auswirkung eines zu hohen Cortisolspiegels
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel (Hypercortisolismus) kann problematisch werden, da der natürliche Rhythmus gestört wird. Dies kann Schlafstörungen, Gewichtszunahme, Bluthochdruck und ein geschwächtes Immunsystem verursachen. Auch Muskelabbau, Stimmungsschwankungen und ein erhöhtes Diabetesrisiko sind mögliche Folgen. Der Cortisolspiegel ist äußerst sensibel und reagiert leicht auf verschiedenste Faktoren.
Was beeinflusst den Cortisolspiegel?
Stress
Stress, ob körperlich oder mental, ist die Ursache Nummer eins für einen erhöhten Cortisolspiegel.
Schlafqualität
Schlafmangel oder ein gestörter Schlafrhythmus können die natürliche Cortisolausschüttung durcheinanderbringen.
Ernährung
Einseitige Diäten, ständiges Snacken, zu viel Zucker oder Koffein können den Cortisolspiegel erhöhen. Umgekehrt wirken sich eiweißreiche Mahlzeiten und eine ausgewogene Ernährung positiv aus.
Bewegung
Sportliche Aktivität lässt den Cortisolspiegel kurzfristig in gesundem Maße ansteigen. Dauerhaftes Übertraining ohne Regeneration hingegen kann zu einem chronisch erhöhten, ungesundem Spiegel führen.
Entspannung
Achtsamkeit, Meditation und bewusste Pausen senken den Cortisolspiegel. Auch ein stabiles soziales Umfeld kann helfen, Stresshormone zu reduzieren.
Inwiefern beeinflusst der Cortisolspiegel speziell Fettverbrennung und Muskelaufbau?
Vor und während des Trainings
Cortisol hat eine ambivalente Wirkung. Kurzfristig kann es die Fettverbrennung und den Muskelaufbau unterstützen. Vor allem vor und während des Trainings ist ein erhöhter Cortisolspiegel sinnvoll, denn er sorgt dafür, dass Energiereserven mobilisiert werden und die Muskeln leistungsfähig sind.
Nach dem Training
Nach dem Training hingegen sollte der Spiegel wieder absinken, denn zu viel Cortisol hemmt den Muskelaufbau und kann sogar zu Muskelabbau führen. Es ist also wichtig, den Körper nach dem Sport in die Regeneration zu bringen, zum Beispiel durch ausreichend Schlaf, Entspannungsübungen wie Stretching oder Atemtechniken sowie eine ausgewogene Mahlzeit mit Proteinen und gesunden Fetten.
Wie kann ich im Hinblick auf meinen Cortisolspiegel Muskelaufbau und Fettverbrennung noch unterstützen?
Trainieren im Tagesrhythmus
Intensive Einheiten am Morgen oder Vormittag nutzen den natürlichen Cortisol-Peak. Abends sollten Sie eher ruhigere Trainingsformen wie Yoga, Mobility oder leichtes Krafttraining wählen.
Regeneration
Achten Sie auf Regeneration und Erholung. Mindestens ein bis zwei sportfreie Tage pro Woche helfen dem Körper, Cortisol abzubauen und die Muskeln zu reparieren.
Ernährung
Essen Sie ausgewogen und regelmäßig, aber nicht ständig. Achten Sie auf hochwertige Proteine (z. B. Linsen, Fisch, Eier), gesunde Fette (z. B. Avocado, Nüsse) und komplexe Kohlenhydrate (z. B. Quinoa, Vollkorn).
Schlaf
Ausreichender Schlaf, etwa sieben bis neun Stunden pro Nacht, sind ideal. Auch Dunkelheit, eine kühle Raumtemperatur und ein fester Schlafrhythmus helfen, den Cortisolspiegel zu regulieren.
Entspannung
Entspannen Sie bewusst und nutzen Sie Atemübungen, Meditation, einen Spaziergang in der Natur oder eine Massage, um nachweislich den Cortisolspiegel zu senken.
Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
„Zwischen Männern und Frauen gibt es sowohl im Cortisolspiegel als auch in der Reaktion auf Stress Unterschiede. Studien zeigen, dass Frauen oft sensibler auf Stress reagieren und in manchen Phasen des Zyklus höhere Cortisolwerte aufweisen. Auch hormonelle Schwankungen durch Menstruation, Schwangerschaft oder die Pille beeinflussen den Cortisolhaushalt“, erklärt Prof. Dr. Göbel. „Männer hingegen reagieren oft stärker mit körperlichen Symptomen wie Muskelabbau oder Fettansammlung am Bauch. Das bedeutet: Frauen sollten insbesondere auf ihre Zyklusphasen achten und Training sowie Ernährung daran anpassen. Männer profitieren davon, gezielt Entspannungsphasen in ihren Alltag zu integrieren.“
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Kann Cortisol Albträume auslösen?
Ein dauerhaft erhöhter oder gestörter Cortisolspiegel kann unseren Schlaf deutlich beeinflussen. Dazu gehört auch die Art, wie wir träumen. Normalerweise sinkt der Spiegel am Abend ab, damit wir zur Ruhe kommen. Ist er jedoch zu hoch, z. B. durch Stress, spätes Training oder unregelmäßige Schlafzeiten, kann das die REM-Schlafphasen stören. Genau in diesen Phasen träumen wir am häufigsten und intensivsten. Ein gestörter REM-Schlaf bedeutet, das Gehirn verarbeitet emotionale Eindrücke stark überreizt. Die Folge können intensivere, emotional belastete Träume oder Albträume sein. Besonders bei Menschen, die unter Dauerstress stehen, tritt dieses Phänomen häufiger auf.
Ist Ihr Cortisolspiegel im Gleichgewicht? 6 Fragen zur Selbstreflexion
- Fühlen Sie sich im Laufe des Tages häufig müde, gereizt oder überfordert, selbst wenn Sie genug geschlafen haben?
- Wachen Sie morgens energiegeladen auf oder brauchen Sie ewig, um in die Gänge zu kommen?
- Leiden Sie unter unregelmäßigem Schlaf oder häufigem nächtlichen Aufwachen?
- Haben Sie oft Heißhunger auf Zucker oder salzige Snacks, besonders in stressigen Situationen?
- Fällt es Ihnen schwer, im Training Leistung zu bringen oder sich danach gut zu regenerieren?
- Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Körper trotz gesunder Ernährung und Bewegung nicht wirklich mitzieht?
Wenn Sie die Fragen überwiegend mit „Ja“ beantwortet haben, kann dies auf einen erhöhten Cortisolspiegel hindeuten.
Probieren Sie ein 7-Tage-Cortisol-Reset
- Mindestens 30 Minuten Entspannung pro Tag
- Mindestens 7 Stunden Schlaf
- Kein Workout nach 20 Uhr
- Kein Kaffee nach 15 Uhr

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Fazit
Cortisol ist ein essenzielles Hormon, das Ihrem Körper hilft, leistungsfähig, wach und stark zu bleiben. Entscheidend ist hierbei vor allem der richtige Rhythmus: Hoch am Morgen, niedrig am Abend sowie kurzfristig erhöht durch Training, langfristig reguliert durch Regeneration. Wer seinen Cortisolspiegel versteht und bewusst steuert, kann nicht nur seine Fitness verbessern, sondern auch nachhaltig etwas für seine Figur, seine Schönheit und sein körperliches und mentales Wohlbefinden tun.
Mit fachlicher Beratung von Prof. Dr. Hartmut Göbel, Chefarzt in der Schmerzklinik Kiel.