15. Juni 2023, 16:42 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Der amerikanische Football-Spieler und Super-Bowl-Gewinner Russell Okung hat nach eigener Aussage innerhalb von nur 40 Tagen rund 45 Kilogramm abgenommen – dank striktem Fasten. Doch ist das überhaupt gesund? Wir haben mit einem Experten gesprochen.
In letzter Zeit spricht man eher weniger über das klassische Fasten, denn Intervallfasten liegt momentan voll im Trend. Beim Letzteren verzichtet man mindestens zwölf bis 16 Stunden am Tag auf jegliche Kalorienaufnahmen. Gegessen wird nur in einem Zeitfenster von maximal acht bis zwölf Stunden. Doch viele Menschen machen auch eine sogenannte Fastenkur, bei der man meistens sieben bis vierzehn Tage lang fastet. Der amerikanische Football-Spieler und Super-Bowl-Gewinner Russell Okung hat es aber auf die Spitze getrieben und 40 Tage lang gefastet. Dabei nahm er nur Wasser zu sich. Obwohl er dadurch nach eigener Aussage rund 45 Kilogramm abnahm, ist es dennoch keine gute Idee, erklärt der renommierte Ernährungsexperte Professor PhDr. Sven-David Müller auf FITBOOK-Nachfrage. Im Gegenteil: Er sagt, dass Abnehmen nur mit Wasser gefährlich ist!
Übersicht
„Regeneration, Heilung und Selbstfindung“ durchs Fasten
Viele Menschen dokumentieren im Internet ihre Body-Transformationen. Bei Männern geht es meistens darum, an Muskelmasse zuzulegen oder an Körperfett zu verlieren. Nun hat der Football-Spieler Russell Okung seine Transformation publik gemacht. Wie er auf dem sozialen Netzwerk Twitter schreibt, nahm er innerhalb von nur 40 Tagen rund 45 Kilogramm an Körpergewicht ab.
„Der Weg von einem über 330 Pfund (150 Kilogramm) schweren NFL-Footballspieler zu einem über 100 Pfund (45 Kilogramm) leichteren Spieler war unwirklich! Ein neues Ich, ein neues Kapitel“, schrieb er in einem Post mit Vorher-Nachher-Foto. Die Frage, die er am häufigsten gestellt bekommt, laute: „Wie hast du das geschafft?“. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: durch striktes Fasten. 40 Tage lang hat der Athlet nur Wasser zu sich genommen.
Dabei verlor er nicht nur enorm an Gewicht, sondern erlebte auch eine mentale Transformation: „Beim Fasten geht es nicht nur ums Abnehmen. Es geht um Regeneration, Heilung und Selbstfindung“, erklärt Okung in einem weiteren Twitter-Post. Durch die Beruhigung seines Hungergefühls habe er auch geistige Klarheit und eine spirituelle Offenbarung erlangt. Es sei für ihn ein totaler Reset gewesen. „Als Spitzensportler wurde mir immer gesagt, ich solle viel essen und stark bleiben. Ich habe es nie infrage gestellt. Aber das Ausbrechen und Fasten veränderte alles. Ich bin nicht nur leichter, ich bin auch leichter im Geiste“, erklärt der Athlet seine spirituelle Erfahrung.
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Experte warnt: Extremes Fasten kann tödlich sein
Obwohl die Transformation von Russell Okung zunächst eindrucksvoll klingt, sollte man sie auf keinen Fall nachahmen, warnt der Ernährungsexperte PhDr. Sven-David Müller: „Das Fasten ist grundsätzlich für niemanden zu empfehlen, weil Fasten hungern bedeutet und wir einen lebensnotwendigen Bedarf an vielen Nahrungsinhaltsstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweißbausteinen und bestimmten Fettsäuren wie beispielsweise Omega-3 haben“.
Vor allem wie im Fall des Footballspielers abzunehmen, indem man über einen langen Zeitraum von 40 Tagen nur Wasser trinke, sei für die meisten Menschen gefährlich, für einige sogar tödlich, warnt der Experte. Es gebe immer wieder Fälle von Menschen, die beim Fasten sterben. „Es ist ein absoluter Stress für den Körper, sozusagen das Gegenteil von gesund“, betont unser Experte. Allein durch Salzmangel könne es zur gefährlichen Entwässerung, zu Blutdruckabfall, zu einer Veränderung des Wasserhaushalts und schließlich zu Kreislauf-Zusammenbrüchen kommen. Personen mit Herzerkrankungen sollten zudem niemals fasten, weil dabei auch der Herzmuskel abgebaut wird.
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Bei Sportlern macht hungern besonders wenig Sinn
Vor allem Sportler sollten nicht fasten, denn sie verbrauchen viele Kalorien, verlieren beim Schwitzen viel Salz und benötigen ausreichend viel Eiweiß für ihre Muskeln. Was viele Menschen beim Fasten nicht bedenken, ist der starke Abbau der Muskulatur, denn der Körper greift meist zuletzt auf seine Fettreserven zu. „Für Footballer ist es völlig unsinnig, da Sportler natürlich Muskeln benötigen. Sinnvoller wäre ein sogenanntes proteinmodifiziertes Fasten, also geringe Nahrungsaufnahme mit etwas Protein, Kohlenhydraten und essenziellen Nahrungsbestandteilen bei rund 800 Kilokalorien pro Tag“, rät der Ernährungsexperte.
Das Letzte, was man sich wünscht, ist ein Muskelabbau. Denn Muskeln verliert man schnell, sie wieder aufzubauen, ist meist ein langwieriger Prozess. Außerdem hat das Langzeitfasten einen weiteren Nachteil: Der Körper verlangsamt dauerhaft seinen Stoffwechsel, um nicht zu verhungern. „Wer hinterher anfängt, normal zu essen, der nimmt dann sofort wieder zu – vor allem Körperfett, um neue Reserven anzulegen“, sagt der Ernährungsexperte Sven-David-Müller. Außerdem lerne man beim Fasten nicht, gesund zu essen. Deswegen sei es viel besser, anstatt radikal zu fasten und seinen Körper zu gefährden, die Ernährung langfristig auf gesunde Lebensmittel und Gewohnheiten umzustellen.
Studie rät davon ab, länger als 8 Tage zu fasten
In einer kleinen Studie aus dem Jahr 2021 wurden zwölf gesunde Männer mittleren Alters bei einer Fasten-Kur beobachtet. Acht Tage lang durften sie lediglich Mineralwasser trinken. Vor und nach der Fastenzeit wurden ihre Blut- und Urinwerte bestimmt.
Nach der achttägigen Fastenkur zeigte die Probanden eine Verringerung ihres Stresslevels, eine Gewichtsabnahme und eine Veränderung der Körperzusammensetzung. Doch es gab auch gesundheitlich gefährliche Effekte: Dazu gehörten eine Entwässerung des Körpers (Dehydrierung), ein sehr niedriger Blutzuckerspiegel (Hypoglykämie), eine erhöhte Ketogenese und ein Anstieg der Säurebildung im Blut. Zuden zeigten die Probanden Salzmangel (niedriger Natriumspiegel im Blut) sowie einen hohen Harnsäurespiegel (Hyperurikämie). Obwohl es den Probanden nach acht Tagen des Fastens gesundheitlich gut ging, raten die Forscher davon ab, länger zu hungern. Denn die negativen Auswirkungen auf den Körper würden langfristig überwiegen. Und so ist das Abnehmen nur mit Wasser definitiv gefährlich und nicht zum Nachahmen empfehlenswert.
Zudem wurde die Studie nur an gesunden Männern mittleren Alters durchgeführt. Die Nebenwirkungen des Fastens könnten bei anderen Personengruppen wie fettleibigen Menschen gravierender ausfallen, gibt Professor PhDr. Sven-David Müller zu bedenken.
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Quellen
- 1. Ogłodek E., Pilis Prof. W. (2021). Is Water-Only Fasting Safe? Global Advances in Health and Medicine.