22. Dezember 2023, 4:26 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Ab 2024 werden die Rezepte in Papierform vollends generalüberholt: E-Rezepte ersetzen das bisherige Prozedere. Die elektronische Variante soll nicht nur den physischen Zettel ablösen, sondern das Konzept der Ausstellung und der Einlösung erleichtern. Ganz ohne Hürden kommt die Neuerung jedoch nicht daher – die BOOK-Redaktion gibt eine Einschätzung zur Verwendung des E-Rezepts ab.
Die elektronische Version der ärztlichen Verschreibung ist nicht komplett unbekannt. Seit dem 23. Juli sind elektronische Rezepte bereits im Umlauf – wenn auch noch nicht ganz so verbreitet. Für einige wird es daher ab Neujahr eine Premiere sein, die Medikamente in der Apotheke per E-Rezept auf der elektronischen Gesundheitskarte oder der App zu erhalten.1 Einige BOOK-Redakteure konnten sich bereits mit dem Verfahren vertraut machen und teilen ihre Sichtweise auf das E-Rezept.
Übersicht
Komplette Digitalisierung: Eindrücke aus der Redaktion
Sobald eine neue elektronische Gesundheitskarte sowie die zugehörige PIN vorliegen und die App eingerichtet ist, steht dem zeitsparenden und umweltfreundlichen E-Rezept nichts mehr im Wege – so in der Theorie. Allerdings birgt das System auch einige Hürden.
Technische Voraussetzungen und Know-how
Beim Thema E-Rezept stellt sich MyHOMEBOOK-Redakteurin Franka Kruse-Gering vor allem eine Frage: Wie kommen die Personen damit klar, die digital nicht so aufgeschlossen sind und vielleicht sogar keinen Zugang zur Technik haben? Dabei hat sie eine bestimmte Altersgruppe im Blick: „Ältere Menschen werden das vermutlich nicht verstehen.“ Vorerst können Ärzte den Code, den man eigentlich auf seiner E-Rezept-App erhält, noch ausdrucken. Allerdings wird absichtlich eine Verschreibung in der ursprünglichen Form nicht mehr ausgestellt, damit alle Schritt für Schritt an die vollständige Digitalisierung herangeführt werden.
Aber nicht nur bei Patienten im Seniorenalter sieht Franka eine Lücke, sondern auch bei Ärzten, die sich mit dem digitalen Gesundheitssystem auseinandersetzen müssen. „Ältere Ärzte werden wahrscheinlich nur schwer mit den neuen Programmen klarkommen.“ So überfordere es ihre Ärztin bereits, eine Krankschreibung digital zu übermitteln.
Effiziente Regelung
Für diejenigen, bei denen die technischen Voraussetzungen gegeben sind, dürfte das E-Rezept keine so große Hürde darstellen und sogar einige Vorteile bieten. „Meine Hausärztin setzt das E-Rezept schon seit Anfang 2023 um. Ich empfinde es als äußerst praktisch, da ich auch einfach eine E-Mail an die Praxis senden kann und nicht immer zum Arzt gehen muss, wenn ich Medikamente für meine chronische Erkrankung brauche“, teilt PETBOOK-Redakteurin Louisa Stöffler ihre Erfahrung. Innerhalb von wenigen Minuten erhält sie einen Code per E-Rezept-App und kann diesen sofort in einer Apotheke oder einem Online-Shop einlösen. „Es ist einfach gut, dass endlich mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen Einzug hält“, resümiert sie.
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Allgemeine Bedeutung des E-Rezepts für den Patienten
In puncto Zeitsparen und Flexibilität ist das elektronische Rezept demnach dem ursprünglichen weit überlegen. Aber auch anderweitig kann es einiges erleichtern.
Weitere Vorteile für Privatpersonen
Das E-Rezept sorgt für mehr Bequemlichkeit. Denn nach dessen Erhalt kann sofort per App bei beliebigen Apotheken angefragt werden, ob das benötigte Medikament vorrätig ist.2 Auch eine Rezeptnachbestellung kann schneller abgewickelt werden.
Im Falle, dass man zu pflegende Personen betreut oder Kinder hat, ist die digitale Version ebenfalls von Vorteil. Mithilfe der E-Rezept-App können die ärztlichen Medikamentempfehlungen verwaltet und im Blick behalten werden.
Auch die Fehlerhaftigkeit nimmt zum Vorteil des Patienten ab. Wenn der Arzt vergessen hat, auf dem Rezept zu unterschreiben, konnten die Medikamente bisher nicht ausgehändigt werden. Damit musste ich, FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle, in der Vergangenheit bereits eine ärgerliche Erfahrung machen: Es ist vor allem anstrengend, sich im kranken Zustand erneut auf den Weg in die Praxis zu machen, um sich die Unterschrift abzuholen. Dieses Risiko fällt bei der digitalen Variante jetzt dagegen komplett weg.
Störfaktoren beim E-Rezept
Dennoch kann das elektronische Rezept bisher noch nicht komplett überzeugen: In Bezug auf den Datenschutz hinkt die elektronische Verschreibung hinterher. Durch die digitale Erfassung rückt man weiter in Richtung des gläsernen Menschen. Darunter versteht man sowohl die freiwillige als auch unfreiwillige Preisgabe von Daten einer Einzelperson.
Auch die Transparenz ist ein Nachteil. Dadurch, dass nur noch ein Code ausgegeben wird, ist das Rezept für den Laien nicht mehr einsehbar. Vor allem für Personen wie mich, die sich nach Erhalt des Rezepts erst einmal mit den Wirkstoffen des verschriebenen Rezepts auseinandersetzen und eventuell Alternativen suchen möchten, liegt die neue Form klar im Nachteil.
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Auswirkung des E-Rezepts für Apotheken und Ärzte
Aber nicht nur für Patienten ändert sich die Handhabung, sondern auch für Apotheken und Ärzte. Auch sie mussten die nötigen technischen Voraussetzungen schaffen und sich im digitalen Gesundheitssystem zurechtfinden.
Mehr Verlässlichkeit
Wie auch die Patienten profitieren Ärzte und Apotheken von der Schnelligkeit eines elektronischen Rezepts. So ist dieses beispielsweise schneller aktualisiert und ausgestellt, was unter anderem die Arztpraxen in Bezug auf volle Wartezimmer entlastet.
Mit einem E-Rezept ist zudem dafür gesorgt, dass keine Kommunikationsprobleme zwischen dem Arzt und der Apotheke aufkommen. Handschriftliche und dadurch schlecht lesbare Verschreibungen gehören der Vergangenheit an. Auch maschinelle Fehler, mangelnde Druckqualität oder falsche Interpretationen schafft die digitale Version aus der Welt.
Mehr Kosten und Arbeitsaufwand
Das E-Rezept setzt allerdings technische Standards voraus, die entweder mit hohen Kosten verbunden oder schlichtweg nicht vorhanden sind. Laut einer Pressemitteilung der Bundesnetzagentur gibt es in 0,31 Prozent der Flächen in Deutschland kein Netz.3 Damit der Arzt überhaupt etwas verschreiben und man sich sein Medikament in der Apotheke abholen kann, ist bei allen eine stabile Internetverbindung zwingend notwendig.
Falls die Internetverbindung mal ausfallen sollte, muss auf die alte Methode zurückgegriffen werden. Deshalb pflegen Ärzte und Apotheken erst einmal weiterhin ihr herkömmliches System und führen ihre Zettelpolitik parallel weiter.
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Fazit
Wenn die technischen Standards und Anforderungen gegeben sind, ist das E-Rezept für die meisten Patienten eine sehr effiziente Alternative zu der Papierform und verspricht einige bedeutende Vorteile. Medikamente können schneller verschrieben und besorgt werden, der lästige sowie teilweise anstrengende Fahrtweg bei Krankheit fällt weg. Ob die Theorie allerdings auch so in der Praxis funktioniert, ist erst einmal noch dahingestellt. Schließlich ist das System beim Ausfall der technischen Voraussetzungen nicht funktionsfähig. Auch die Anwendung des E-Rezepts ist nicht für jeden Patienten machbar und auch für Ärzte sowie Apotheken bedeutet das Konzept mehr Aufwand.