23. Februar 2024, 11:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Vitamine sind organische Verbindungen, die wichtig für den Körper sind. So sind sie an jeglichen Stoffwechselprozessen beteiligt, stärken das Immunsystem und spielen eine große Rolle bei der Blutbildung. Wer deshalb Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, sollte jedoch Vorsicht walten, denn viel hilft nicht immer viel. Eine Studie deckte auf, dass ein Vitamin-B3-Überschuss Herz-Kreislauf-Erkrankungen hervorrufen kann.
Vitamin B3 ist auch unter dem Namen Niacin bekannt. Früher setzte man es bei einem erhöhten Cholesterinspiegel zur Bekämpfung des „schlechten“ LDL-Cholesterins ein. Jedoch wurde es von anderen Medikamenten abgelöst, die sich als wirksamer herausstellten. Zudem stellten Studien negative Auswirkungen und höhere Sterblichkeitsraten durch Niacin fest.1 Eine aktuelle Forschung erweiterte nun die Liste der Folgen eines Vitamin-B3-Überschusses um Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Übersicht
Was ist Niacin?
Das Vitamin der B-Gruppe ist an vielen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt: Es unterstützt die Enzyme, ist am Auf- und Abbau von Nährstoffen beteiligt und trägt zum Erhalt der Funktion des Nervensystems bei.2 Auch spielt es beim Energiestoffwechsel eine wesentliche Rolle. Zwar kann der Körper Niacin selbst bilden, jedoch muss ein Teil auch über die Nahrung aufgenommen werden, um den täglichen Bedarf zu decken.
Doch wo ist das Vitamin B3 überall enthalten? Es kommt in vielen Lebensmitteln vor, allerdings kann es aus tierischen Quellen besser verarbeitet werden als aus pflanzlichen.3 Viel Niacin steckt in:
- Innereien, v.a. Leber
- Fisch wie Thunfisch oder Seelachs
- Fleisch, z.B. mageres Rind-, Kalb- und Schweinefleisch
- Hülsenfrüchte
- Pilze, besonders in Austernpilzen
- Getreideprodukte
Studie untersucht Abbauprodukte von Niacin in Blutproben
Ein Forscher-Team der Cleveland Clinic in den USA sammelte über einen längeren Zeitraum Blutproben, um darin chemische Signaturen zu finden, die auf mögliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen und den Tod hinweisen können.4 Dazu bildete man eine Hauptkohorte, die aus insgesamt 1162, überwiegend männlichen, Personen bestand. Bei der Selektion der Studienteilnehmer war es von Bedeutung, dass sie stabile Herzpatienten waren. Mittels der Blutproben führte man eine sogenannte Metabolomanalyse des Nüchternplasmas durch, um die charakteristischen Stoffwechseleigenschaften zu bestimmen. Anschließend wandte man dieses Vorgehen bei einer weiteren US-Kohorte mit insgesamt 2331 Teilnehmern und einer europäischen Kohorte mit 832 Personen an.
Zudem führte man weitere Versuche an Mäusen durch, indem man diese mit physiologischen Mengen von 4PY, einem Abbauprodukt von überschüssigem Niacin, behandelte. Durch die Untersuchung der Gen-Expression konnte man dann einen Zusammenhang zwischen einem Vitamin-B3-Überschuss und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkennen.
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Endabbauprodukte von Niacin begünstigen Krankheiten
Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass der Niacin-Stoffwechsel in der Hauptkohorte das Auftreten von schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen – auch unter der Abkürzung MACE bekannt – begünstigen kann. „Es wurde die Verbindung 4PY identifiziert, die mit zukünftigen kardialen Ereignissen in Verbindung steht“, erklärte Studienleiter Dr. Hazen in einem Bericht von Medical News Today. Die Serumspiegel der terminalen Metaboliten von überschüssigem Niacin 4PY und 2PY asoziierte man auch in den beiden Validierungskohorten mit einem erhöhten 3-Jahres-MACE-Risiko. Jede vierte Person wies einen Vitamin-B3-Überschuss auf, was hohe 4PY-Werte und ein erhöhtes MACE-Risiko zur Folge hat.
Die präklinische Studie mit den Labormäusen ergab, dass das induzierte 4PY, nicht aber das 2PY, die Gen-Expression dahingehend beeinflusste, dass diese ebenfalls chemische Signaturen aufwiesen, die für ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sprechen. „Wir haben dann präklinische Studien (Tiermodelle) und zellbasierte Studien durchgeführt, die alle zeigten, dass diese Substanz zur Gefäßentzündung beiträgt. Es stellte sich heraus, dass 4PY ein Abbauprodukt von überschüssigem Niacin ist“, resümiert Dr. Hazen.
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Einordnung der Studie
Insgesamt zeigt die Studie, dass die Endabbauprodukte von überschüssigem Niacin, 2PY und 4PY, in Verbindung mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen. Die Untersuchungen legen den Verdacht nahe, dass dieser Zusammenhang einem entzündungsabhängigen Mechanismus unterliegt.
Damit sind die Zusammenhänge und Kausalitäten allerdings noch nicht eindeutig geklärt. Es bedürfe wohl weiterer Studien, um einen Vitamin-B3-Überschuss tatsächlich als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen definieren zu können. Dessen ist sich auch Dr. Hazen bewusst: „Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer Ansätze, um den Auswirkungen dieses Stoffwechsels entgegenzuwirken.“5
Da man in einigen Ländern wie den USA manche Grundnahrungsmittel mit Niacin anreichert, sollten diese und weitere Studien einen Anreiz liefern, derartige Vorgaben noch einmal zu überdenken. Allerdings sollte man anhand dessen nicht die Aufnahme von Vitamin B3 komplett vermeiden, da man den täglichen Bedarf immer noch abdecken sollte.