31. August 2024, 17:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Behandlungsfehler in Arztpraxen und Krankenhäusern können Ursache für gesundheitliche Schäden sein. Wer den Verdacht hegt, dass es zu einem Fehler gekommen ist, hat verschiedene rechtliche Möglichkeiten.
Trotz eindeutiger Hinweise hat der Arzt eine Diagnose nicht gestellt? Unnötige Schmerzen oder ein schlimmer werdender Verlauf der Erkrankung waren die Folge? Das sind klassische Beispiele für einen Behandlungsfehler. Wenn Ärzte einen Fehler machen, haben Patienten oft Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu im Überblick.
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Übersicht
Was genau sind Behandlungsfehler?
Fehlerquellen gibt es viele – nicht nur bei der Therapie oder einer Operation. Auch bei einem Beratungs- oder Aufklärungsgespräch kann etwas schiefgehen, eine Diagnose kann falsch gestellt oder Hygienestandards können verletzt werden. Und natürlich können statt Ärzten auch Pfleger oder Hebammen beispielsweise einen Fehler machen. Behandlungsfehler sind sehr vielfältig und können in verschiedenen Arten und Varianten vorkommen. Nachfolgend erfahren Sie, was Sie im „Worst-Case“-Szenario tun können.
Was mache ich, wenn ich den Verdacht habe, dass ein Fehler passiert ist?
Das Wichtigste ist, nicht zu lange abzuwarten. Denn in der Regel verjähren nach drei Jahren die Ansprüche. Es empfiehlt sich daher zunächst ein Gespräch mit dem Arzt. Vielleicht lassen sich Missverständnisse oder Fragen dann direkt klären. Bei der Gelegenheit können Patienten auch Einsicht in ihre Patientenakte verlangen. Den darf der Arzt nämlich nur in Ausnahmefällen verwehren. Die Krankenkasse prüft die Unterlagen und fordert von der Klinik oder der Arztpraxis unter Umständen weitere an. Sieht auch die Kasse einen begründeten Verdacht auf einen Behandlungsfehler, kann sie den Medizinischen Dienst beauftragen, ein Gutachten anzufertigen. Dafür müssen Versicherte nichts zahlen.
Auch eine zweite Meinung schadet keinesfalls. Ein anderer Arzt kann eine unabhängige Einschätzung geben, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und wie dieser das Behandlungsergebnis beeinflusst haben könnte.
Ebenfalls ist es wichtig zu beachten: Geht es um Behandlungsfehler, liegt die Beweislast bei den Patienten. Sie müssen nicht nur beweisen können, dass dem behandelnden Arzt ein Fehler unterlaufen ist. Sondern auch, dass sie einen Gesundheitsschaden erlitten haben – und, dass der durch den Fehler verursacht wurde.
Das Gespräch hat nichts gebracht, aber der Verdacht erhärtet sich – was nun?
Bei solchen Fällen sollten Patienten sich Unterstützung holen. Ansprechpartner dafür ist in der Regel die Krankenkasse. Alternativ können sich Betroffene zum Beispiel an die unabhängige Patientenberatung oder an Selbsthilfe-Organisationen wenden. Krankenhäuser haben oft auch eigene Beschwerdestellen für Patienten.
Die Krankenkasse prüft die Vollständigkeit und Plausibilität der eingereichten Informationen. Zusätzlich kann sie auf weitere bereits vorhandene Daten zum Behandlungsverlauf zugreifen, die Hinweise auf mögliche Behandlungsfehler geben könnten.
Die Krankenkasse kann bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler ein Gutachten in Auftrag geben. Stellt der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) tatsächlich einen Fehler fest, können Patienten vor Gericht ziehen. Alternativ haben Ärzte- und Zahnärztekammern oft eigene Gutachter und Schlichtungsstellen. Die Teilnahme an den entsprechenden Verfahren ist für Patienten meistens kostenlos.
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Landesärztekammer ebenfalls eine Anlaufstelle
Es gibt noch einen anderen Weg, dem Verdacht auf einen Behandlungsfehler nachzugehen: über die Landesärztekammern, die dafür Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eingerichtet haben.
Um dort ein Verfahren zu eröffnen, muss man einen Antrag stellen. Die jeweiligen Landesärztekammern bieten dafür Formulare. Auch hier gilt: Das Verfahren ist kostenlos. Am Ende steht auch hier eine Stellungnahme, ob nach ärztlicher und juristischer Bewertung ein Behandlungsfehler vorliegt. Wer von Behandlungsfehlern betroffen ist, kann sich ebenfalls bei der Verbraucherzentrale und dem Bundesgesundheitsministerium zusätzliche Tipps einholen.
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So viele Behandlungsfehler gab es 2023
Die Zahl der Behandlungsfehlergutachten ist seit einigen Jahren rückläufig. Laut dem MD-Bund (Medizinischer Dienst-Bund) wurden im Jahr 2023 rund 12.400 Fälle gemeldet. Ein Jahr zuvor waren es knapp über 13.000. Schaut noch weiter zurück, waren es im Jahr 2016 sogar gemeldete 15.100 Behandlungsfehlergutachten. Es handelt sich bei den Zahlen hierbei um Behandlungsfehlergutachten der Medizinischen Dienste.
Von den im Jahr 2023 gemeldeten 12.400 Behandlungsfehlergutachten wurden bei 74,6 Prozent keine Behandlungsfehler festgestellt. Bei 25,4 Prozent lag ein Behandlungsfehler mit Schaden vor und bei 21,5 Prozent war der Behandlungsfehler sogar die Ursache des Schadens.
*Mit Material der dpa