27. Januar 2025, 20:41 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Neurodermitis ist eine Krankheit zum „Aus-der Haut-Fahren“! Die Hauterkrankung ist eine der häufigsten Krankheiten unter Kindern: Etwa jedes zehnte Kind in Deutschland ist betroffen. Neurodermitis ist nicht ansteckend, aber trotzdem eine große Belastung für Kinder und Eltern. Wie genau Neurodermitis entsteht, welche Symptome typisch sind und wie der Alltag erleichtert werden kann, erklärt FITBOOK.
Neurodermitis wird auch „atopisches Ekzem“ oder „atopische Dermatitis“ genannt. Schon Babys können Neurodermitis bekommen. Am häufigsten erkranken 3- bis 6-Jährige.1 Die chronisch-entzündliche Hauterkrankung verläuft in Schüben und ist vor allem wegen ihres quälenden Juckreizes gefürchtet.2,3 Alles zu Neurodermitis bei Kindern lesen Sie im Folgenden.
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Übersicht
- Was ist Neurodermitis?
- Was sind die Ursachen für Neurodermitis?
- Was sind Symptome von Neurodermitis bei Kindern?
- Wie wird Neurodermitis diagnostiziert?
- Wann sollte man mit Neurodermitis zum Arzt/zur Ärztin?
- Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, wenn ein Kind Neurodermitis hat?
- Wie kann ich einen Neurodermitis-Schub verhindern?
- Geht Neurodermitis irgendwann wieder weg?
- Quellen
Was ist Neurodermitis?
Neurodermitis ist keine einfache Hauttrockenheit. Es handelt sich um eine komplexe chronische Erkrankung, bei der die schützende Hautbarriere nicht richtig funktioniert. Normalerweise bildet die Haut eine Art Schutzschild gegen äußere Reize, Krankheitserreger und das Austrocknen. Bei Kindern mit Neurodermitis ist dieser Schutz gestört: Die Haut verliert mehr Feuchtigkeit, wird empfindlicher und entzündet sich leichter. Das Ergebnis ist trockene, gerötete und schuppige Haut, die ständig gnadenlos juckt.4
Was sind die Ursachen für Neurodermitis?
Neurodermitis ist zum Teil erblich bedingt: Oft tritt Neurodermitis in Familien mit allergischen Erkrankungen auf.5 Die Hauterkrankung galt deshalb als erste Erkrankung des sogenannten „atopischen Marsches“: Man nahm an, dass Neurodermitis der Beginn einer ganzen Kette von Erkrankungen ist, die oft in der frühen Kindheit beginnt. Dann legt man sozusagen eine „Allergiker-Karriere“ hin – immer mehr Krankheiten folgen: Heuschnupfen, Lebensmittelallergien, Asthma.6 Mittlerweile weiß man aber, dass das nicht stimmt. All diese Leiden haben ein bestimmtes Entzündungsgeschehen gemein, aber sie treten nicht in einer bestimmten Reihenfolge auf. Dennoch: Mehr als ein Drittel der Menschen mit Neurodermitis haben gleichzeitig Nahrungsmittelallergien. Später entwickeln viele Betroffene oft allergische Erkrankungen der Atemwege, wie Heuschnupfen oder Asthma. Heute spricht man deshalb vom „atopischen Formenkreis“. Atopie bezeichnet die angeborene Neigung des Körpers, auf bestimmte Stoffe überempfindlich zu reagieren und Allergien zu entwickeln.
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Begünstigt wird ein Neurodermitis-Ausbruch jedoch auch von Umweltfaktoren: Schadstoffe wie Feinstaub oder Stickoxide reizen die Haut und können Entzündungen fördern. Schimmel in Innenräumen oder eine hohe Luftfeuchtigkeit wirken sich negativ auf die Haut aus. Auch die Ernährung spielt eine Rolle. Mangelernährung oder der Verzicht auf wichtige Nährstoffe kann die Hautgesundheit beeinträchtigen. Und sogar der Klimawandel zeigt Auswirkungen auf unserer Haut: Temperaturschwankungen und eine veränderte Luftfeuchtigkeit schwächen die Hautbarriere und machen die Haut anfälliger für Irritationen und Infektionen.7
Was sind Symptome von Neurodermitis bei Kindern?
Das zentrale Zeichen der Neurodermitis ist der quälende Juckreiz an den betroffenen Stellen. Man möchte am liebsten seine Haut ausziehen, so schrecklich ist es! Deshalb kommt es oft zum sogenannten „Juck-Kratz-Teufelskreis“. Der Juckreiz verleitet zum Kratzen, wodurch die Haut noch mehr gereizt wird. Das führt zu mehr Juckreiz – ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist. Gleichzeitig können offene Stellen ein Einfallstor für Bakterien und Keime sein, was die Entzündung zusätzlich verschlimmert.
Wie die juckenden Stellen aussehen, ist je nach Alter des Kindes unterschiedlich:
- Säuglinge: Hier zeigt sich Neurodermitis oft als gerötete und schuppige Haut, besonders an den Wangen, der Stirn oder der Kopfhaut. Auch die Streckseiten der Arme und Beine können betroffen sein. Die Haut ist gerötet, nässt oft und bildet Krusten. Der Juckreiz führt oft zu Unruhe und Schlafproblemen.
- Kleinkinder: Bei älteren Kindern treten die Hautveränderungen häufig an Ellenbogen, Knien oder Handgelenken auf. Die Haut wirkt trocken, rissig und fühlt sich rau an. Oft entstehen rötliche Ränder mit weißen Flecken auf der Innenseite.
- Schulkinder und Jugendliche: Jetzt kann es bei beständigem Kratzen zu einer Verdickung der Haut kommen. Besonders betroffen sind Hände, Nacken und Kniekehlen.
Auch sind bei Kindern Hautveränderungen häufiger, bei denen Flüssigkeit (z. B. Serum, Blut oder Eiter) austritt oder faltige, schuppige Haut unter den Augen.8
Wie wird Neurodermitis diagnostiziert?
Die Diagnose Neurodermitis stellt in der Regel der Kinderarzt oder Hautarzt anhand der typischen Hautveränderungen. Es gibt keinen einzelnen Test, der Neurodermitis eindeutig nachweist. Deswegen stützt sich die Diagnose auf mehrere Faktoren:
- Das Hautbild: Rötungen, Trockenheit und die Verteilung der betroffenen Hautstellen. Typisch ist auch, dass die Haut nach dem Kratzen weiß wird. Gesunde Haut rötet sich, wenn man kratzt.
- Die Anamnese: Dabei wird beispielsweise gefragt, ob es in der Familie Allergien gibt, ob das Kind unter Heuschnupfen leidet oder ob die Hautschuppungen schon öfter aufgetreten sind.9
- Allergietests: Pricktests oder Blutuntersuchungen können helfen, mögliche Auslöser wie Hausstaub oder bestimmte Duftstoffe zu identifizieren.10
Zusätzlich wird bei Verdacht auf eine Infektion häufig ein Abstrich der Haut gemacht, um festzustellen, ob Bakterien oder Pilze eine Rolle spielen. Diese Zusatzinformationen können die Therapie optimieren. Außerdem soll so sichergestellt werden, dass es sich nicht um eine andere Hauterkrankung, wie Schuppenflechte oder eine Kontaktallergie (z. B. mit Nickel oder verschiedenen Duftstoffen) handelt.
Wann sollte man mit Neurodermitis zum Arzt/zur Ärztin?
Ein Gang zum Hautarzt oder zur Hautärztin ist zu empfehlen, wenn die Symptome sehr stark ausgeprägt sind oder sich sichtbare Verschlechterungen zeigen: Wenn die Haut entzündet, nässend oder mit gelblichen Krusten bedeckt ist, deutet dies oft auf eine Infektion hin, die ärztlich behandelt werden muss. Auch Fieber in Kombination mit Hautveränderungen ist ein Warnsignal. Anhaltender, quälender Juckreiz, der das Kind am Schlafen hindert oder seinen Alltag stark beeinträchtigt, sollte ebenfalls nicht ignoriert werden.
Manchmal können bereits eingeleitete Therapien nicht den gewünschten Erfolg bringen – beispielsweise, wenn die Haut weiterhin stark gerötet oder rissig bleibt. In solchen Fällen ist es ratsam, die Behandlung gemeinsam mit dem Arzt anzupassen. Ein Arztbesuch ist auch sinnvoll, wenn Neurodermitis bei Kindern mit anderen gesundheitlichen Problemen wie Asthma oder Allergien einhergeht, um eine ganzheitliche Betreuung sicherzustellen. Auch psychologische Betreuung kann in manchen Fällen hilfreich sein, um besser mit der Erkrankung klarzukommen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, wenn ein Kind Neurodermitis hat?
Bei Neurodermitis bei Kindern ist Geduld gefragt. Manche Expertinnen und Experten raten dazu, ein Symptomtagebuch zu führen, um den Dingen auf die Spur zu kommen, die die Krankheit verschlimmern oder eben besser abklingen lassen. Andere hingegen sehen das kritisch, denn alleine schon die Beschäftigung mit der Erkrankung kann sie schlimmer machen.
Wichtig ist in jedem Fall: Nicht kratzen! Auch wenn es schwerfällt. Kratzen macht alles nur schlimmer. Kalte Umschläge oder Kühlsalben können helfen, notfalls auch nachts Leggings oder langärmlige Shirts anziehen, wenn im Schlag gekratzt wird. Um das Kratzen zu verhindern, können auch kurze Fingernägel helfen. Für kleine Kinder gibt es spezielle Kratzschutzanzüge, ältere Kinder können es mit Baumwollhandschuhen probieren (kauft man in der Regel zum Besteck-Polieren – können aber gut zweckentfremdet werden). Auch Ablenkung spielt eine wichtige Rolle: Beschäftigungen wie Malen, Basteln oder Geschichten hören können helfen, das Jucken eine zeitlang zu vergessen.
Hautpflege
Zur Neurodermitis-Basistherapie gehört die regelmäßige, richtige Hautpflege: Feuchtigkeitscremes, die Urea (Harnstoff) oder Glycerin enthalten, helfen der Haut, Feuchtigkeit zu speichern. Auch rückfettende Cremes oder Salben können die geschwächte Hautbarriere unterstützen. Für Babys eignen sich zudem spezielle Fettsalben, die die Haut vor dem Austrocknen schützen. Aber Vorsicht: Diese Cremes sollten keine reizenden Duftstoffe enthalten.
Dazu gibt es verschiedene Medikamente, die helfen können: Kortisonhaltige Cremes werden oft verschrieben, um die Haut vor allem im Anfangsstadium eines Neurodermitis-Schubs zu beruhigen. Sie sind wirksam und sicher, wenn sie richtig angewendet werden. Bei längerem Einsatz jedoch dünnen sie die Haut aus und machen die Symptome bei einem Rückfall in der Regel schlimmer. Deswegen immer nur kleine Mengen nehmen und dünn auftragen. Als Alternative kommen sogenannte Calcineurin-Inhibitoren zum Einsatz. Diese Medikamente reduzieren gezielt die Entzündungsreaktion der Haut und eignen sich besonders für empfindliche Bereiche wie das Gesicht. Sie enthalten keine Kortisonverbindungen und sind daher auch für eine längerfristige Anwendung geeignet.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten bei schwerem Verlauf
Bei schwerer Neurodermitis reicht die äußerliche Behandlung oft nicht aus. Hier kommen sogenannte systemische Therapien ins Spiel – also Tabletten und Injektionen. Es gibt verschiedene Arzneimittel, die auch für Kinder zugelassen sind, die den „Vollgas-Modus“ des Immunsystem herunterfahren können.11 Allerdings dürfen sie nur in wirklich schweren Fällen und für kurze Zeit (etwa eine Woche lang) eingesetzt werden.
Spezielle UV-Bestrahlungen können bei älteren Kindern die Entzündung mindern. Üblicherweise erfolgt die Bestrahlung zwei- bis sechsmal pro Woche über einen Zeitraum von vier Wochen bis drei Monaten. Die Sitzungsdauer beginnt meist mit weniger als einer Minute und kann auf mehrere Minuten gesteigert werden. Studien zeigen, dass die Lichttherapie Entzündungen wirksam lindern und Juckreiz reduzieren kann. Sie ermöglicht eine vorübergehende Abheilung der Haut, jedoch keine dauerhafte Heilung der Neurodermitis. Dazu: Diese Methode sollte nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen: Die Strahlendosis wird dem individuellen Hauttyp angepasst und schrittweise erhöht, um die Haut an die Strahlung zu gewöhnen. Und: Die medizinischen Licht-Kabinen sind nicht mit einem „normalen“ Solarium zu verwechseln, das bringt nichts!12
Wie kann ich einen Neurodermitis-Schub verhindern?
Wie es zu einem Neurodermitis-Schub kommt, ist noch nicht abschließend geklärt, womöglich auch, weil die Ursachen sehr individuell sein können. Ein Tagebuch über die verwendeten Hautpflegeprodukte, Schlaf und betroffene Hautpartien kann Anhaltspunkte liefern, was geht und was nicht. Nur nicht zu sehr in das Leid reinsteigern – Neurodermitis hat eine stark psychische Komponente.13 Also ist eher Verwöhnen und Entspannen angesagt als zu viel Gehirnkarussell.
Um einem Schub vorzubeugen, ist regelmäßige Hautpflege wichtig. Tägliche Bäder mit lauwarmem Wasser (nicht heiß!) können helfen, Reizstoffe, Schmutz und Bakterien von der Haut zu entfernen. Ein paar Spritzer Öl im Wasser verhindern, dass die Haut austrocknet. Nach dem Baden sollte die Haut vorsichtig abgetupft und sofort eingecremt werden. Rückfettende Cremes sind nicht nur bei Schüben eine Hilfe, sie können auch die Barriere der empfindlichen Haut an oft betroffenen Stellen in unauffälligen Phasen aufrecht erhalten.
Bei der Wahl der Klamotten sollte man eher Baumwolle, Seide oder Leinen bevorzugen als Wolle oder Synthetik. Weiches Baumwolljersey oder Bettwäsche aus Baumwoll-Mako-Satin sind wahre Hautschmeichler! Dunkle Kleidung sollte vermieden werden, da sie häufig chemische Farbstoffe enthält, die irritierend wirken können. Dazu sollten die Klamotten nicht zu eng sein oder scheuern, damit die Haut nicht gereizt wird. Die oft angebotene Neurodermitis-Spezialkleidung mit antibakteriellen Zusätzen oder Silberfäden brachte in einer Studie keine Verbesserung der Symptome.14 Zwar können auch verschiedene Materialien, die vor allem bei Sportbekleidung verwendet werden, gut vertragen werden (vor allem wenn sie leicht und luftig sind), aber auf besondere Werbeversprechen an Neurodermitis-Patienten sollte man wohl besser nicht vertrauen – sie überstehen buchstäblich nicht mal den ersten Gang in der Waschmaschine.15

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Geht Neurodermitis irgendwann wieder weg?
Neurodermitis ist nicht heilbar. Aber: Viele Kinder „wachsen“ tatsächlich aus der Neurodermitis heraus, besonders wenn sie im frühen Kindesalter beginnt. Dennoch bleibt bei einem Teil der Betroffenen die Haut empfindlich: Fast jedes dritte betroffene Kind leidet auch im Erwachsenenalter zeitweise unter einem Ekzem. Dann lautet das Credo: Haut gut pflegen und bekannte Trigger vermeiden, die die Schübe ausgelöst haben könnten. Und, um es nochmal zu sagen: Bitte nicht kratzen, das macht alles nur schlimmer.