7. Januar 2021, 16:56 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Körperfett ist wichtig, denn es hält den Körper warm und schützt die Organe. Zu viel Fett kann jedoch schädlich sein, aber nur, wenn es sich dabei um weißes handelt. Braunes Fett hat hingegen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit von Herz und Stoffwechsel. Aber was genau ist der Unterschied, und kann man selbst beeinflussen, welches Fett man ansetzt?
Lange war die Annahme der Wissenschaft: Braunes Fett kommt nur in den Körpern von Babys vor, Erwachsene setzen weißes Fett an. Mittlerweile wurde braunes Fett aber auch in Erwachsenen nachgewiesen. Eine aktuelle Studie der Rockefeller University mit mehr als 50.000 Probanden (siehe unten) hat zahlreiche positive Eigenschaften dieses Fettgewebes nachgewiesen. Grund genug, sich die beiden Fettarten genauer anzuschauen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist weißes Fett?
Hierbei handelt es sich um das Fettgewebe, das im Körper eines Erwachsenen am häufigsten vorkommt. Unter dem Mikroskop erscheinen die Zellen aufgrund einer hohen Zahl an Fetttröpfchen gelblich oder weiß, daher der Name. Diese Art von Gewebe hat zahlreiche verschiedene Funktionen. Untere anderem speichert es Energie (Speicherfett), stellt eine Wärmedämmung dar (Isolierfett) und polstert die Organe sowie Gelenke (Baufett). Außerdem produziert das Fett Hormone. Weißes Fett ist also sehr wichtig für den Körper.
Wird jedoch zu viel Fettgewebe angesetzt, auch nicht essenzielles Körperfett genannt, drohen gesundheitliche Folgen. Das können ein gestörter Hormonhaushalt, Bluthochdruck und Herzerkrankungen sein.
Wichtig zu wissen: Auch wer nicht übergewichtig ist, kann einen zu hohen Körperfettanteil haben.
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Was ist braunes Fett?
Durch seine hohe Konzentration an Mitochondrien sieht diese Art von Fett unter dem Mikroskop dunkel aus und wird daher „braunes Fett“ genannt. Im Gegensatz zu weißem Fett speichert es keine Energie, sondern verbrennt sie, um Wärme zu erzeugen und die Körpertemperatur stabil zu halten. Aus diesem Grund verfügen Säuglinge über eine große Menge an braunem Fettgewebe. Denn ihre Muskelmasse ist zu gering, um durch Muskelzittern Wärme zu erzeugen. Da Babys zudem eine sehr große Körperoberfläche im Vergleich zum Körpervolumen haben, verlieren sie sehr viel Wärme. Das braune Fett verhindert, dass sie auskühlen.
Diese Art von Fettgewebe macht bis zu fünf Prozent des Körpergewichts bei Säuglingen aus. Im Laufe der ersten Lebensjahre bildet sich das braune Fett jedoch stetig zurück. Bei Erwachsenen findet man noch kleine Reste an den Schultern, im Nacken und in weißen Fettreserven.
Die Mischform: beigefarbenes Fett
Vor einigen Jahren haben Forscher in erwachsenen Probanden einen dritten Typ gefunden: beigefarbenes Fett, eine Mischform der beiden bereits beschriebenen Arten. Dabei handelt es sich um Zellen, die wie braunes Fett eine hohe Zahl von Mitochondrien aufweisen, aber verstreut im weißen Fettgewebe vorkommen. Sie sind nicht so effektiv wie braunes Fett, wirken aber offenbar auch an der Erzeugung von Wärme mit. Es wird vermutet, dass sie durch bestimmte Hormone aktiviert werden können. Sollte sich das bestätigen, könnten sie in Zukunft vielleicht der Schlüssel sein, um Fett mit Medikamenten zu behandeln.
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Ist die Umwandlung von „bösem“ in „gutes“ Fett möglich?
Ob es möglich ist, weißes in braunes Fett umzuwandeln, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig abgeklärt. Es gibt in diese Richtung jedoch Versuche. Ein Start-up namens „Ardent Cell Technologies“ lässt entnommenes weißes Fett für mehrere Wochen in einem Bioreaktor mit Chemikalien baden und setzt es danach als umgewandeltes braunes Fett wieder in den Körper ein. Laut einer Studie von 2018 soll das durchaus funktionieren. Allerdings scheint eine marktfähige Methode, um Fett umzuwandeln, noch in weiter Ferne. Zumindest ist es um „Ardent Cell Technologies“ ruhig geworden.
„Die selbstverständliche Frage, die jeder hat, ist: ‚Was kann ich tun, um mehr braunes Fett zu bekommen?’“, fasst es Paul Cohen, beteiligt an der anfangs erwähnten Studie der Rockefeller University (New York, USA), in New Atlas zusammen. „Darauf haben wir bislang keine gute Antwort. Aber es wird ein spannendes Feld für zukünftige Forschungen werden.“ Wer das Thema im Internet nachschlägt, findet zahlreiche Beiträge, in denen Kälte als Mittel zur Aktivierung von braunem Fett angeführt wird. Ist das nur ein Gerücht oder gibt es wissenschaftliche Beweise?
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Hilft Kälte bei der Aktivierung von braunem Fett?
Prof. Dr. Florian Kiefer, Oberarzt an der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel am Allgemeinen Krankenhaus Wien forscht zu diesem Thema. „Kälte ist der stärkste physiologische Reiz, um braunes Fett zu aktivieren“, erklärt er FITBOOK. Er berichtet von Studien, in denen Probanden über mehrere Wochen täglich eine Stunde lang eine Kühlweste trugen. „Da hat man deutlich gesehen, dass hinterher mehr braunes Fettgewebe vorhanden war als zu Beginn der Studie.“ Und das nicht nur bei Teilnehmern, die bereits von Anfang an einen gewissen Anteil braunes Fett im Körper hatten. Auch bei Probanden, die zuvor nicht über braunes Fett verfügten, konnte es nach der Versuchsreihe nachgewiesen werden. „Man nennt das ‚Recruitment’“, erklärt Prof. Kiefer. „Braunes Fett lässt sich wahrscheinlich durch chronische Kälte rekrutieren.“ Das sei momentan der klinisch bestuntersuchte Mechanismus, um braunes Fett anzusprechen. Der Kältereiz führt zu einer Ausschüttung von Stresshormonen wie Noradrenalin, die wiederum das braune Fett aktivieren.
Wer jedoch im Selbstversuch sein braunes Fett aktivieren oder sogar steigern möchte, sollte einiges beachten. Es gibt beispielsweise keine allgemeingültige Richttemperatur, da die Temperaturempfindlichkeit sehr unterschiedlich ist. „Jene Temperatur, die man zwar als kühl empfindet, aber bei der man noch nicht zu zittern beginnt, ist ideal, weil sonst der Muskel und nicht das braune Fett die Wärmeproduktion übernimmt“, erklärt Kiefer. Diese liegt in zahlreichen Studien bei 14 bis 17 Grad Oberflächentemperatur.
Wichtig ist: Dabei handelt es sich nicht um die Raum- oder Außentemperatur! Kiefer nennt als Beispiel: „Wenn Sie bei 20 Grad ohne T-Shirt draußen stehen, wird Ihnen wahrscheinlich weniger kühl sein, als wenn Sie in 20 Grad kühles Wasser steigen.“ Es zählt die Temperatur direkt auf der Haut, zum Beispiel durch Wasser oder eine eng anliegende Kühlweste.
Was kann man sonst tun, um braunes Fett aufzubauen?
Laut des Mediziners kann es jedoch nicht schaden, regelmäßig kühl zu duschen, solange man dabei nicht zu zittern beginnt. Zudem kann regelmäßiger Sport bestimmte Hormone anregen, die wiederum braunes Fett ansprechen. Kiefer gibt jedoch zu bedenken: „Derzeit gibt es leider noch keine zugelassenen therapeutischen Verfahren zur Steigerung der braunen Fettgewebsaktivität in Menschen“.
So gesund ist braunes Fett laut Studie wirklich
Die Studie der Rockefeller University ist laut eigener Aussage die größte ihrer Art, die je an Menschen durchgeführt wurde. Ihr Ergebnis: Braunes Fett ist noch gesünder als bisher angenommen. Es lässt sich laut Tobias Becher, dem Hauptautor der Studie, nur durch eine Positronenemissionstomographie (PET-Scan) im Körper nachweisen. Bei dieser Untersuchung wird dem Probanden eine radioaktiv markierte Substanz gespritzt, die sich in den verschiedenen Körperregionen unterschiedlich stark anreichert und Stoffwechselvorgänge messbar macht. „Diese Scans sind teuer, aber noch wichtiger: Sie verwenden Strahlung“, gibt Becher zu bedenken. Deswegen habe man nicht gewollt, zahlreiche gesunde Personen der Strahlung auszusetzen.
Aus diesem Grund griff das Forscherteam auf die PET-Scans von mehr als 50.000 Menschen zurück, die sich der Untersuchung während einer Krebsvorsorge unterzogen hatten. Dabei achteten die Wissenschaftler darauf, die möglichen Auswirkungen verschiedener Krebsarten zu bedenken. Die Ergebnisse zeigen, wie positiv sich braunes Fett auf den Körper auswirkt. Unter den Probanden, bei denen der gesunde Fetttyp nachgewiesen werden konnte, waren zahlreiche chronische Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 deutlich seltener vertreten. Zudem scheint braunes Fett auch das Risiko auf Bluthochdruck und koronare Herzkrankheiten zu senken.
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In der Studie heißt es außerdem: „Fettleibige Probanden, deren braunes Fett seine Tätigkeit aufrechterhalten hat, scheinen einen Schutz gegen Krankheiten entwickelt zu haben, die oft mit Übergewicht in Verbindung gebracht werden.“
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Über den Experten
Prof. Dr. Florian Kiefer ist Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechsel. Er ist Oberarzt der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel am Allgemeinen Krankenhaus Wien und hat unter anderem an der Harvard University zum Thema Gewichtsreduktion geforscht.