24. Mai 2022, 4:08 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Die Beine fühlen sich schwer und müde an – dieses Gefühl kennen viele, vor allem im Sommer. Doch es gibt eine einfache Lösung: Bewegung. Luise Walther, Expertin für neurozentriertes Training, zeigt, wie das geht.
Kennen Sie das Gefühl der Schwere in den Beinen? Nicht nur im Sommer erleben Betroffene diese Situation. Leidet man dauerhaft unter müden Beinen, sollte man das ärztlich abklären lassen. Treten müde Beine nur gelegentlich auf, zum Beispiel nach sehr langem Sitzen, wie es bei langen Reisen häufig unumgänglich ist, kann man selbst aktiv werden. Unsere Expertin zeigt vier Übungen, die gegen müde Beine helfen.
Übersicht
Wie entstehen müde Beine?
Der Grund für müde Beine können überforderte Venen sein. Die Venen sind dafür verantwortlich, das zirkulierende Blut zurück zum Herzen zu pumpen. Man spricht daher auch vom Effekt der Venenpumpe, die aus zwei Mechanismen besteht: Die Muskeln, die die Venenwände umgeben, spannen sich an und lassen wieder locker – und pumpen so das Blut zurück. In den Venen befinden sich Venenklappen, die sich als zweiter Mechanismus entsprechend öffnen und schließen. Sie fungieren als Schleusen für den Blutfluss.
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Gibt es in diesem Mechanismus eine Störung, z. B. weil die Muskulatur der Venen oder die Venenklappen nur eingeschränkt funktionieren, staut sich in den Venen das sauerstoffarme Blut, das zum Herzen transportiert werden muss. Dieses Blut enthält vermehrt Kohlenmonoxid, was eigentlich ausgeatmet werden sollte. Wenn durch verminderte Venentätigkeit dieser Transportkreislauf gestört wird, lagern sich die Substanzen im Gewebe ein. Das passiert in den Beinen auch deshalb vermehrt, weil hier das Blut entgegen der Erdanziehung mit erhöhter Belastung zurückgepumpt werden muss. Es fließt aufwärts und entgegen der üblichen Flussrichtung – daher der Venenpumpmechanismus.
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Was kann man gegen müde Beine tun?
Es gibt eine einfache Lösung gegen müde Beine: Bewegung. Je mehr die Füße und Beine bewegt werden, umso mehr werden die Muskeln aktiviert und die Venentätigkeit wird gefördert. Gezielte Übungen gegen müde Beine können Abhilfe schaffen und die unterschiedlichen Beinmuskeln aktivieren und mobilisieren.
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Um gezielt die Muskulatur der Venenwände anzusprechen, kann man zusätzlich kalt duschen. Der Kältereiz lässt die Venen reflexartig anspannen. Wird dies immer wieder als Routine in den Alltag eingebunden, haben die Übungen einen noch größeren Effekt.
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4 Übungen gegen müde Beine
Bei den Übungen gilt Folgendes zu beachten:
- Gehen Sie nicht in den Schmerz oder das Unwohlsein
- Bewegen Sie sich langsam und kontrolliert
- Nutzen Sie nur den Bewegungsumfang und die Geschwindigkeit, die sich sicher und angenehm anfühlen
- Wenn möglich, führen Sie die Übungen barfuß durch
- Atmen Sie während den Übungen gleichmäßig durch die Nase ein und aus
Nervenmobilisierung
Diese Übung gegen müde Beine mobilisiert und aktiviert die Beinnerven. Ausgehend vom Rückenmark verzweigen sich die Nerven in alle Extremitäten. Durch langes Sitzen werden die Nerven und damit auch die Muskeln und Gliedmaßen oft nicht ausreichend bewegt. Führen Sie diese Übung sehr behutsam und nur in geringer Intensität aus, da die peripheren Nerven ein sehr sensibles Gewebe sind. Die Übung sollte niemals wehtun oder unangenehm sein.
- Setzen Sie sich aufrecht hin und achten Sie auf eine gerade Wirbelsäule.
- Strecken Sie Ihr rechtes Bein auf dem Boden aus, stellen Sie die Ferse auf den Boden und drücken Sie das Knie durch.
- Mobilisieren und aktivieren Sie das Bein, indem Sie sich mit geradem Oberkörper leicht nach vorne beugen, in die Dehnung gehen und anschließend wieder nach hinten lehnen. Wippen Sie so fünf bis sieben Mal in die Mobilisation.
Um die drei unterschiedlichen Beinnerven gezielt anzusprechen, gehen Sie in folgende Positionen:
- Ziehen Sie Ihren Fuß nach oben und ziehen Sie die Außenkante Ihres Fußes in Richtung Knie.
- Ziehen Sie Ihren Fuß nach oben und ziehen Sie die Innenkante Ihres Fußes in Richtung Knie.
- Strecken Sie Ihren Fuß nach vorne und rotiere Sie ihn nach innen.
- Anschließend führen Sie die Bewegung mit der anderen Seite durch.
Gehen Sie langsam und vorsichtig in diese Übung. Sie können die Intensität erhöhen, indem Sie das Schambein zum Bauchnabel ziehen und damit Ihr Becken aufrichten.
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Gesäßdehnung und -mobilisierung
Diese Übung mobilisiert und dehnt die Gesäßmuskulatur. Das führt zu mehr Bewegungsfreiheit in der Hüfte und nimmt Spannungen aus der Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur. Ihre Bewegungskompetenz wird dadurch verbessert.
- Setzen Sie sich aufrecht hin und überschlagen Sie Ihre Beine, indem Sie das rechte Sprunggelenk auf das linke Knie legen. Halten Sie mit der linken Hand den rechten Knöchel fest und mit der rechten Hand das linke Knie.
- Mobilisieren Sie Ihr Becken ein paar Mal nach vorne und hinten und verweilen Sie dann im Hohlkreuz.
- Beugen Sie nun Ihren Oberkörper mit aufgerichteter Wirbelsäule nach vorne, bis Sie eine leichte Dehnung spüren. Wippen Sie mehrfach langsam und vorsichtig in diese Dehnung hinein und spüren Sie beim Zurücklehnen die Entspannung der Muskulatur.
- Variieren Sie die Bewegung, indem Sie beim nach vorne Lehnen erst nach rechts und dann nach links rotieren.
- Führen Sie anschließend die Bewegungssequenz mit der anderen Seite durch.
Achten Sie darauf, bei dieser Bewegung niemals in den Schmerz zu gehen. Sie sollten die ganze Zeit die Kontrolle über die Bewegung haben.
Mobilisierung des Beckens und der Beine im Sitzen
Diese Übung mobilisiert das Becken, die Iliosakralgelenke und die Hüfte. Dadurch wird die dynamische Balance aus An- und Entspannung der Muskelgruppen wiederhergestellt. Das führt zu besserer Bewegungskompetenz.
- Setzen Sie sich aufrecht hin und stellen Sie beide Füße auf dem Boden entspannt ab.
- Richten Sie das Becken nach vorne und hinten auf, in dem Sie das Schambein zum Bauchnabel ziehen und dann in ein leichtes Hohlkreuz machen.
- Schieben Sie nun die Knie abwechselnd aneinander vorbei, ein Knie nach vorne, das andere nach hinten. Achten Sie darauf, dass das Becken nach vorne aufgerichtet bleibt. Wenn das linke Knie nach vorne schiebt, ziehen Sie gleichzeitig das rechte Knie nach hinten.
Sie können die Übung noch verstärken, wenn Sie den Oberkörper entsprechend mit in die Bewegung einbinden: Wenn das linke Knie nach vorne schiebt, rotieren Sie nach links und wenn das rechte Knie nach vorne schiebt, rotieren Sie nach rechts.
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Zwerchfelldehnung
Diese Übung dehnt das Zwerchfell, mobilisiert den gesamten Rumpf und nimmt Spannung aus dem Zwerchfell und der Beckenbodenmuskulatur. Ihre Atmung wird verbessert und leistungsfähiger. Dadurch wird die Funktion jeder einzelnen Körperzelle optimiert. Der ausgeglichenere Gasaustausch wirkt sich auf den gesamten Organismus aus.
- Achten Sie auf eine gerade Wirbelsäule. Richten Sie sich auf und ziehen Sie Ihren Scheitel nach oben. Wenn Ihre Schultermobilität eingeschränkt ist, können Sie die Arme während der Übung anwinkeln.
- Kippen Sie Ihr Becken nach hinten, indem Sie Ihr Schambein zum Bauchnabel ziehen. Der untere Rücken beugt sich dadurch leicht.
- Atmen Sie nun durch die Nase maximal ein und strecken Sie dabei Ihre Arme über dem Kopf aus.
- Halten Sie Ihre Arme gestreckt und die Wirbelsäule lang. Atmen Sie nun durch den geöffneten Mund maximal aus. Während des Ausatmens bleibt das Becken angezogen, das Schambein zum Bauchnabel gezogen.
- Wenn Sie maximal ausgeatmet haben, entspannen Sie Ihr Becken. Nehmen Sie die Arme nach unten entspannt an die Körperseite. Atmen Sie durch die Nase entspannt ein und aus. Führen Sie dann die nächste Wiederholung durch.
Achten Sie besonders bei der Ausatmung darauf, dass Sie keine Lippenbremse durchführen und dass Mund und Kiefer die ganze Zeit leicht geöffnet und entspannt bleiben. Während der Ausatmung die Wirbelsäule aufrecht und das Becken angezogen lassen. Zwischen den einzelnen Durchführungen das Becken entspannen, die Arme nach unten nehmen und lockerlassen.