14. November 2023, 11:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ein schwedisches Forschungsteam hat einen gefährlichen Zusammenhang zwischen Übergewicht bei männlichen Jugendlichen und 17 Krebsarten festgestellt. Offenbar kann Übergewicht in jungen Jahren entscheidend den Gesundheitsstatus im höheren Alter beeinflussen.
Laut der International Agency on Research on Cancer (IARC) ist Übergewicht im Erwachsenenalter ein etablierter Risikofaktor für diverse Krebsarten – gilt dies auch für Jugendliche? Bei Teenagern wurde der Zusammenhang zwischen Übergewicht oder Adipositas mit dem künftigen Risiko, an Krebs zu erkranken, bisher selten untersucht. Dabei macht die weltweite Adipositas-Epidemie auch vor Kindern und Jugendlichen keinen Halt: Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren im Jahr 2016 über 340 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 19 Jahren übergewichtig oder adipös. Wissenschaftler der Universität Göteborg haben sich dieser Thematik nun in einer kürzlich erschienenen Studie gewidmet.
Übersicht
So ging das Forschungsteam vor
Die schwedischen Wissenschaftler untersuchten, inwieweit sich der BMI (Body-Mass-Index) bei jungen Männern auf das Risiko für verschiedene Krebserkrankungen auswirkt.
Hierfür führten sie eine Kohortenstudie mit insgesamt 1.489.115 männlichen Jugendlichen durch, die zu Beginn des Beobachtungszeitraums 18 Jahre alt waren. Innerhalb der Nachbeobachtung, welche durchschnittlich 31 Jahre betrug, erkrankten 78.217 Probanden an Krebs.
Das Risiko dieser 17 Arten von Krebs ist bei Teenagern erhöht
Der BMI war mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von 17 Krebsarten verbunden:
- Lungenkrebs
- Kopf- und Halskrebs
- Hirntumor
- Schilddrüsenkrebs
- Speiseröhrenkrebs
- Magenkrebs
- Bauchspeicheldrüsenkrebs
- Leberkrebs
- Dickdarmkrebs
- Rektumkarzinom
- Prostatakrebs
- Nierenkrebs
- Harnblasenkrebs
- Bösartiges Melanom
- Leukämie
- Myelom
- Lymphome, sowohl Hodgkin- als auch Non-Hodgkin-Lymphome
Besorgniserregend ist, dass für einige dieser Krebsarten das Risiko bereits erhöht war, wenn der BMI der Teenager im Bereich des Normalgewichts (BMI 18,5–24,9) lag. Beispielsweise zeigten sich bei Krebserkrankungen der Speiseröhre und des Magens bereits bei einem BMI von 20 bis 22,4 ein erhöhtes Risiko.
Prostatakrebs weicht vom Trend ab
Ein höherer BMI war im Fall Prostatakrebs mit einem geringeren Risiko verbunden. Männer, welche im Alter von 18 Jahren weder übergewichtig noch adipös waren, wiesen diese Krebsart häufiger im Laufe ihres Lebens auf.
Diese Abweichung könnte laut der Forscher jedoch darauf zurückzuführen sein, dass normal gewichtige Männer früher medizinische Hilfe bei gesundheitlichen Beschwerden der Prostata in Anspruch nehmen, wodurch schneller Diagnosen gestellt werden.
Besonders Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts werden durch Übergewicht begünstigt
Besonders ausgeprägt war der Zusammenhang zwischen einem hohen BMI und dem Risiko bei Krebserkrankungen des Magendarmtrakts. Wer im Teenager-Alter adipös war, hatte ein 3,6-fach erhöhtes Risiko für Speiseröhrenkrebs, für Magenkrebs betrug der Faktor 3,1.
Die Autoren der Studie schätzten, dass ein ungesundes Gewicht für 15 bis 25 Prozent der aktuellen Krebsfälle dieser Art in Schweden verantwortlich sein könnten.
Übergewicht erhöht das Risiko stärker als schlechte Fitness
In einer weiteren Studie des gleichen Forschungsteams wurde ebenfalls der Einfluss des BMI, aber auch jener der kardiorespiratorischen Fitness (Fähigkeit zur Ausdauer) der Probanden auf das Risiko von Krebserkrankungen untersucht.
Die Ergebnisse zeigten, dass ein höherer BMI im Alter von 18 Jahren mit einem noch größeren Risiko für die Entwicklung verschiedener Krebsarten im späteren Leben verbunden ist als die Auswirkungen einer schlechten Fitness.
Besonders deutlich zeigte sich das bei Schilddrüsenkrebs: Während eine mäßige Fitness das Krebsrisiko lediglich um zwei Prozent erhöhte, stieg das Risiko durch Übergewicht um 22 Prozent.
Sollte der BMI bei Teenagern anders bewertet werden?
In Anbetracht dessen, dass bereits normal gewichtige Teenager ein erhöhtes Risiko für diverse Krebsarten aufwiesen, sollte möglicherweise die aktuelle Definition des Normalgewichts (BMI 18,5–24,9) eher für ältere Erwachsene angewendet werden. Dahingegen scheint es für Teenager sinnvoll zu sein, ein Gewicht im niedrigeren BMI-Bereich aufrechtzuerhalten.
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Mehr Krebsfälle in der Zukunft?
Die Ergebnisse geben Aufschluss über die möglichen Folgen der Adipositas-Epidemie bei Teenagern auf die Krebslandschaft in den nächsten drei Jahrzehnten. Die Forscher prognostizieren für die nächsten 30 Jahre einen deutlichen Anstieg von Krebs im Zusammenhang mit Übergewicht und Adipositas bei Teenagern: Beispielsweise könnte der Anteil der Magenkrebsfälle, die auf einen hohen BMI zurückzuführen sind, auf 32 Prozent steigen, bei Speiseröhrenkrebs könnte er 37 Prozent erreichen.
Diese Zahlen unterstreichen den Appell der Autoren, den gefährlichen Trend steigender Adipositas-Zahlen umzukehren.