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18. August 2023, 13:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wer nachts oft Durst bekommt oder morgens mit einem großen Schluck Wasser in den Tag starten möchte, stellt ein Glas Wasser auf den Nachttisch. Es gibt aber die Warnung, dass das keine gute Idee sei aus gesundheitlichen Gründen. Stimmt’s?
Wenn ein Experte über den anderen sagt, dass dieser seine Meinung exklusiv habe, kann man mal genauer nachfragen. Es geht um das Glas Wasser, das sich viele abends ans Bett stellen, um sich morgens gleich nach dem Aufwachen einen großen Schluck daraus zu genehmigen. Dieses Glas Wasser, so die Aussage eines Artikels in der US-Zeitschrift „Reader’s Digest“, könnte krank machen. US-Wissenschaftler Marc Leavey warnte vor einer gefährlichen Brühe aus Keimen, Mücken und Bakterien auf Hautschuppen, die ich bei Raumtemperatur hervorragend vermehrten. Weil viele aber bis heute nicht auf ihr großes Glas Wasser direkt nach dem Aufwachen verzichten wollen – Hydrierung! Stoffwechsel anregen! – hat FITBOOK das Thema Wasserglas noch einmal einem deutschen Ernährungsexperten ans Bett gestellt.
Übersicht
- „Wenn man so ein Glas leert, könnte man krank werden“
- „Ohne mikrobielle Infektion passiert mit dem Wasser im Glas nichts“
- Damit das Wasserglas zur Gesundheitsgefahr wird, müsste …
- Ausnahmen gibt es aber auch
- Mikrobielle Infektion des Wassers quasi ausgeschlossen
- In diesem Punkt gibt Müller dem US-Wissenschaftler recht
- Fazit: Wasserglas ans Bett stellen – ja oder nein?
- Quelle
„Wenn man so ein Glas leert, könnte man krank werden“
Marc Leavey, Facharzt für Grundversorgung am Mercy Medical Center in Massachusetts (USA) behauptete in dem Artikel von 2022, in einem über Nacht offen stehenden Wasserglas würden sich aus Staub, abgestorbenen Hautzellen und Keimen ein trüber, dünner Film bilden, der krank machende Mikroorganismen enthält. Diese sollen sich bei Raumtemperatur gut vermehren können und das Wasser entsprechend schnell mit Bakterien kontaminieren.1 „Wenn man so ein Glas leert, könnte man krank werden“, resümierte Leavey.
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„Ohne mikrobielle Infektion passiert mit dem Wasser im Glas nichts“
In der Tat kann man sagen, dass die Luft voll ist mit Bakterien, die natürlich in dem Glas, welches auf dem Nachttisch steht, landen können. Doch daraus eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen abzuleiten, hält Prof. PhDr. Sven-David Müller, Ernährungs- und Gesundheitswissenschaftler aus Braunschweig, für falsch. Denn zum einen muss es sich nicht zwingend um krank machende Erreger handeln – viel wahrscheinlicher ist, dass sie es nicht sind – und zum anderen könnten sie sich in einem Glas Wasser nicht ohne Weiteres vermehren, selbst wenn dieses seit mehreren Stunden steht. Müller: „Ohne mikrobielle Infektion passiert mit dem Wasser im Glas nichts, auch nicht über Nacht.“
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Damit das Wasserglas zur Gesundheitsgefahr wird, müsste …
Auch der Staub und mögliche Bakterien auf abgestorbenen Hautzellen sind aus Sicht des Gesundheitswissenschaftlers eher kein Problem: „Wir haben den ganzen Tag Staub im Mund und überall auf unserer Haut, unseren Schleimhäuten und in unserem Körper sind Bakterien, insgesamt 1,5 bis 2 Kilogramm. Davon sind 99 Prozent gesundheitsförderlich oder neutral und nur wenige Hundert gefährlich.“ Damit sich ausgerechnet diese in einem Wasserglas befinden, müsste der Mensch schon vorher damit infiziert sein. „Oder aus einem Wasserglas trinken, in das ein Hochinfektiöser seine Hände rein gehalten hat.“ Selbst, wenn jemand in sein eigenes Wasserglas „schnoddere“ und dann daraus trinke, sei das zwar eklig, aber in der Regel nicht gesundheitsgefährdend, so Müller zu FITBOOK.
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Ausnahmen gibt es aber auch
Ausnahmen gibt es aber auch: Das harmlose Hautbakterium Staphylococcus epidermidis bspw. kann gefährliche Infektionen hervorrufen, wenn es über Wunden oder durch Schleimhäute in den Körper gelangt.2 Oder das Bakterium Escherichia coli (E.Coli); das im Darm von Menschen, Vögeln und Säugetieren vorkommt und von dem es krankheitserregende Stämme gibt. Kindern droht durch Verschlucken eine schwere Infektion, die sogar zum Tod führen kann.3 Deshalb sollten beim Besuch von Streichelzoos und Bauernhöfen Hygieneregeln beachtet werden, wie z.B. Händewaschen nach dem Streicheln und vor dem Essen. Tipps zum Infektionsschutz gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung hier.
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Mikrobielle Infektion des Wassers quasi ausgeschlossen
Zurück zum Wasserglas: Denn dieses ist, glücklicherweise, nicht optimal oder förderlich für die Vermehrung von Keimen. „Wenn keine mikrobielle Infektion des Wassers gegeben ist, und das ist bei unserer Trinkwasserqualität der Fall, passiert damit in der Nacht nichts“, wischt Müller Bedenken eines sich über Nacht zur Gesundheitsgefahr wandelnden Wasserglases beiseite.
In diesem Punkt gibt Müller dem US-Wissenschaftler recht
Nur in einem Punkt sieht Müller eine von Marc Leavey ebenfalls beschriebene Gefahr: hineinfallende Insekten. „Deshalb würde ich das Wasserglas am Bett immer abdecken“, empfiehlt Müller.
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Fazit: Wasserglas ans Bett stellen – ja oder nein?
Sollte man sich nachts also ein Glas Wasser ans Bett stellen? Ja! Aus der Luft kommen keine Keime und Bakterien. Und wenn es die eigenen sind, die man beim Trinken wieder herunterschluckt, ist das zwar unappetitlich – aber kein gesundheitliches Problem.
Einen großen Schluck Wasser oder auch mehrere direkt nach dem Aufwachen zu trinken, hat eine überaus positive Wirkung auf den Körper. Es regt den Stoffwechsel an, bringt unseren Kreislauf in Schwung und kann sogar die Wirkung von Kaffee ersetzen, wenn die Temperatur stimmt. Aber bitte: das Glas abdecken und abspülen, wenn es ausgetrunken wurde.
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Quelle
- 1. Reader’s Digest: „Is It Bad to Drink Water That’s Been Sitting Overnight – or Longer?“ (2022, aufgerufen am 18.08.2023)
- 2. Deutsches Zentrum für Infektionsforschung: Vom harmlosen Hautbakterium zum gefürchteten Infektionserreger (2021, aufgerufen am 23.08.2023)
- 3. Bundesinstitut für Risikobewertung: Schutz vor Infektionen mit enterohämorrhagischen E. coli (2014, aufgerufen am 23.08.2023)