10. März 2025, 11:07 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Von HIV, HPV oder Syphilis haben viele Menschen im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Krankheiten schon gehört. Aber auch von Trichomoniasis? Das ist schon unwahrscheinlicher. Dabei ist sie alles andere als selten. Was hinter der Krankheit steckt, mit welchen Symptomen sie einhergeht und warum sie unterschätzt wird, hat FITBOOK-Autorin Julia Kuntz mit einer Expertin besprochen.
Trichomoniasis, auch Trichomonaden-Infektion genannt, ist eine der häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen (sogenannte STIs, sexually transmitted infections) weltweit. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) infizieren sich jährlich etwa 156 Millionen Menschen mit Trichomoniasis – die meisten davon ohne es zu wissen.1 Da die Symptome oft mild oder unspezifisch sind, bleibt die Infektion häufig unbehandelt und langfristige gesundheitliche Folgen haben. Erfahren Sie hier von der Expertin Frau Dr. med. Anne-Cathrin Stahr, Fachärztin für Gynäkologie in München, wie Sie eine Ansteckung vermeiden, die Krankheit erkennen und behandeln können.
Übersicht
- Was ist Trichomoniasis?
- Symptome
- Ist die Infektion vergleichbar mit Tripper?
- Risikofaktoren und Ansteckung
- Warum ist die Infektion so verbreitet?
- Diagnoseverfahren
- Behandlung
- Wann sind Betroffene nicht mehr ansteckend?
- Mögliche Folgen einer unbehandelten Trichomoniasis
- Trichomoniasis – weit verbreitet und dennoch unterschätzt
- Quellen
Was ist Trichomoniasis?
„Trichomoniasis wird durch den Einzeller Trichomonas vaginalis ausgelöst und betrifft sowohl Frauen als auch Männer“, weiß Frau Dr. Stahr. „Die Infektion befällt vorrangig den Urogenitaltrakt. Bei Frauen sind somit meist die Vagina, die Harnröhre und der Gebärmutterhals betroffen. Bei Männern kann sich der Errerger in der Schleimhaut von Harnwegen und Prostata ansiedeln. Dort führt er in cas 30 Prozent der Fälle zu einer Entzündung und kann diverse, mitunter sehr unangenehme Beschwerden verursachen.“
Symptome
Bei Frauen
Ein typisches Symptom bei Frauen sind unangenehmer Juckreiz und Brennen im Intimbereich. Häufig kommt es zu vermehrtem vaginalem Ausfluss, der schaumig und gelblich-grün sein kann und oft sehr unangenehm und scharf riecht. Auch können Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr auftreten. Ebenso ist eine Rötung und Schwellung der Vaginalschleimhaut möglich, manchmal auch begleitet von Zwischenblutungen.
Bei Männern
Bei Männern verlaufen die Symptome meist milder oder bleiben sogar gänzlich aus. Falls Beschwerden auftreten, können sie sich in Form von Reizungen der Harnwege, leichtem Brennen nach dem Wasserlassen oder der Ejakulation äußern. Seltener kann es auch zu einem Ausfluss aus dem Penis oder dem Analbereich kommen.
Auch interessant: Freundeskreis der Frau beeinflusst das Ejakulat ihres Partners
Ist die Infektion vergleichbar mit Tripper?
Beide Infektionen gehören zu den sexuell übertragbaren Krankheiten und können ähnliche Symptome hervorrufen. Trichomoniasis und Tripper (Gonorrhoe) sind aber zwei unterschiedliche Infektionen. Während Tripper durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae verursacht wird, handelt es sich bei Trichomoniasis um eine Infektion mit dem Parasiten Trichomonas vaginalis. Eine Unterscheidung ist nur durch spezielle Tests beim Facharzt möglich.
Risikofaktoren und Ansteckung
Ungeschützter Geschlechtsverkehr
Trichomoniasis wird hauptsächlich durch ungeschützten vaginalen, analen oder oralen Geschlechtsverkehr übertragen, wobei wechselnde Partner das Risiko zusätzlich erhöhen.
Alter
Besonders gefährdet sind Personen unter 25 Jahren, da in dieser Altersgruppe sexuell übertragbare Infektionen aufgrund von häufiger wechselnden Sexualpartnern generell häufiger auftreten.
Geschwächtes Immunsystem
Ein geschwächtes Immunsystem, sei es durch chronische Erkrankungen, bestimmte Medikamente oder Stress, kann das Infektionsrisiko zusätzlich erhöhen, da der Körper weniger Abwehrkräfte gegen die Erreger besitzt.
Bestehende Infektion
Auch eine bereits bestehende sexuell übertragbare Infektion (STI), wie Chlamydien oder Gonorrhoe, kann die Anfälligkeit für Trichomoniasis steigern, da bereits entzündete Schleimhäute anfälliger für weitere Erreger sind.
Genetik und Hygiene
Genetische Faktoren spielen eine eher untergeordnete Rolle, während mangelnde Intimhygiene das Risiko indirekt beeinflussen können. Nicht nur zu seltene, sondern auch falsche Reinigung kann die Erkrankung begünstigen.
Feuchte Umgebung
Obwohl der Parasit in warmen, feuchten Umgebungen überlebt, ist eine Ansteckung durch gemeinsam genutzte feuchte Handtücher – in Schwimmbädern oder auf Toiletten – theoretisch zwar möglich, jedoch extrem selten.
Warum ist die Infektion so verbreitet?
Oft beschwerdefrei
Da die Infektion oft symptomlos verläuft, kann sie gänzlich unbemerkt bleiben und ungewollt weitergegeben werden.
Keine Immunität
Zudem gibt es keine Immunität gegen die Infektion. Wer sich einmal angesteckt hat und behandelt wurde, kann sich dennoch jederzeit erneut infizieren.
Test nur bei Verdacht
Ein Test auf Trichomoniasis gehört übrigens nicht zur Standardvorsorge, wie es etwa bei Chlamydien oder HPV der Fall sein kann. Er wird in der Regel nur dann durchgeführt, wenn Symptome auftreten oder wenn ein erhöhtes Risiko für eine Infektion besteht, z. B. bei häufig wechselnden Sexualpartnern oder einer bekannten Infektion des Partners. Es kann sinnvoll sein, sich bei Verdacht oder nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr gezielt testen zu lassen.
Auch interessant: 72 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben keine HPV-Impfung
Diagnoseverfahren
„Zur Diagnose von Trichomoniasis entnimmt Ihr Facharzt der Gynäkolgie bzw. Urologie einen Abstrich aus der Vagina oder Harnröhre. Unter dem Mikroskop lassen sich die Erreger manchmal schon direkt erkennen, jedoch ist diese Methode nicht immer zuverlässig. Genauere Ergebnisse liefert ein Kulturtest, bei dem die Probe im Labor angezüchtet wird, was jedoch mehr Zeit in Anspruch nimmt. Am zuverlässigsten ist der PCR-Test, der das Erbgut der Erreger nachweist und selbst geringe Mengen erkennt. Zudem gibt es Schnelltests, die rasch ein Ergebnis liefern, aber seltener eingesetzt werden als PCR-Tests“, erklärt Frau Dr. Stahr auf FITBOOK-Nachfrage.
Behandlung
Trichomoniasis wird mit Antibiotika effektiv behandelt. Um eine erneute Ansteckung zu vermeiden, sollten auch die Sexualpartner immer mitbehandelt werden. Während der Therapie ist es ratsam, auf Geschlechtsverkehr zu verzichten, um die Heilung nicht zu beeinträchtigen und eine sogenannte Ping-Pong-Infektion zu verhindern.
Wann sind Betroffene nicht mehr ansteckend?
Nach der Einnahme der Medikamente sind die meisten Patienten innerhalb einer Woche nicht mehr ansteckend. Eine erneute Testung nach etwa vier Wochen wird empfohlen, um den Therapieerfolg sicherzustellen, denn eine unbehandelte Infektion kann zu ernsthaften Komplikationen führen.
Mögliche Folgen einer unbehandelten Trichomoniasis
Anhaltende Beschwerden
Die unangenehmen Symptome wie Juckreiz, Brennen, Schmerzen beim Wasserlassen oder Geschlechtsverkehr sowie übel riechender Ausfluss können bestehen bleiben oder sich noch verschlimmern.
Entzündungen der Harn- und Geschlechtsorgane
Bei Frauen kann Trichomoniasis zu Entzündungen der Scheide, des Gebärmutterhalses, der Blase und des Enddarms führen. Eine chronische Trichomonaden-Infektion kann zu Dysplasien, also Krebsvorstufen am Gebärmutterhals, führen. Bei Männern kann es zu Harnröhrenentzündungen oder schmerzhaften Prostatabeschwerden kommen.
Erhöhtes Risiko für andere sexuell übertragbare Infektionen (STIs)
Entzündete Schleimhäute sind anfälliger für weitere Infektionen, darunter Chlamydien, Gonorrhoe und HIV.
Komplikationen in der Schwangerschaft
Das Risiko für Frühgeburten, ein niedriges Geburtsgewicht des Babys oder sogar eine Infektion des Neugeborenen während der Geburt ist möglich.

Überblick Typische Geschlechtskrankheiten – Symptome und Behandlungen

Gesundheit Muss man Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten immer selbst zahlen?

Zervixkarzinom Anzeichen, die auf Gebärmutterhalskrebs hindeuten
Trichomoniasis – weit verbreitet und dennoch unterschätzt
Trotz ihrer weiten Verbreitung wird Trichomoniasis oft unterschätzt, da sie häufig ohne Symptome verläuft. Während die Forschung verstärkt auf sexuell übertragbare Infektionen wie HIV oder HPV fokussiert ist, bleiben bessere Diagnosemethoden und wirksamere Präventionsstrategien für Trichomoniasis eine Herausforderung. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung sind entscheidend, um gesundheitliche Risiken zu minimieren und eine Weiterverbreitung zu verhindern. Der beste Schutz besteht in der Verwendung von Kondomen sowie regelmäßigen Untersuchungen, insbesondere bei häufig wechselnden Sexualpartnern.
Mit fachlicher Beratung von Dr. med. Anne-Cathrin Stahr, Praxisgemeinschaft Frauenärzte Rosenstrasse in München.