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Nach Wurzelkanalbehandlung

Sind „tote Zähne“ wirklich gefährlich für die Gesundheit? 

Ein „toter Zahn“ kann die Folge einer Wurzelbehandlung sein
Durch die Wurzelkanäle der Zähne verlaufen u. a. sensible Nervenfasern und Blutgefäße Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

6. November 2024, 16:17 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Der Gedanke an eine Wurzelkanalbehandlung verursacht vielen Menschen Unbehagen. Doch die Überlebenswahrscheinlichkeit dieser vermeintlich „toten Zähne“ ist deutlich höher, als die meisten vermuten dürften. FITBOOK-Autor Martin Lewicki erklärt, wie man einen entzündeten Zahnnerv erkennt, was bei einer professionellen Wurzelbehandlung genau gemacht wird, mit welcher Zuzahlung Kassenpatienten rechnen müssen – und was geschieht, wenn der Schmerz einfach nicht weggeht.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
 Dr. med. dent. M.Sc. M.Sc. Martin Jaroch
Dr. med. dent. M.Sc. M.Sc. Martin Jaroch, Zahnmediziner mit den Schwerpunkten Parodontologie, Implantattherapie sowie Kieferorthopädie bei Kindern und Erwachsenen

Viele Menschen haben es bestimmt schon selbst erlebt: ein stechender oder pochender Schmerz im Zahn, der kaum auszuhalten ist. Sehr wahrscheinlich hat sich dann der Zahnnerv entzündet. Linderung verschafft eine Wurzelkanalbehandlung – 7 Millionen werden in Deutschland jedes Jahr durchgeführt.1 FITBOOK erklärt, wie hoch die Überlebensrate eines entzündeten Zahnes im Vergleich zu gesunden Zähnen ist und ob ein „toter Zahn“ tatsächlich gefährlich werden kann.

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Wie kommt es zu einer Entzündung im Zahninneren? 

Sollten Zähne nicht gründlich gereinigt werden, können Bakterien den Zahn angreifen. Die Folge: Karies. Bleibt diese Zahnerkrankung unbehandelt, wandern die Bakterien weiter bis zur Zahnwurzel, die im Zahnfleisch sitzt. Dort können die Bakterien bis ins Zahninnere eindringen und eine Entzündung des Zahnnervs (auch Zahnmark oder Pulpa genannt) verursachen. Dieser Prozess ist schleichend und kann sich über Jahre hinweg ziehen. 

Auch interessant: Zahnärztin verrät: »Das sind erste Karies-Anzeichen, noch bevor es schmerzt

Woran erkennt man eine Entzündung der Zahnwurzel? 

In den meisten Fällen (nicht immer!) macht sich der von Bakterien befallene Zahn durch Schmerzen bemerkbar. Diese treten insbesondere beim Beißen sowie beim Konsum heißer und kalter Speisen bzw. Getränke auf. Die Schmerzen können sich auch unvermittelt im Ruhezustand bemerkbar machen oder in Form von Kopf- und Kieferschmerzen manifestieren. So ist ein entzündeter Zahn klopfempfindlich und das umgebende Zahnfleisch schwillt an. Auch Mundgeruch oder ein übler Geschmack im Mund sind mögliche Indizien dafür, dass Bakterien am Werk sind. 

Wichtig

Bei einer Zahnwurzelentzündung treten nicht immer Schmerzen auf, weil es sich um einen schleichenden Prozess handelt. Die Schmerzen können auch kurzfristig auftreten und wieder verschwinden – was nicht bedeutet, dass sich das Problem erledigt hat. Bei Zahnbeschwerden sollte man daher immer einen Zahnarzt aufsuchen. Ein Röntgenbild kann Klarheit über den Zustand einer Zahnwurzelentzündung geben.

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Was passiert bei einer Wurzelkanalbehandlung? 

Im Rahmen einer Wurzelbehandlung wird zunächst ein Röntgenbild erstellt. Nur so kann festgestellt werden, wie weit die Entzündung in den Zahn vorgedrungen ist. Um an die entzündeten Stellen zu gelangen, wird der Zahn aufgebohrt. Der Zahnarzt reinigt die Kanäle in der Zahnwurzel mit winzigen Instrumenten und antibakteriellen Stoffen. Bei einer weit fortgeschrittenen Entzündung muss der gesamte Zahnnerv entfernt werden. Damit anschließend keine weiteren Bakterien eindringen können, wird der Zahn im Anschluss an die Wurzelbehandlung dicht verschlossen.

Wie viel müssen Kassenpatienten für eine Wurzelkanalbehandlung zuzahlen?

Eine gute Wurzelkanalbehandlung ist aufwendig. Kassenpatienten müssen mit einer Zuzahlung von rund 400 Euro rechnen.

Lebenserwartung „toter Zähne“ – müssen sie irgendwann raus?

Wenn die Entzündung im Zahninneren nicht rechtzeitig beseitigt wird, stirbt der Zahnnerv ab. Der Zahn kann nicht mehr von innen mit Nährstoffen versorgt werden. Deswegen wird er fälschlicherweise als „tot“ bezeichnet. Allerdings ist die Zahnwurzel von außen immer noch mit Nerven und Blutgefäßen verbunden, wodurch der Zahn weiterhin am Leben erhalten wird. Wäre er tatsächlich komplett tot, würde ihn der Körper abstoßen wollen.

Ob ein entzündeter Zahn entfernt werden sollte oder nicht, entscheidet der Zahnarzt. Dabei ist die Wurzelkanalbehandlung die letzte Möglichkeit, den Zahn im Kiefer zu erhalten. Oft ist der Zahn noch in einem guten Zustand, wodurch er nach einer erfolgreichen Wurzelkanalbehandlung über viele Jahre voll funktionsfähig bleibt. Laut aktuellen Studien gleicht die Überlebenswahrscheinlichkeit eines „toten Zahnes“ der eines Implantates.2 Daher ist es bei einer guten und professionellen Wurzelbehandlung völlig sinnfrei, den Zahn direkt zu ziehen und immer gleich ein Implantat zu setzten, denn: Implantate entzünden sich auch – aus parodontologischer Sicht sogar mit einem viermal höheren Risiko als ein echter Zahn.

Allerdings müssen Patienten mit einem am Wurzelkanal behandelten Zahn im Mund etwas vorsichtiger sein, da er durch den Eingriff anfälliger für Brüche sein kann. Deswegen sollte man an dieser Stelle im Mund extrem harte Lebensmittel wie Bonbons oder Nüsse vermeiden. Wer dies beachtet, der kann noch viele Jahre den behandelten Zahn im Mund behalten und sich einen teuren Zahnersatz sparen.  

Ist ein am Wurzelkanal behandelter Zahn gefährlich? 

Wenn der Zahnarzt akribisch gearbeitet hat, alle Bakterien und befallenen Stellen vollständig entfernt wurden, der Zahn gereinigt und mit einer Füllung dicht verschlossen worden ist, kann der behandelte Zahn im Kiefer verbleiben – ohne negative Auswirkungen auf den Körper.

Allerdings können nach einer Wurzelkanalbehandlung immer noch Rückstände des entzündeten Gewebes im Zahninneren zurückbleiben. Entweder, weil die Kanäle schwer zugänglich sind – oder weil dem Zahnarzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Salopp gesagt führt das dazu, dass der Zahn anfängt, „vor sich hin zu faulen“. Und genau hier lauert die Gefahr.

Macht sich der Zahn nach einer Wurzelkanalbehandlung durch Schmerzen weiterhin bemerkbar, sollte man den Zahnarzt unbedingt erneut konsultieren. Eventuell braucht es eine Nachbehandlung, die sogenannte Revision. Durch ein Röntgenbild kann der Zahnarzt erneut feststellen, ob und wo eine Entzündung vorhanden ist.

Was droht im schlimmsten Fall?

Kompliziert ist es jedoch, wenn kein Schmerz von dem Zahn ausgeht. So kann sich eine Entzündung unbemerkt über einen längeren Zeitraum ausbreiten. Ähnlich wie bei einer Parodontitis könnten die giftigen Ausscheidungen der Bakterien aus dem Zahn in die Blutbahn gelangen und so an anderen Stellen des Körpers für Probleme sorgen. Deswegen sehen einige Menschen den „toten Zahn“ als ein mögliches Giftdepot an, das am besten entfernt werden sollte.

Gesundheitsrisiko „toter Zahn“ nicht ausreichend erforscht

In Bezug auf Zähne, die am Wurzelkanal behandelt wurden, sind etwaige negative Einflüsse auf den Körper leider nicht ausreichend erforscht. So gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die einen direkten Zusammenhang zwischen dem sogenannten „toten Zahn“ und einer anderen Erkrankung im Körper aufzeigen. Zu beachten gilt aber: Nur weil keine Studien dazu vorhanden sind, heißt es nicht automatisch, dass keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit existieren. 

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Fazit

Eine Wurzelkanalbehandlung kann man vermeiden, indem man seine Zähne gut pflegt (Lesen Sie dazu: 9 Tipps, um die eigene Mundflora zu verbessern) und jährlich zur professionellen Zahnreinigung beim Zahnarzt vorbeischaut. Hat man Schmerzen im Zahn, sollte man dringend einen Zahnarzt aufsuchen. Kommt man um eine professionelle Wurzelbehandlung nicht herum, muss der Zahn auf keinen Fall sofort gezogen werden. Die Lebenserwartung solcher (fälschlicherweise als „tot“ bezeichnete) Zähne gleicht denen eines Implantats. Mit wurzelbehandelten Zähnen sollte man dennoch nicht unbedingt auf extrem harte Lebensmittel beißen. Macht sich der Zahn nach einer Wurzelkanalbehandlung weiterhin durch Schmerzen bemerkbar, sollte man den Zahnarzt unbedingt erneut konsultieren. Eventuell braucht es eine Nachbehandlung, die sogenannte Revision.3,4

Themen Zahngesundheit

Quellen

  1. Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde: „Wurzelkanalbehandlung“ (aufgerufen am 06.11.2024) ↩︎
  2. Chatzopoulos G., Koidou V., Lunos S. et al (2018): „Implant and root canal treatment: Survival rates and factors associated with treatment outcome. Journal of Dentistry ↩︎
  3. Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde  ↩︎
  4. Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie e.V.  ↩︎
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