
29. November 2024, 16:24 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mit einem hohen Testosteronspiegel bringt man oftmals einen erhöhten Sexualtrieb bei Männern in Verbindung. Doch Forscher wollen nun herausgefunden haben, dass diese lang bewährte Annahme nicht stimmt. Vielmehr soll das Testosteron gar keinen Einfluss auf das Sexualverhalten von Männern haben.
Testosteron zählt zu den Sexualhormonen, die in beiden Geschlechtern vorkommen, wenn auch in unterschiedlicher Konzentration und Wirkungsweise. Während ein weiblicher Körper nur 0,7 Milligramm davon produziert, sind es im männlichen Körper etwa 7 Milligramm täglich.1 Eigentlich ist das Hormon an allen Sexualfunktionen und dem Sexualverhalten beteiligt – doch in Bezug auf den Sexualtrieb, also die Libido, soll Testosteron laut einer neuen Studie keinen Einfluss haben.
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Übersicht
Tägliche Entnahme von Speichelproben
Die Wissenschaftler rekrutierten 41 erwachsene Männer zwischen 18 und 26 Jahren, die aus einem Probandenpool der University of California stammten.2 27 Teilnehmer gaben zu Beginn der Studie an, in keiner Liebesbeziehung zu sein, während die restlichen Männer vergeben waren. Mittels eines Fragebogens erhob man demografische Daten sowie Angaben zur Persönlichkeit und sexuellen Orientierung von den Probanden. An insgesamt 31 aufeinander folgenden Tagen gaben die Teilnehmer Speichelproben ab, diese wurden wochentags im Labor entnommen, am Wochenende führten die Männer selbstständig eine Speichelprobe durch. Zusätzlich füllten sie morgens tägliche Online-Umfragen auf einer sicheren Website aus und beantworteten Fragen zu Ereignissen und Erlebnissen des Vortages.
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Abfrage von Sexualverhalten und -trieb
In Form von Umfragen erhoben die Wissenschaftler täglich Angaben zu Verhaltensweisen, verschiedenen Ereignissen und Stimmungen. Um das sexuelle Verlangen und die „Balzbemühungen“ (also die Flirtversuche) besser bewerten zu können, stellten sie den an der Studie teilnehmenden Männern spezielle Fragen, darunter folgende Beispielfragen:
- Wie stark hatten Sie gestern sexuelle Gedanken?
- Wie stark hatten Sie gestern sexuelle Fantasien?
- Wie stark hatten Sie gestern sexuelles Verlangen?
- Wie stark haben Sie sich gestern bemüht, einen möglichen romantischen und/oder sexuellen Partner anzuziehen?
- Hatten Sie gestern eine direkte soziale Interaktion mit jemandem, den Sie als potenziellen romantischen und/oder sexuellen Partner attraktiv fanden, der aber zu diesem Zeitpunkt nicht Ihr romantischer oder sexueller Partner war?
Fragen, die man nicht mit Ja oder Nein beantworten konnte, bewerteten die Probanden mithilfe einer Skala von eins bis sieben.
Kein signifikanter Zusammenhang zwischen Testosteron und Sexualverhalten
Insgesamt sammelte man durch dieses Vorgehen 1271 Umfrageantworten und 1143 Hormonwerte durch die Speichelproben. Besonders auffällig dabei:
- Die Analysen ergaben, dass die Testosteronwerte bei alleinstehenden Männern deutlich höher waren als bei den Probanden, die in einer festen Beziehung lebten.
- Vergebene Männer hatten eine Tendenz zu einem höheren sexuellen Verlangen.
- Alleinstehende Männer zeichneten sich dagegen durch höhere Balzbemühungen aus.
Bezüglich des Sexualverhaltens und Testosteron stellte sich heraus, dass tägliche Schwankungen im Sexualverhalten von Männern nicht mit täglichen Schwankungen des Hormons einhergingen. Kurz gesagt: Ein Mann, mit einer erhöhten Testosteronkonzentration zeigte am selben Tag kein höheres sexuelles Verlangen als üblich. „Wir fanden auch keine Beweise dafür, dass Männer mit einem höheren durchschnittlichen Testosteronspiegel während der gesamten Studie ein höheres durchschnittliches sexuelles Verlangen hatten“, schreiben die Forscher in ihrer Studie.
Ob ein höherer Spiegel an Testosteron allerdings zeitversetzt das Sexualverhalten von Männern beeinflussen könnte, kann die Studie nicht eindeutig erklären.

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Einordnung der Studie
Die Studie kann zwar aufzeigen, dass ein erhöhter Testosteronspiegel das Sexualverhalten am selben Tag nicht beeinflusste, jedoch muss man die Ergebnisse kritisch betrachten. Zum einen beruhen die Umfragen auf Antworten, die auf der 24-Stunden-Erinnerung der Probanden basierte. Das heißt, dass manche Angaben nicht genau der Wahrheit entsprechen könnten. Des Weiteren fiel die Studiengröße mit 41 Teilnehmern sehr gering aus, weshalb man infrage stellen muss, ob die Ergebnisse auch auf die breite Masse zutreffen würden. Auch der Zeitraum von einem Monat ist sehr kurz, es müssen demnach umfassendere Studien durchgeführt werden, um einen Langzeiteffekt beobachten zu können.