21. August 2024, 4:01 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Drei Studien kommen zu ein- und derselben Erkenntnis: Wer täglich mehrere Tassen koffeinhaltigen Kaffee trinkt, kann Herzkrankheiten vorbeugen. Dabei identifizierten die Forscher den sogenannten „Sweet Spot“ – also die ideale Kaffeemenge für die Herzgesundheit.
Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und Schlaganfall gehören in der westlichen Welt zu den häufigsten und auch tödlichsten Erkrankungen. Wer vorbeugen möchte, kommt um eine gesunde Lebensweise nicht herum. Und auch eines der beliebtesten Getränke der Welt soll einen kleinen Beitrag für die Herzgesundheit leisten können: Kaffee. Forscher konnten in drei Studien aufzeigen, wie viele Tassen Kaffee täglich ideal fürs Herz zu sein scheinen. Damit untermauerten sie zugleich auch Studienergebnisse, die US-Wissenschaftler im Sommer 2021 veröffentlichten.
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Übersicht
Drei Studien zur gesundheitsfördernden Wirkung von Kaffee
Wer gerne Kaffee trinkt, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben. Im Gegenteil: Bei der 71. American College of Cardiology Annual Scientific Session wurden drei Studien vorgestellt, die die positive Wirkung von Kaffee auf das Herz aufzeigten. Und zwar sowohl bei gesunden Menschen als auch bei Personen, die bereits unter Herzbeschwerden leiden. Die Forschungsergebnisse liefern Hinweise darauf, dass Kaffee das Risiko senken kann, eine Herzerkrankung oder gefährliche Herzrhythmusstörungen zu bekommen. Mehr noch scheint Kaffee einen lebensverlängernden Effekt zu haben. Auch die ideale Kaffeemenge konnten die Wissenschaftler bei ihren Analysen identifizieren. Wer die Gesundheit seines Herzens fördern möchte, sollte zwei bis drei Tassen Kaffee pro Tag trinken.1
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Studie mit Menschen ohne koronare Vorerkrankungen
In der ersten Kaffee-Studie, die Thema des Kongresses war, analysierten die Wissenschaftler des Alfred Hospitals and Baker Heart Institutes in Melbourne (Australien) die Daten von 382.535 Personen ohne Herzerkrankungen. Dafür griff das Team rund um Studienleiter Prof. Peter M. Kistler auf Informationen der UK Biobank zurück. Das Durchschnittsalter der Probanden betrug 57 Jahre, der Anteil von Männern und Frauen war ausgeglichen. Das Ergebnis der Analyse: Zwei bis drei Tassen Kaffee am Tag zeigten den größten Nutzen für das Herz. Probanden, die diese Menge Kaffee konsumierten, wiesen ein zehn bis 15 Prozent niedrigeres Risiko für Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen und Tod auf. Eine Tasse Kaffee pro Tag war mit dem geringsten Risiko verbunden, an einem Schlaganfall oder aufgrund von Herzbeschwerden zu sterben.
Studie mit vorerkrankten Personen
Auch für die zweite Studie nutzen die Forscher UK-Biobank-Daten. Dieses Mal von 34.279 Personen, die bereits durch Herzbeschwerden bzw. -erkrankungen vorbelastet waren. Auch hier erwiesen sich die besagten zwei bis drei Tassen Kaffee pro Tag als vorteilhaft. Sie senkten das Sterberisiko. Zudem scheint schon die geringste Menge Kaffee täglich zu reichen, um das Risiko für Herzrhythmusstörungen zu vermindern. Darüber hinaus konnte Kaffeekonsum das Sterberisiko bei den 24.111 Studienteilnehmern, die bereits an Rhythmusstörungen litten, verringern.
Studie differenziert zwischen verschiedenen Arten von Kaffee
Zu guter Letzt wollten die australischen Wissenschaftler auch herausfinden, ob es einen Unterschied macht, welche Art von Kaffee man trinkt. Deshalb betrachteten sie in einer dritten Studie gesondert gemahlenen Kaffee, Instantkaffee, Kaffee mit und ohne Koffein. Auch hier fanden die Forscher heraus, dass zwei bis drei Tassen Kaffee die ideale Menge sind. Sowohl bei gemahlenem als auch bei Instantkaffee waren diese mit einem geringeren Risiko für Herzrhythmusstörungen, Verstopfungen der Herzarterien, Schlaganfall oder Herzversagen verbunden. Entkoffeinierter Kaffee hatte keinen Einfluss auf Herzrhythmusstörungen, verringerte aber das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, mit Ausnahme von Herzversagen.
Einordnung der australischen Studien
Was einschränkend erwähnt werden sollte, ist, dass die Studien nicht in Betracht zogen, wie sich die Probanden über ihren Kaffeekonsum hinaus ernährten. Auch war den Wissenschaftlern nicht bekannt, ob die untersuchten Personen ihren Kaffee schwarz, mit Milch oder mit Zucker bzw. Süßstoff tranken. Faktoren, die die Forscher berücksichtigten, waren Alkoholkonsum, Menge an körperlicher Aktivität, Rauchen, Diabetes und Bluthochdruck.
Trotz der Einschränkungen betont Studienleiter Kistler die Bedeutung der Forschungserkenntnisse: „Da Kaffee die Herzfrequenz beschleunigen kann, befürchten manche Menschen, dass der Kaffeekonsum bestimmte Herzprobleme auslösen oder verschlimmern könnte. Daher kommt vielleicht der allgemeine medizinische Rat, keinen Kaffee mehr zu trinken. Unsere Daten deuten jedoch darauf hin, dass vom täglichen Kaffeekonsum nicht abgeraten werden, sondern dieser vielmehr Teil einer gesunden Ernährung für Menschen mit und ohne Herzerkrankungen sein sollte. Wir fanden heraus, dass Kaffeekonsum entweder eine neutrale Wirkung hat – was bedeutet, dass er keinen Schaden anrichtet – oder mit Vorteilen für die Herzgesundheit verbunden ist.“
Kaffee womöglich gesünder als sein Ruf
Die australischen Studien bekräftigten einmal mehr, dass Kaffee gesünder zu sein scheint als sein Ruf. Eine 2024 veröffentlichte Studie zeigte, dass der Kaffeekonsum das Risiko für jegliche und insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch zu langes Sitzen entstehen können, deutlich senken kann (FITBOOK berichtete). Auch im Jahr 2021 belegte eine Untersuchung aus Colorado (USA) den positiven Einfluss des koffeinhaltigen Getränks auf die Herzgesundheit. Damals hatte ein Team aus Forscherinnen und Forschern ebenfalls Daten dreier großer Studien, welche sich mit Kaffeekonsum und Herzgesundheit befassten, analysiert.2 Dabei erlangten sie Erkenntnisse darüber, wie viele Tassen Kaffee täglich gesund fürs Herz sind – und welche Rolle das enthaltende Koffein zu spielen scheint.
Daten aus drei Studien mit Nachbeobachtungen von mindestens zehn Jahren
Jede der drei Studien, aus denen das Forscherteam Daten zusammenführte, lieferte Informationen von mehr als 21.000 Menschen. Sie alle umfassten zudem eine Nachbeobachtungszeit von mindestens zehn Jahren. Dazu wurden vier Gruppen aufgestellt: Personen,
- die keinen Kaffee tranken
- die eine Tasse pro Tag konsumierten
- die zwei Tassen pro Tag konsumierten
- die mehr als drei Tassen pro Tag konsumierten.
Erste gemeinsame Erkenntnis: In allen drei Studien hatten all jene, die angaben, täglich eine oder mehrere Tassen koffeinhaltigen Kaffee zu genießen, ein verringertes Langzeitrisiko für Herzinsuffizienz.
Wie Kaffee vor Herzinsuffizienz schützen soll – weitere Erkenntnisse
Das ist längst noch nicht alles: Zwei Studien konnten aufzeigen, dass jede Tasse das Risiko für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz im Laufe der Jahrzehnte um fünf bis zwölf Prozent zu senken scheint – im Vergleich zu Menschen, die keinen Kaffee trinken. Eine Untersuchung kommt – ähnlich wie die aktuelleren australischen Studien – zu dem Schluss, dass täglich zwei oder gar drei Tassen des schwarzen Gebräus das Risiko mindern: um ganze 30 Prozent. Im Gegenzug scheint entkoffeinierter Kaffee einer der Studien zufolge die Gefahr einer Herzinsuffizienz sogar leicht zu erhöhen. Zusammengefasst scheint das im Kaffee enthaltende Koffein der Grund für die positiven Effekte zu sein, so die Schlussfolgerung der Forschenden.
Kaffee besser schwarz und ohne Zucker trinken
Die American Heart Association warnt davor, dass beliebte Kaffeegetränke wie Latte Macchiatos oft reich an Kalorien, zugesetztem Zucker und Fett sind. Darüber hinaus hat die Forschung gezeigt, dass Koffein trotz aller Vorteile auch problematisch sein kann, wenn es im Übermaß konsumiert wird. Vor allem das Gehirn scheint unter zu viel Kaffee zu leiden.3
Zu viele Tassen Kaffee können wiederum schlecht fürs Herz sein
Wie so häufig gilt wohl auch beim Konsum von Kaffee bzw. Koffein: Die Dosis macht das Gift. Denn was in Maßen womöglich vorteilhafte Effekte auf die Herzgesundheit haben könnte, könnte bei Überschreitung eines „Sweet Spots“ ins Negative kippen und das Herz sogar in Gefahr bringen. So viel vorab: Dieser scheint bei vier Tassen Kaffee pro Tag zu liegen.
Hinweise dafür liefert eine Studie, die auf dem Herzkongress ACC Asia 2024 in Delhi (Indien) vorgestellt wurde – und zu dem Schluss kommt, dass man seinem Herzen zuliebe besser täglich nicht mehr als 400 Milligramm Koffein (vier Tassen Kaffee) trinken sollte. Wer diese Menge überschreitet, riskiert Folgen für den Blutdruck und fürs Herz.4
Ablauf der Studie
In der Studie untersuchten die Forscher die Wirkung von chronischem Koffeinkonsum auf das Herz-Kreislauf-System. Dabei hatten sie statt Langzeiteffekten die Wirkung kurz nach dem Zuführen von Koffein im Blick. Als chronisch galt Koffeinkonsum, wenn eine Person an fünf Tagen koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Energydrinks, Cola oder koffeinhaltigen Tee zu sich nahmen.
Teil der Studie war eine randomisierte Gruppe von 92 gesunden Personen mit normalem Blutdruck im Alter zwischen 18 und 45 Jahren. Neben Daten zum Blutdruck erfassten die Wissenschaftler auch die soziodemografischen Daten sowie das Maß des täglichen Koffeinkonsums der einzelnen Teilnehmer. Alle Probanden absolvierten einen dreiminütigen Fitnesstest auf einem Ergometer, auch Stufentest genannt.5 Direkt davor und im Anschluss an die Belastung – eine Minute und fünf Minuten nach Beendigung des Stufentests – maßen die Forscher den Blutdruck und den Puls der Studienteilnehmer.
Auswirkung von Koffein auf Herzfrequenz und Blutdruck
Zunächst einmal erhielten die Forscher interessante Einblicke in das Koffeinkonsumverhalten. So stellte sich heraus, dass 19,6 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer täglich mehr als 400 Milligramm Koffein konsumierten. Dies entspricht etwa zehn Dosen Cola, zwei Energydrinks – oder vier Tassen Kaffee. Die höchste tägliche Koffeinzufuhr wurde überdies bei Frauen beobachtet, die in Geschäfts- und Managementpositionen tätig waren und in städtischen Gebieten lebten.
Doch wie wirkte sich der Kaffee- bzw. Koffeinkonsum auf das Herz-Kreislauf-System der Studienteilnehmer aus? Der Stufentest sowie die Messungen von Puls und Herzfrequenz ergaben, dass ein chronischer Koffeinkonsum von 400 Milligramm pro Tag erhebliche Auswirkungen auf das autonome Nervensystem haben kann. Mit der Zeit kann er die Herzfrequenz und den Blutdruck erhöhen.
Diejenigen, die die höchsten Mengen konsumierten, d. h. einen chronischen Koffeinkonsum von mehr als 600 Milligramm Koffein pro Tag hatten, wiesen auch nach fünf Minuten Ruhezeit nach dem Stufentest deutlich erhöhte Herzfrequenzen und Blutdruckwerte auf. Daraus lässt sich schließen, dass sich Koffeinliebhaber nicht so schnell von körperlichen Belastungen erholen wie Menschen, die weniger oder gar kein Koffein konsumieren.
Die kurzfristigen Effekte von Koffein könnten langfristige Folgen fürs Herz haben
Auch, wenn es sich – das wollen wir an dieser Stelle betonen – nur um Momentaufnahmen (kurz nach einer körperlichen Belastung) handelt, sind die Studienerkenntnisse auch mit Blick auf die langfristige Gesundheit interessant. Denn wenn jemand dauerhaft z. B. täglich vier oder mehr Tassen Kaffee trinkt, kann das zu erhöhtem Blutdruck führen. Bluthochdruck ist wiederum der größte Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die im schlimmsten Fall tödlich enden.
Die nicht zu unterschätzenden Folgen eines hohen Koffeinkonsums betont auch Studienleiterin Nancy Kagathara. „Regelmäßiger Koffeinkonsum könnte das parasympathische System stören und zu erhöhtem Blutdruck und erhöhter Herzfrequenz führen“, erklärt sie. „Aufgrund seiner Wirkung auf das autonome Nervensystem könnte regelmäßiger Koffeinkonsum ansonsten gesunde Menschen dem Risiko von Bluthochdruck und anderen kardiovaskulären Ereignissen aussetzen. Die Sensibilisierung für diese Risiken ist von entscheidender Bedeutung, um die Herzgesundheit für alle zu verbessern.“
Laut Studie So viele Tassen Kaffee pro Tag können das Leben verlängern
Studie zeigt Kaffee und Tee können das Demenzrisiko senken – bei bestimmten Personen
Studie aus Australien Ob man starken oder dünnen Kaffee mag, ist offenbar keine Geschmacksfrage
Ist Kaffee nun gut oder schlecht fürs Herz?
Wie bei vielen Fragen, die Ernährung und Gesundheit betreffen, gibt es auch auf diese keine einfache Antwort. Generell sollte man Lebensmittel weder komplett verteufeln noch für Wundermittel halten. Am Ende entscheidet nie ein einzelner Nährstoff, ein einzelnes Lebensmittel oder eine einzelne Mahlzeit darüber, ob die Auswirkungen auf die Gesundheit gut oder schlecht sind.
Es kommt auf die Balance an. Das heißt, es ist viel wichtiger, die gesamte Ernährung ausgewogen zu gestalten, als auf ein Lebensmittel oder Getränk komplett zu verzichten.
Was die Studienlage aber zeigt, ist, dass es nicht schaden kann, Kaffee bzw. Koffein in Maßen zu konsumieren. Im besten Fall nicht täglich Kaffee oder wenigstens täglich weniger als vier Tassen zu trinken. Wer dann noch auf Milch in seinem Kaffee verzichtet, wird seinem Herzen sicherlich keinen Schaden zufügen – insofern er darüber hinaus einen aktiven und gesunden Lebensstil pflegt.