28. September 2023, 13:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Süßstoffe wurden entwickelt, um Speisen und Getränke kalorienarm süßen zu können. In Anbetracht der weltweiten Adipositas-Epidemie ein guter Ansatz, um Übergewicht entgegenzuwirken. Inzwischen wurde jedoch herausgefunden, dass Süßstoffe auch sehr schädlich für die Gesundheit sein können. Eine Studie aus Österreich ist allerdings zu einem interessanten Ergebnis gekommen. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke stellt die wichtigsten Erkenntnisse vor.
Personen, die ihren Zuckerkonsum einschränken möchten, greifen gerne zu anderen Süßungsmitteln. Allerdings gibt es Studien, die zeigen, dass bestimmte Süßstoffe krebserregend sein können oder sogar das Gedächtnis beeinträchtigen. Ein Forschungsteam aus Wien hat sich den Süßstoff Sucralose genauer angeschaut. Dieser ist stolze 600 Mal süßer als weißer Haushaltszucker. Warum der Süßstoff gesünder sein soll als Zucker, erfahren Sie in diesem Artikel.
Übersicht
Was wurde untersucht?
Das Forschungsteam hat sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit Zucker und der Süßstoff Sucralose die Darmgesundheit dahin gehend beeinflussen, Entzündungsprozesse im Körper zu fördern.1
Warum der Darm Entzündungen im Körper beeinflusst
Hintergrund ist, dass die Darmflora aus einer Vielzahl von Bakterien besteht. Die „gesunden“ Bakterien stabilisieren die Darmbarriere und regulieren auf diese Weise das Immunsystem. Die „ungesunden“ Bakterien hingegen bilden sogenannte Lipopolysaccharide (kurz LPS), die Toxine freisetzen und Entzündungen fördern. Ist die Darmflora im Gleichgewicht, werden diese Giftstoffe (Endotoxine) über den Stuhl ausgeschieden und gelangen nicht in den Körper.
Wenn die Darmbarriere jedoch geschädigt ist, etwa aufgrund des Leaky-Gut-Syndroms, können diese Endotoxine in den Blutkreislauf gelangen. Infolgedessen reagiert das Immunsystem mit der Ausschüttung entzündungsfördernder Botenstoffe. Es kommt zu einer „stillen Entzündung“, eine Endotoxinämie entsteht. Also eine Art Vergiftung, die von innen heraus ausgelöst wird. Das Gefährliche an diesen subklinischen Entzündungen ist, dass sie keine spürbaren Symptome auslösen. Lediglich Marker im Blut weisen auf die Entzündungen hin. Bleibt die Entzündung über längere Zeit bestehen, können sie an der Entstehung von Herz-Kreislauf- sowie Stoffwechselerkrankungen beteiligt sein.
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Ablauf der Studie
Das Ziel war es, die Wirkung verschiedener gesüßter Getränke auf die Entzündungswerte (Endotoxine im Blut) nach dem Essen bei gesunden jungen Erwachsenen zu bewerten.
An der Studie nahmen insgesamt 18 gesunde, normal gewichtige Nichtraucher teil, die zwischen 24 und 31 Jahre alt waren. Drei Wochen vor der Studie wurden die Teilnehmer gebeten, auf den Konsum intensiver Süßstoffe zu verzichten. Anhand der Ernährungsempfehlungen von Fachgesellschaften wurde die Ernährung der Probanden zwei Tage vor der Intervention standardisiert. Am Tag der Intervention erhielten sie ein leichtes Frühstück und eines von drei verschiedenen Getränken:
- Getränk mit Saccharose, dem weißen Haushaltszucker (110 Milligramm)
- Getränk mit Sucralose, dem Süßstoff (180 Milligramm)
- Ein Sucralose-Maltodextrin-Mischgetränk (180 und 110 Milligramm)
Vor dem Frühstück und zu mehreren Zeitpunkten danach wurde den Teilnehmern Blut abgenommen, um die Endotoxin-Spiegel im Blut zu messen. Zusätzlich nutzten die Wissenschaftler ein Modell mit Darmzellen, in welchem sie testeten, ob Zucker oder Sucralose einen Einfluss auf die Durchlässigkeit des Darms bewirkt.
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Zucker sorgte für erhöhte Entzündungswerte im Blut, Süßstoff nicht
Die Forscher stellten fest, dass diejenigen Probanden, die das mit Saccharose gesüßte Getränk zu sich nahmen, signifikant höhere Endotoxin-Werte in ihrem Blut aufwiesen im Vergleich zu denjenigen, die das mit Sucralose-Getränk oder das Sucralose-Maltodextrin-Mischgetränk bekamen. Der Zucker führte also zu einer Endotoxinämie nach dem Essen.
Das Modell, welches die Darmzellen untersuchte, zeigte darüber hinaus, dass eine Belastung mit Zucker die Durchlässigkeit der Darmbarriere erhöhte, nicht jedoch mit Sucralose. Somit wird der Darm für Toxine durch Zucker durchlässiger.
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Fördern weitere Ernährungsfaktoren die Bildung von Endotoxinen?
Insbesondere Lebensmittel, mit einem hohen Fett- oder Zuckergehalt, erhöhen den Gehalt an Endotoxinen im Darm, was zu einer Endotoxinämie nach einer Mahlzeit führen kann. Das können etwa tierische Produkte wie Schmalz oder Leber sein, aber auch Gebäck, Süßwaren und Fast Food.
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Einschränkungen der Studie
Zwar wurde die benötigte Teilnehmerzahl basierend auf den Daten einer vorherigen Studie berechnet, jedoch schlossen von den 18 Probanden nur elf die Studie ab. Sieben weitere schieden aus verschiedenen Gründen, wie einer Corona-Infektion, aus. Dementsprechend sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen.
Weiterhin wurde hier lediglich ein Aspekt der Wirkung von Süßstoff und Zucker auf die Gesundheit betrachtet. Allerdings können diese auf vielfältigen Wegen im Körper wirken. In der Vergangenheit wurde z. B. festgestellt, dass Sucralose eine gentoxische Wirkung aufweist (FITBOOK berichtete).
Für aussagekräftige Erkenntnisse hinsichtlich der Wirkung auf den Endotoxin-Spiegel im Blut sollte eine größere Teilnehmerzahl über einen längeren Zeitraum beobachtet werden.
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Quellen
- 1. Staltner, R., Sánchez, V., Bergheim, I. et al. (2023). Acute Intake of Sucrose but Not of the Intense Sweetener Sucralose Is Associated with Post-Prandial Endotoxemia in Healthy Young Adults—A Randomized Controlled Trial. Nutrients.