8. Februar 2021, 20:33 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Es bleibt dabei: Starkes Übergewicht erhöht das Krankheits- und folglich auch das Sterberisiko. Aber offenbar macht die Menge das Gift, und daneben auch der richtige Zeitpunkt sowie das Tempo der Gewichtszunahme. Einer aktuellen Studie zufolge ist moderates Zunehmen für Erwachsene sogar gesundheitsförderlich.
Studien zum Thema (Über-)Gewicht und Sterblichkeit gab es schon viele. Meist bringen sie zutage, dass ein hoher BMI (Body-Mass-Index) bei einem ungünstigen Körperfettanteil die Lebenserwartung verkürzen kann. Zumal starkes Übergewicht die Gefahr von u. a. Erkrankungen des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems erhöhen soll, welche mitunter tödlich enden. Dass man durch Zunehmen seine Lebenserwartung erhöhen kann, klingt dahingegen etwas überraschend.
Kann Zunehmen die Lebenserwartung erhöhen?
„Die Auswirkungen des Gewichts auf die Sterblichkeit sind komplex.“ Das ist nicht bloß unser Eindruck, sondern auch die Einschätzung von Hui Zheng, Professor an der Ohio State University Hauptautor der aktuellen Studie. So hänge es u. a. davon ab, zu welchem Zeitpunkt im Leben die Gewichtszunahme einsetzt, sowie nicht zuletzt natürlich von ihrem Ausmaß.
Es bleibe jedenfalls dabei: Bei Menschen, die als junge Erwachsene normalgewichtig sind, mit fortschreitendem Alter jedoch zunehmen, sei die Lebenserwartung besonders hoch.
Details zur Studie
Neben Leiter Zheng waren u. a. Forscher der Ohio State University, der University of Texas und des Max-Planck-Instituts an der Studie beteiligt. Alle Details dazu sind im wissenschaftlichen Fachblatt „Annals of Epidemiology“ nachzulesen.
Das Team hat mit Probandendaten aus der Framingham-Herz-Studie gearbeitet. Darin sind systematische Untersuchungen der Bevölkerung von Framingham (Massachusetts) auf u. a. Herz- und Arterienerkrankungen dokumentiert. Die Forscher bezogen Daten von jeweils zwei Generationen einerseits aus den Jahren 1948 und 2010 und die der Kindergeneration aus den Jahren 1971 bis 2014. Die Probanden waren im Zeitraum der Datensammlung jeweils zwischen 31 und 80 Jahre alt.
Nun ging es den Forschern darum, zu untersuchen, ob und ggf. wie sich etwaige BMI-Schwankungen auf die Lebenserwartung der Probanden ausgewirkt hatten. Daneben gab es unter den Teilnehmern auch welche, die ihr Gewicht ihr gesamtes Leben gehalten hatten.
Erstaunlich: Normalgewichtige, die übergewichtig wurden, lebten am längsten
In beiden Generationen hatten Menschen, die in jungen Jahren normal- und im späteren Leben übergewichtig gewesen waren, die höchste Lebenserwartung. Worauf es dabei offenbar angekommen ist: dass bei keinem von ihnen die Gewichtszunahme vor dem 31. Lebensjahr eingesetzt hatte. Außerdem mündete sie bei keinem von ihnen in eine Fettleibigkeit.
Höchste Sterblichkeit bei starkem Übergewicht
Erst danach folgten diejenigen Probanden, von denen man vermuten würde, sie seien die gesündesten: Solche, die bereits beim Eintritt ins Erwachsenenalter normalgewichtig waren und es ihr Leben lang blieben. In puncto Lebenserwartung waren sie gleichauf mit Personen, deren bereits im jungen Erwachsenenalter bestehendes Übergewicht stabil blieb, sowie mit Probanden im dauerhaft unteren normalgewichtigen Bereich.
Die höchste Sterblichkeit verzeichneten die Forscher bei Probanden, die bereits im jungen Erwachsenenalter übergewichtig gewesen waren und immer weiter zunahmen.
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Übergewicht ab dem 50. Lebensjahr besonders „gesund“?
Es ist nicht die erste Untersuchung, die Zheng und sein Team im Zusammenhang mit Übergewicht bzw. Zunehmen und der Lebenserwartung vorgenommen haben. 2013 veröffentlichten sie eine Studie mit ähnlichem Ergebnis im „American Journal of Epidemiology“. Damals kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Ü-50-Jährige mit leichtem Übergewicht, die selbiges stabil hielten, in den auf die Untersuchung folgenden 19 Jahren meist gesund blieben.