11. Januar 2023, 13:51 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Übergewicht kann für Betroffene verschiedene, mitunter gravierende gesundheitliche Folgen haben. Dabei scheint es für Männer noch schädlicher zu sein als für Frauen. Warum? Das haben kanadische Forscher im Rahmen einer Studie untersucht. FITBOOK stellt die Ergebnisse vor.
Insulinresistenz, Diabetes Typ 2 und zahlreiche weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen – die Liste der möglichen gesundheitlichen Probleme, die (starkes) Übergewicht mitbringen kann, ist lang. Dabei scheint zu viel Körperfülle für Männer noch schädlicher zu sein als für Frauen. Die Gründe dafür haben Forscher der kanadischen York University in einer Studie untersucht1.
Übersicht
Übergewicht ist laut Studie für Männer schädlicher als für Frauen
Unter der Leitung von Professor Tara Haas beleuchtete das Forscherteam geschlechtsspezifische biologische Grundlagen, welche unterschiedliche Erkrankungswahrscheinlichkeiten bedeuten können. Dabei seien sie auf etwas „Faszinierendes“ gestoßen, berichtet die Studienleiterin in einer Pressemitteilung der Universität.2 Demnach finden im weiblichen Körper (von Versuchstieren) auf Zellebene Prozesse statt, die zu einem gewissen Grad vor schädlichen Folgen durch Übergewicht und Fettleibigkeit schützen können.
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Untersuchung mit Mäusen
Im untersuchten Zusammenhang werde häufiger mit männlichen Mäusen gearbeitet. Es sei nämlich bekannt, dass bei ihnen Übergewicht oder Fettleibigkeit andere Folgen mit sich bringt als bei weiblichen. So wollen auch Haas und ihr Team in früheren Studien festgestellt haben, dass etwa Weibchen unter dem Einfluss von Übergewicht neue Blutgefäße entwickelten, was wohl dazu diene, das ausgedehnte Fettgewebe mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen versorgen zu können. Bei männlichen Mäusen dagegen seien derartige, offenbar günstige Veränderungen nicht zu beobachten. Ein Zufall? Oder waren die Unterschiede auf das geschlechtsabhängige Genom zurückzuführen?
Um dies herauszufinden, nutzten die Forscher für ihre aktuelle Studie eine hochkomplexe Software, welche Tausende von Genen untersuchte. Und tatsächlich: Bei der Auswertung stellten sie fest, dass Prozesse, die mit dem Wachstum neuer Blutgefäße in Verbindung stehen, bei weiblichen Mäusen deutlich aktiver sind. Die männlichen Mäuse dagegen wiesen auffällig hohe Entzündungswerte auf.
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Weibliche Zellen reagieren anders als männliche
Die Endothelzellen (= innerste Zellschicht der Blutgefäße) weiblicher und männlicher Mäuse verhielten sich grundlegend unterschiedlich. Das fand das Team bei einer gesonderten Untersuchung entnommener Endothelzellen in Petrischalen heraus. Dieser Teil diente dazu, einen etwaigen Einfluss von im Körper wirkenden Sexualhormonen und ähnlicher Faktoren auszuschließen. Die weiblichen Endothelzellen vervielfachten sich demnach schneller, erklärt Haas. Weiterhin bestätigte sich auch hier bei den männlichen Tieren eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Entzündungsreizen. Das Team interpretierte dies als eine erhöhte Bereitschaft für die Entwicklung von Krankheiten.
Forscher sehen Chance für spezifischere Behandlungen
Die Studienleiterin räumt ein, dass die genetische Verteilung bei Mäusen anders ist als bei Menschen. Sie gehe jedoch davon aus, dass die Ergebnisse ihrer Studie in einer darauf aufbauenden mit menschlichem Zellmaterial sehr ähnlich ausfallen würden.
Bereits jetzt schlussfolgert sie, dass die Körper von Frauen und Männer unterschiedlich reagieren – womöglich nicht nur auf Übergewicht und Fettleibigkeit. „Ich denke, es ist ein viel umfassenderes konzeptionelles Problem, das etwa auch gesundes Altern beinhaltet“, erklärt sie in der Veröffentlichung. Konkret würde das bedeuten, dass z. B. eine Behandlung, die für männliche Patienten sinnvoll ist, sich womöglich nicht für weibliche eignet und umgekehrt. Dies sollte ihrer Auffassung nach in die medizinische Praxis aufgenommen werden.
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Quellen
- 1. Rudnicki, M., Pislaru, A., Rezvan, O. et. al. (2022). Transcriptomic profiling reveals sex-specific molecular signatures of adipose endothelial cells under obesogenic conditions. iScience.
- 2. York University. York research helps explain why obesity is more dangerous for men. (aufgerufen am 11.01.2023)