9. September 2020, 14:45 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Mit der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs war AstraZaneca schon relativ weit. Nun musste der Pharmakonzern alle Tests in einer entscheidenden Studienphase unterbrechen. Grund dafür ist die schwere Erkrankung eines Probanden. Ob der Befund im Zusammenhang mit dem Impfstoffkandidaten steht, ist noch unklar.
Mit einem möglichen Corona-Impfstoff war AstraZeneca bereits in einer bedeutenden klinischen Phase. FITBOOK berichtete schon vor Wochen über die Produktionsabsichten des britisch-schwedischen Pharmakonzerns. Dessen ambitionierter Plan: noch in diesem Jahr mit einem Corona-Impfstoff auf den Markt zu kommen. Ob AstraZeneca diesen Zeitplan einhalten kann, erscheint nun eher fraglich.
AstraZeneca bricht Studie mit Corona-Impfstoff ab
Die Firma testete seinen Impfstoffkandidaten mit dem von der Universität Oxford entwickelten Wirkstoff „AZD1222“ bereits an Zehntausenden Probanden. Jetzt sind bei einem von ihnen schwere gesundheitliche Probleme aufgetreten.
Laut Informationen der „New York Times“ unter Berufung auf einen Insider handelt es sich um eine transverse Myelitis, eine Entzündung des Rückenmarks. Diese werde oft durch Virusinfektionen ausgelöst.
Der Befund kann, muss aber nicht mit der Verabreichung des Impfstoffs im Zusammenhang gestanden haben. „In großen Versuchsreihen können Erkrankungen zufällig auftreten“, erklärt dazu AstraZeneca in einer öffentlichen Stellungnahme. Dennoch müsse der Fall „von unabhängiger Seite untersucht werden, um das gründlich zu überprüfen“.
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Eine vorsorgliche Maßnahme also. Aber eine, die Zeit kostet. Zwar solle die Überprüfung möglichst zügig gehen, um die Auswirkungen auf den Zulassungsprozess möglichst gering zu halten. Die Impfstoff-Studie werde aber erst dann wieder aufgenommen, wenn geklärt ist, ob der Impfstoffkandidat die Erkrankung ausgelöst hat oder nicht.
AstraZeneca hat bereits mit mehreren Pharmafirmen Verträge zur Herstellung des Impfstoffes geschlossen. Mit Unterstützung der USA hat sich das Unternehmen im Juli auch mit IQVIA zusammengeschlossen, um die Versuche zu beschleunigen. Auch über die Lieferung der Impfstoffdosen hat der Konzern bereits mit mehreren Ländern Verträge, sollte der Wirkstoff zugelassen werden – etwa mit Großbritannien, den USA, der EU, Japan und Brasilien. Laut „BILD“ soll Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für Deutschland 54 Millionen Dosen des britischen Impfstoffes gesichert haben. Bei einer Zweifach-Impfung, wie sie vorgesehen ist, wäre also genügend Impfstoff für 27 Millionen Deutsche vorhanden.
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Warum dauert eine Impfstoff-Entwicklung so lang?
Mögliche Impfstoffe müssen zur hinreichenden Untersuchung auf u.a. Wirksamkeit und Verträglichkeit grundsätzlich mehrere Studienphasen durchlaufen. Deshalb dauert es in der Regel Jahre, bis ein Impfstoff zugelassen werden kann. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie werden verschiedene notwendige Schritte beschleunigt – nicht jedoch auf Kosten der Sicherheit. Das hat nun auch die WHO noch einmal betont. Man werde keine Kompromisse eingehen. Die Entwicklung eines Impfstoffes müsse weiterhin nach den geltenden Regeln erfolgen.