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Forschung

Möglicher Grund, warum Ihr Kurzzeitgedächtnis schlechter funktioniert

Mann ist gestresst
Laut einer Studie kann Stress die Gedächtnisleistung fördern – wenn er ein moderates Maß nicht überschreitet Foto: Getty Images/Westend61

25. November 2024, 11:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Stress wird gemeinhin mit negativen Folgen für die Gesundheit assoziiert. Doch laut einer aktuellen Studie kann er sich vorteilhaft auf die Gehirnfunktion auswirken, genauer: auf die Gedächtnisleistung. Dies soll zumindest dann gelten, wenn der Stress ein moderates Maß nicht überschreitet. FITBOOK erklärt es genauer.

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Stress versetzt den Körper in Alarmbereitschaft – die Folgen können unter anderem Kopfschmerzen, Verspannungen, Gewichtszunahme und Schlafstörungen sein. Zudem geht man davon aus, dass Stress die kognitive Leistung negativ beeinflussen könnte. Daneben gibt es aber auch eine Studie, deren Ergebnisse eine förderliche Wirkung von Stress auf die Gedächtnisleistung nahelegt.

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Stress kann die Gedächtnisleistung verbessern

„Unsere Ergebnisse zeigen eine erhöhte neuronale Aktivierung des Arbeitsgedächtnisses durch leichten bis mäßigen Stress, was zu einer besseren geistigen Leistungsfähigkeit führt“, erklärt Studienleiter Assaf Oshri.1 Das sogenannte Arbeitsgedächtnis ist verantwortlich für das kurzfristige Speichern von Informationen, um diese für das Langzeitgedächtnis nutzbar zu machen.

Der Uniprofessor ist den womöglich positiven Effekten von Stress schon länger auf der Spur. Er verfolgt dabei Grundlagen des Hormetic Dose-Response Model, welches auch einige seiner Kollegen in ihren Arbeiten berücksichtigen.2 Dem zufolge können moderate Mengen von Gift (in diesem Fall Stress) die Anpassungsfähigkeit von Organismen erhöhen, wobei die tatsächliche Toxizität erst ab einem gewissen Schwellenwert entsteht /zunimmt. Oshri selbst will in einer früheren Untersuchung aufgezeigt haben, dass ein moderater Stresspegel sich günstig auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken kann. Ein moderater Stresspegel verhelfe Betroffenen zu mehr Resilienz – dadurch seien sie weniger gefährdet, Verhaltensauffälligkeiten oder psychische Störungen bzw. Erkrankungen zu entwickeln. Die vorliegende Untersuchung knüpfte an die Erkenntnisse von damals an.

Ablauf der Untersuchung

Nach eigenen Angaben arbeiteten die Forscher für ihre Untersuchung mit 1000 Frauen und Männern verschiedener ethnischer Zugehörigkeiten aus dem Human Connectome Project, einem Förderprogramm zur Erforschung der menschlichen Nervenverbindungen.3 Die Probanden sollten vorab Angaben zu ihrem persönlichen Stressempfinden machen. Weiterhin habe das Team ihnen „codierte“ Fragen gestellt, aus deren Antworten sie selbst Rückschlüsse auf das Stressaufkommen zogen. Zuletzt berücksichtigten sie auch Aussagen der Probanden zu deren sozialer Eingebundenheit. Hierbei ging es vor allem darum, wie verstanden und unterstützt sie sich von ihrem familiären und privaten Umfeld fühlten.

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Zur Überprüfung der Gedächtnisleistung bekamen die Probanden mehrere Bilder präsentiert, auf denen jeweils Gesichter oder verschiedene Gegenstände zu sehen waren. Später mussten sie dann beantworten, welche der Bilder sie wiedererkannten, sprich bereits gesehen hatten, und welche nicht. Per MRT-Scans konnten die Forscher beurteilen, wie stark die neuronale Aktivierung der relevanten Gehirnregionen bei den Probanden war, während sie die Aufgaben absolvierten.

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Ergebnis: moderater Stress, besseres Kurzzeitgedächtnis

Es zeigte sich: Diejenigen Probanden, die sich selbst als leicht bis mäßig gestresst bezeichnet hatten, wiesen eine höhere Aktivität in den relevanten Hirnregionen auf und schnitten auch in den Gedächtnistests besser ab. Dabei seien diejenigen, die sich sozial eingebunden fühlten, besonders positiv hervorgestochen. Das eine dürfte untrennbar mit dem anderen zusammenhängen: „Man braucht die nötigen Mittel, um gestärkt aus Widrigkeiten und Stress hervorgehen zu können“, erklärt Oshri. So könne es ohne sozialen Verbund, also ohne eine Rückendeckung durch Familie und Freunde, deutlich schwerer sein, von Stress zu profitieren.

Dauerhafter und hoher Stress verdrängt graue Hirnsubstanz

Der Studienleiter betont noch einmal, dass allenfalls mäßiger Stress entsprechend positive Auswirkungen haben können. Dauerhafter und hoher Stress dagegen könnte zu einer Vermehrung der weißen Hirnmasse führen, die dadurch die (wichtige) graue Hirnsubstanz verdrängt. Darüber hinaus mache chronischer Stress die Betroffenen anfälliger für verschiedene körperliche Erkrankungen.

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Zur Einordnung der Erkenntnisse

Die Untersuchung behandelte den wahrgenommenen Stress der Probanden. Objektive Parameter, etwa der Ausstoß an Stresshormonen wie Cortisol, wurden dabei nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse zeigt daher vor allem die Bedeutung des individuellen Stressempfindens auf, welches offenbar in erster Linie in der Erziehung und durch das soziale Umfeld geprägt wird.

Eine weitere Studie aus der jüngeren Vergangenheit, die sich mit der Gedächtnisleistung befasste, kam zu einem anderen Ergebnis. Hier zeigte sich, dass zu Neurotizismus neigende Menschen – diese sind oft nervös, angespannt und ängstlich – gemeinhin vergesslicher sind. Denn der psychische Stress könnte „diejenigen Teile des Nervensystems belasten, die für die episodische Gedächtnisleistung zuständig sind“.

Themen Stress

Quellen

  1. University of Georgia. Some types of stress could be good for brain functioning. University of Georgia. (aufgerufen am 24.11.2022) ↩︎
  2. Calabrese, E.J., Baldwin, L. (2003). The Hormetic Dose-Response Model Is More Common than the Threshold Model in Toxicology. Toxicological Sciences. ↩︎
  3. 1 Oshri, A., Cui, Z., Owens, M., et. al. (2022), Low-to-moderate level of perceived stress strengthens working memory: Testing the hormesis hypothesis through neural activation, Neuropsychologia. ↩︎

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