30. April 2022, 8:23 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wer keine Kinder bekommen möchte oder die Familienplanung abgeschlossen hat, kann sich für eine Sterilisation entscheiden. Das ist sowohl beim Mann als auch bei der Frau möglich. Was Sie über den Eingriff wissen sollten.
Die Sterilisation ist für Frau und Mann die sicherste Verhütungsmethode. Besonders beliebt ist sie aber nicht. Was auf dem OP-Tisch passiert und wie sich der Sex dadurch verändert. Ein Überblick.
Übersicht
Sterilisation beim Mann
Heiner Fischer ist unfruchtbar. Er spricht es offen aus – ohne Wehmut, Wut oder Scham. Der 38-Jährige aus Krefeld hat sich bewusst dafür entschieden. Er hat sich die Samenleiter durchtrennen lassen, um sicherzustellen, dass er keine Kinder mehr zeugen kann.
Vasektomie heißt dieser Eingriff in der Medizin. „Keine große Sache im Vergleich zu einer Geburt“, sagt Heiner Fischer. Gemeinsam mit seiner Frau hat er die Entscheidung getroffen. Weil er sich als Mann genauso für die Verhütung verantwortlich fühlt wie sie.
Nur circa drei Prozent aller Männer in Deutschland entscheiden sich wie Heiner Fischer für eine Vasektomie. Dabei schlägt das Durchtrennen der Samenleiter andere Verhütungsmethoden in Sachen Sicherheit um Längen. Das sagt der sogenannte Pearl-Index, der Verhütungsmethoden miteinander vergleicht.
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Eine Vasektomie sollte gut überlegt sein
Der große Unterschied zu Pille, Kondom und Spirale: Eine Vasektomie ist ein operativer Eingriff und sollte als endgültiger Schritt betrachtet werden.
Das sagt auch Prof. Florian Roghmann, Facharzt für Urologie und Oberarzt am Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum: „Ein Zurück über eine operative Wiederherstellung der Samenleiter ist zwar möglich, muss aber nicht unbedingt funktionieren.“
Die Endgültigkeit der Vasektomie war bei Heiner Fischer und seiner Frau aber kein Thema. Mit ihren zwei Kindern fühlt sich ihre Familie vollständig. Dem Ehepaar ging es darum, einen Weg zu finden, ganz unbefangen Sex miteinander zu haben.
Wie lange dauert der Eingriff?
Die Sterilisation dauert rund 30 Minuten. Aber was genau passiert eigentlich auf dem OP-Tisch? „Eine Vasektomie kann ambulant in Vollnarkose oder mit örtlicher Betäubung durchgeführt werden“, erklärt Urologe Florian Roghmann.
Dabei setzt der Arzt oder die Ärztin im Bereich des Hodensacks rechts und links einen circa einen Zentimeter langen Schnitt und zieht einen Abschnitt der Samenleiter heraus. Nun wird jeweils ein etwa anderthalb bis zwei Zentimeter langes Stück herausgeschnitten.
In seltenen Fällen können sich die gekappten Samenleiter im Gewebe wieder neu finden und zusammenwachsen. Um das zu verhindern, verödet der Urologe die Samenleiter an ihren Enden, unterbindet sie und schlägt sie um. Die Wunde wird dann in unterschiedlichen Gewebsschichten vernäht.
Komplikationen sind laut Florian Roghmann selten und gehen in aller Regel nicht über die klassischen Operationsrisiken hinaus.
Spermiogramm weist Unfruchtbarkeit nach
Auf ungeschützten Sex musste Heiner Fischer eine Weile nach der Operation aber erstmal verzichten. Urologe Florian Roghmann erklärt: „Nach der Vasektomie können sich noch Spermien in den nachgeschalteten Abschnitten des Geschlechtsapparats befinden. Diese können noch in den ersten Ejakulationen nach der Operation enthalten sein.“
Vor ungeschütztem Geschlechtsverkehr müsse deshalb rund ein bis drei Monate nach dem operativen Eingriff mittels Spermiogramm die Unfruchtbarkeit nachgewiesen werden.
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Verhütung geklärt – Kopf frei für befreiten Sex
Bei Heiner Fischer liegt die Vasektomie ein knappes Jahr zurück. Er ist glücklich mit seiner Entscheidung. „Die Sexualität zwischen mir und meiner Frau ist viel befreiter und intensiver. Wir müssen nicht über ihren Zyklus nachdenken und können spontaner miteinander intim werden.“
Auch körperlich spürt Heiner Fischer keine Einschränkungen oder Veränderungen. Sein Körper produziert weiterhin Spermien. Sie gelangen allerdings nicht mehr in die Samenflüssigkeit. Stattdessen baut der Körper sie ab.
Gezahlt hat Heiner Fischer für die Vasektomie rund 500 Euro. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel nicht.
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Wie funktioniert die Sterilisation bei der Frau?
Nicht nur bei Männern, auch bei Frauen ist eine Sterilisation möglich. Bei ihnen werden dafür die Eileiter durchtrennt. Wie bei der Vasektomie kann der Eingriff ambulant oder stationär durchgeführt werden, erklärt die Berliner Gynäkologin Martina Nagel.
Unter Vollnarkose werden über einen kleinen Schnitt in der Nähe des Bauchnabels die Eileiter über eine Länge von einem Zentimeter durchtrennt, verödet und mit einem Clip verschlossen. Zwischen 600 und 1000 Euro kostet der Eingriff.
Risikoreich sei die Operation in der Regel nicht, sagt Ärztin Martina Nagel. In sehr seltenen Fällen könne es zu Nachblutungen, Infektionen im Wundgebiet oder zu einer Darm- oder Blasenverletzung kommen. Nach der Operation könnten Unterbauchschmerzen auftreten. Rund eine Woche Schonung sei ratsam.
Auch dieser Eingriff ist endgültig. „Es besteht zwar die Möglichkeit, die Eileiter-Enden wieder durchlässig zu machen, aber eine Garantie gibt es nicht“, sagt Nagel.
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Vorteil von Sterilisation gegenüber anderen Verhütungsmethoden
Der Vorteil dieser Verhütungsmethode: Frauen müssen keine Hormone nehmen, wie es beispielsweise bei der Pille der Fall ist. Die Nachfrage ist allerdings gering, wie Martina Nagel feststellt.
Was etwas häufiger vorkäme, sei eine Sterilisation im Zuge eines Kaiserschnitts, wenn die Familienplanung abgeschlossen ist. „Die Frauen befinden sich dann bereits in Narkose und der Bauchraum ist sowieso schon geöffnet“, so die Gynäkologin.
Mit Material von dpa