15. Juli 2024, 4:15 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Es ist Sommerzeit: Ausflüge, Trips an den See, Wandern oder der Besuch von Festivals. Und dann passiert es – ein falscher Schritt und es macht „Knack“ im Sprunggelenk. Doch wie kann man diese Sprunggelenksverletzungen vermeiden? FITBOOK-Autorin Julia Freiberger bei einem Experten nachgefragt und erklärt, welche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Aber auch, welche Folgen entstehen können, wenn man nicht frühzeitig handelt.
Sprunggelenksverletzungen sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Immerhin können sie böse ausarten, wenn man sie nicht schnell genug behandelt. So kann sich im schlimmsten Fall ein Verschleiß der Gelenke oder Krankheiten wie Arthrose entwickeln. Im Gespräch mit Dr. Markus Preis, leitender Facharzt der ATOS Klinik Wiesbaden und Facharzt für Orthopädie, klärte FITBOOK die wichtigsten Fragen rund um die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Sprunggelenksverletzungen – und wie man diesen vorbeugen kann.
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Übersicht
- Was ist das Sprunggelenk?
- Welche Probleme können durch das Sprunggelenk verursacht werden?
- Welche häufigsten Ursachen gibt es für die Entstehung von Sprunggelenksverletzungen?
- Sportarten, die am häufigsten zu Sprunggelenkverletzungen führen
- Welche Risiken haben Anfänger im Vergleich zu Fortgeschrittenen?
- Behandlungsmöglichkeiten von Sprunggelenkserkrankungen
- Wie kann man Sprunggelenksverletzungen vorbeugen?
- Quellen
Was ist das Sprunggelenk?
Unter dem Sprunggelenk kann man sich einen Gelenkkomplex vorstellen, welcher die Unterschenkelknochen mit dem Fußknochen verbinden. Bestehend aus Knochen, Bändern und Muskeln stellt es einen wichtigen Bestandteil unseres Bewegungsapparates dar. Somit ermöglicht das Sprunggelenk nicht nur, dass man gehen, laufen oder springen, sondern auch stehen und balancieren kann.
Obwohl es sich eigentlich um zwei getrennte Gelenke handelt (dem oberen und dem unteren Sprunggelenk) werden sie als ein Komplex betrachtet.
Oberes Sprunggelenk
Durch das obere Sprunggelenk kann man den Fuß nach oben und unten, aber auch etwas zur Seite bewegen. Insgesamt wird es durch drei Knochen gebildet:
- Wadenbein (Fibula): ein dünner Knochen an der äußeren Seite des Unterschenkels
- Schienbein (Tibia): ist der Hauptknochen des Unterschenkels
- Sprungbein (Talus): ist ein Fußknochen, der mit Schien- und Wadenbein verbunden ist
Unteres Sprunggelenk
Das untere Sprunggelenk ist für die Verbindung zwischen dem Sprungbein, dem Fußwurzelknochen und dem Fersenbein verantwortlich. Zwar ist es weniger beweglicher als das obere Sprunggelenk, ermöglicht jedoch, dass man den Fuß leicht seitlich kippen oder aber nach innen und außen schwenken kann.1
Diese Beweglichkeit des Fußes ist entscheidend, damit man sich an unebenes Gelände anpassen und das Gleichgewicht halten kann.
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Welche Probleme können durch das Sprunggelenk verursacht werden?
Gerade im Bereich des Sprunggelenks – der lateralen Bänder – treten oft Verletzungen wie eine „Verstauchung“ oder „Umknicken“ auf. Wenn man Sport treibt oder auf unebenem Boden läuft, kann es sein, dass sich der Fuß mit einem Mal verdreht oder umknickt. Das hat zur Folge, dass die Bänder, die die Knochen im Sprunggelenk verbinden, gedehnt und im schlimmsten Fall sogar gerissen werden können.
Aufgrund dessen, dass das untere Sprunggelenk stabiler ist, sind Zerrungen, Brüche oder Verstauchungen eher auf das obere Sprunggelenk zutreffend. Zu den häufigsten Verletzungen in dem Bereich gehören Bänderdehnungen oder Risse.2
Folgen von Sprunggelenksverletzungen
Verletzt man sich am Sprunggelenk, können unterschiedliche Folgen auftreten. Zu den häufigsten gehören:
- Knorpelschäden
- Sprunggelenkfrakturen
- Freie Gelenkkörper im Sprunggelenk
- Osteochondrosis dissecans des Talus (kurz OD): Absterben von Knochenbezirken unter dem Knorpel des Sprungbeines
- Bandinstabilitäten am Sprunggelenk3
Welche häufigsten Ursachen gibt es für die Entstehung von Sprunggelenksverletzungen?
„Wenn wir die Datenlage betrachten, insbesondere bei operationswürdigen Fällen, sind die häufigsten Ursachen Traumata. Das reicht vom einfachen Trauma wie Umknicken bis hin zu Frakturen. Erstaunlicherweise ist es durch die Form des Gelenkes so, dass eine reine Belastungsarthrose, wie wir es bei den Hüften oder Knien kennen, seltener im Sprunggelenk auftritt. In der Anamnese haben die Patienten in der Regel immer ein Ereignis in ihrem Leben gehabt, bei dem sie sich verletzt hatten. Wir haben jetzt über 1200 primäre Sprunggelenks-Endoprothesen operiert und bei 75 Prozent handelte es sich um posttraumatische Arthrosen, oft nach Bänderverletzungen, die früher nicht gut behandelt wurden. Die Instabilität des Gelenkes ist ein großes Thema, da das Gelenk bei jedem Schritt das Fünffache des Körpergewichts tragen muss. Wenn das Gelenk nicht stabil ist, führt das langfristig zu Knorpelschäden und Arthrose“, erklärt Dr. Preis.
Wie machen sich Beschwerden des Sprunggelenks bemerkbar?
„Wenn der Patient kommt, klagt er in der Regel über Schmerzen im Sprunggelenksbereich. Der Leidensdruck ist hoch, sie können das Gelenk nicht mehr belasten, es schwillt an, sie haben Ruhe- und Nachtschmerz. Bei akuten und chronischen Fällen, wie nach Frakturen, kann es schnell zu Problemen kommen, wenn der Knorpel durch den Unfall beschädigt wurde. Typische Symptome sind dann Schmerz und Bewegungseinschränkung, die im Fußbereich besonders gravierend sind.“, so der Experte.
Sportarten, die am häufigsten zu Sprunggelenkverletzungen führen
„Fußball steht ganz oben, gefolgt von Basketball, Handball und Volleyball, wo viel gesprungen und gelandet wird. Auch beim Joggen und Wandern kann es zu Umknicktraumata kommen. Fußball führt besonders häufig zu Verletzungen, weil es einerseits eine weitverbreitete und zudem sowohl lauf-, stopp-, sprung- und kontaktintensive Sportart ist“, erklärt Dr. Preis.
Wie unterscheiden sich typische Sprunggelenksverletzungen beim Joggen, Wandern oder Tanzen?
„Beim Tanzen, besonders im Leistungssport, haben die Tänzer meist eine sehr gute Koordination und Stabilität. Hier beobachten wir eher Überlastungsprobleme. Jogger, die im Wald laufen, haben oft Probleme durch Umknicken und Instabilitäten. Beim Wandern und Joggen – insbesondere im Wald oder im Feld – sind es oft Umknicktraumata, wenn die Schuhe nicht für das Gelände geeignet sind. Wichtig sind die richtige Ausrüstung und Vorbereitung, um Verletzungen zu vermeiden“, weiß der Experte.
Welche Risiken haben Anfänger im Vergleich zu Fortgeschrittenen?
Laut Preis liege das größte Risiko für Anfänger in einem Mangel an Koordination und Fitness: „Wenn man zu früh, zu schnell oder zu intensiv trainiert, steigt das Verletzungsrisiko. Ein gutes koordinatives Training und eine langsame Steigerung der Intensität sind wichtig, um Verletzungen zu vermeiden.“
Behandlungsmöglichkeiten von Sprunggelenkserkrankungen
Bevor das Sprunggelenk behandelt werden kann, bedarf es einer ausführlichen Diagnostik. „Wir müssen zuerst analysieren, was genau passiert ist und welche Strukturen im Gelenk genau und wie betroffen sind. Gibt es ein Instabilitätsproblem, eine Fehlstellung oder eine Fraktur? Nach einer Bandverletzung ist das Gelenk oft eingeschränkt belastbar. Ein einfacher Test ist, den Patienten auf einem Bein stehenzulassen, zeigt die koordinative Fähigkeit des Patienten im Seitenvergleich,“ so Preis.
Im Zuge einer konservativen Therapie behandle der Experte Patienten mit Physiotherapie oder Orthesen, um das Gelenk zu führen und den Schmerz zu reduzieren. Weiterhin seien Injektionstherapien und medikamentöse Behandlungen möglich.
Um die Statik des Gelenks zu untersuchen, nutze er Röntgenaufnahmen. „Bei Bedarf nutzen wir auch MRT oder digitale Volumentomographie (Anm. d. Red.: Dünnschicht-CT im Stehen).“
Liegt tatsächlich eine schwere Arthrose vor, helfe laut dem Experten oft nur eine größere Operation. Das könne eine Bandstabilisierung, Rekonstruktion des Gelenkes mit Umstellungsosteotomien oder das Einsetzen eines künstlichen Gelenkes sein.
Was passiert, wenn man Sprunggelenksverletzungen nicht richtig behandelt?
„Unbehandelte Sprunggelenksverletzungen bzw. -erkrankungen führen zu dauerhaften Schmerzen, einem unruhigen Gangbild und langfristig zu Arthrose. Selbst einfache Traumata, wie das klassische Umknicken, können ohne Behandlung zu schweren und schmerzhaften Arthrosen führen. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung sind daher entscheidend, um Folgeschäden zu vermeiden“, sagt Dr. Preis. „Scheuen Sie sich nicht auch bei leichten Verletzungen einen Experten aufzusuchen.“
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Wie kann man Sprunggelenksverletzungen vorbeugen?
Dr. Preis rät zu einer sanften Steigerung des Trainings, passenden Schuhen und Ausrüstung – etwa Wanderstöcke – sowie das Hören auf den eigenen Körper. „Wenn Schmerzen auftreten, sollten diese nicht ignoriert, sondern kontrolliert, diagnostiziert und behandelt werden“, stellt er klar.
Worauf muss man sich bei einer Sprunggelenkoperation einstellen?
„Ein künstliches Gelenk ist nie so gut wie das eigene, aber Operationen können helfen, weitere Schäden zu vermeiden. Die Rekonvaleszenz, also die Genesungsphase, kann länger dauern, aber wir können den Patienten damit oft sehr gut helfen, Folgeschäden zu verhindern und die Funktion des Gelenkes wiederherzustellen“, erklärt der Experte.