22. November 2024, 3:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dass das Risiko für die Entstehung von Alzheimer bzw. Demenz durch verschiedene Lebensstilfaktoren verringert werden kann, ist mittlerweile bekannt. Z. B. kann regelmäßiger Sport neurodegenerativen Erkrankungen vorbeugen. Was Studien dazu herausgefunden haben, fasst FITBOOK-Fitnessredakteurin Janine Riedle zusammen.
Wie bei vielen Erkrankungen soll man auch einer Demenz mit ausreichend Bewegung, Schlaf, einer ausgewogenen Ernährung und geistiger Fitness entgegensteuern können. Zusammengefasst: Ein gesunder Lebensstil ist essenziell, um das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen zu senken. Laut einigen Studien ist es von großer Bedeutung, gerade im mittleren Alter (35 bis 65 Jahre) Sport zu treiben, um sich vor einer späteren Demenz zu schützen.
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Übersicht
Studie 1: Sport im mittleren Alter senkte Risiko für Demenz
Welche große Rolle Sport hinsichtlich Demenz spielt, zeigen Ergebnisse der Universität Trondheim. Bei den rund 28.916 Teilnehmern der Nord-Trondelag Health Study (HUNT), die zwischen 1984 und 1986 im Alter von 30 bis 60 Jahren in die Studie aufgenommen wurden, zeigte sich, dass diejenigen, die regelmäßig Sport trieben, später zu 20 Prozent seltener an Demenz erkrankten.1 Zu diesem Ergebnis kamen die Wissenschaftler, indem sie die körperliche Aktivität der Probanden in einen Zusammenhang mit Demenzfällen brachten – und zwar auch unter Berücksichtigung sämtlicher weiterer Risikofaktoren. Als Sport wurden dabei jegliche schweißtreibende, körperliche Tätigkeiten anerkannt. Die logische Schlussfolgerung sei laut Dr. Ekaterina Zotcheva von der Universität Trondheim, dass regelmäßiger Sport im mittleren Lebensalter – das heißt ab 50 Jahren aufwärts – das Demenzrisiko senken könne, viel psychischer Stress die Wahrscheinlichkeit hingegen erhöhe.
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Stress als ausschlaggebender Faktor
Zotcheva weist darauf hin, dass es aber gar nicht so sehr der Sport an sich sei, der gegen Demenz wirke. Viel mehr sei es der daraus resultierende Stressabbau, der für den nötigen Schutz sorge. Denn bei Teilnehmern, die unter Ängsten und Depressionen litten, stellten die Forscher ein Drittel häufiger Demenz fest als bei psychisch Gesundem. Trieben die Ängstlichen und Depressiven ebenfalls Sport, sank ihr Risiko nahezu gleichermaßen. Wer also mittels Sport Stress abbaut, beugt allen Anschein nach einer Demenz wirksam vor.
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Studie 2: Besonders aerober Sport soll vor Demenz schützen
Eine aktuelle Studie wird sogar noch genauer: Sie zeigt, welcher Sport vor Demenz schützen soll.2 Die Wissenschaftler nutzten dafür Daten der UK Biobank zu einer Längsschnittstudie, die genetische und nicht-genetische Determinanten von Krankheiten im mittleren und höheren Alter untersuchte. In diesem Rahmen rekrutierte man zwischen 2006 und 2010 Personen im Alter von 37 und 73 Jahren, die beim britischen National Health Service registriert waren. Diese nahmen an einer Basisuntersuchung in einem von 22 Untersuchungszentren im ganzen Land teil. Personen mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, Asthma, Herzinsuffizienz oder prävalenter Demenz schloss man von der Studie aus. So ergab sich eine Kohortengröße von 61.887 Teilnehmern.
Belastungs- und kognitive Tests
Zu Studienbeginn füllten die Teilnehmer einen Fragebogen aus, der soziodemografische Merkmale, Lebensstilfaktoren und die medizinische Vorgeschichte abfragte. Anschließend entnahm man den Probanden Blut, nahm umfassende körperliche Untersuchungen vor und führte ein Interview mit ihnen durch. Am selben Tag unterzogen sich die Teilnehmer kognitiven Tests und einem submaximalen Belastungstest.
Beim Belastungstest absolvierten die Teilnehmer eine sechsminütige Einheit auf einem stationären Fahrrad. Die Intensität befand sich bei 60 Umdrehungen pro Minute – damit bewegten sie sich im aeroben Bereich. Zusätzlich trugen sie Messgeräte, die unter anderem die Herzfrequenz, Arbeitsleistung und der Sauerstoffverbrauch aufzeichneten.
Die kognitiven Funktionen ermittelte man mithilfe von vier neuropsychologischen Tests, die sich auf folgende Bereiche konzentrierten:
- Prospektives Gedächtnis
- Visuelles Gedächtnis
- Verbales/Numerisches Gedächtnis
- Verarbeitungsgeschwindigkeit
Studienergebnisse
Die Wissenschaftler stellten fest, dass eine gute kardiorespiratorische Verfassung die kognitiven Funktionen insgesamt verbesserten. „Die Förderung einer schrittweisen Verbesserung der Fitness ist eine praktische und wirkungsvolle Möglichkeit, die Gehirngesundheit in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu unterstützen“, erklärte Xu, der leitende Autor der Studie, „CNN“.
Kurz zur Definition: Die kardiorespiratorische Fitness beschreibt die Fähigkeit des Herz-Kreislauf- und Atmungssystem, der Muskulatur ausreichend Sauerstoff bei Sporteinheiten zur Verfügung zu stellen. Diesen Prozess kann man verbessern, indem man regelmäßig im aeroben Bereich trainiert.
Teilnehmer mit der besten kardiorespiratorischen Fitness wiesen im Vergleich zu weniger sportlichen Menschen ein um 0,6 Prozent geringeres Langzeitrisiko für Demenz auf. Auf Jahre gerechnet bedeutet das, eine Demenz um 1,5 Jahre verzögern zu können.
Besonders Menschen mit einer genetischen Veranlagung für Alzheimer – einer Form der Demenz – beobachtete man einen deutlichen Vorteil durch aeroben Sport im mittleren Alter: Personen mit einer sehr guten kardiorespiratorischen Fitness wiesen ein um 35 Prozent geringeres Risiko für diese Erkrankung auf.
Einordnung der Studie
Auch wenn die Studie wertvolle Hinweise auf die Bedeutung von Sport im mittleren Alter zum Schutz vor Demenz liefert, beinhaltet sie einige Einschränkungen. So handelt es sich um eine Beobachtungsstudie, die nicht den Mechanismus hinter diesem Zusammenhang aufdeckt.
Des Weiteren ist nicht nur Sport der entscheidende Faktor beim Demenzrisiko. Allgemein sollte man einen gesunden Lebensstil verfolgen und sich ausgewogen ernähren, ausreichend schlafen, seine Cholesterinwerte, den Blutdruck und Blutzucker im Auge behalten sowie Stress vermeiden.