17. April 2024, 20:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Stress ist bei vielen Personen gar nicht aus dem Alltag wegzudenken – und das, obwohl einem die gesundheitlichen Folgen davon oft bewusst sind. Hervorgerufen durch eine familiäre Situation, den Job oder andere Gründe ist es häufig nicht einfach, gewisse Stressfaktoren aus dem Leben streichen zu können. Die gute Nachricht ist jedoch: Durch Sport kann man das Risiko für bestimmte stressbedingte Folgeerkrankungen senken. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle fasst die neuesten Studienergebnisse zusammen.
Stress beeinflusst die Gehirnaktivität. So kann dieser im dauerhaften Zustand dazu führen, dass man sich schnell überfordert oder gar ängstlich fühlt. Vergesslichkeit und ein beeinträchtigtes Urteilsvermögen können ebenfalls auf zu viel Stress hindeuten. Aber neben dem Einfluss auf das Gehirn kann Stress sich auch negativ auf den gesamten Körper auswirken. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen sind nur ein paar der unzähligen Folgen – eine neue Studie verdeutlicht, welche Rolle Sport dabei spielen kann.
Übersicht
Studie bezog Daten von über 50.000 Menschen
Um herauszufinden, inwiefern Sport das Risiko durch stressbedingte Gehirnaktivität hervorgerufene Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen beeinflusst, bezogen Wissenschaftler des Massachusetts General Hospitals Daten von 50.359 Erwachsenen aus der Mass General Brigham Biobank.1 Die Informationen beriefen sich auf eine Umfrage über die körperliche Aktivität, welche die Teilnehmer ausgefüllt hatten. Des Weiteren bildete man eine kleinere Gruppe aus 774 Teilnehmern, bei denen man mittels etablierter Verfahren die stressbedingte Gehirnaktivität maß. Anschließend verglich man die Werte mit dem Vorkommen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei achtete man besonders darauf, ob …
- sportliche Aktivität die stressbedingte neuronale Aktivität abschwächt, die bekanntlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt und auch eine Rolle bei Depressionen spielt.
- sportliche Betätigung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann.
- regelmäßige Sporteinheiten Einfluss auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Personen mit Depressionen hat.
Lebensstil und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen berücksichtigte man in der Analyse.
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Sport kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beeinflussen
Durchschnittlich beobachtete das Forscher-Team die Studienteilnehmer zehn Jahre nach und stellte fest: Insgesamt 12,9 Prozent aller Probanden entwickelten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jedoch konnte Sport für eine Verbesserung der Werte sorgen. Denn Personen, welche der Empfehlungen für körperliche Aktivität nachkamen, wiesen ein um 23 Prozent geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf, im Gegensatz zu denjenigen, die sich nicht sportlich betätigten.
Des Weiteren kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Teilnehmer, welche regelmäßig trainierten, eine geringere stressbedingte Gehirnaktivität aufzeigten. Das stand vor allem mit einer Verbesserung der Funktion im präfrontalen Kortex in Verbindung. Dieser genannte Teil des Gehirns ist nicht nur an exekutiven Funktionen, sondern auch an der Stressunterdrückung beteiligt.
Im Zusammenhang mit Teilnehmern, die an Depressionen leiden und damit eine höhere stressbedingte Gehirnaktivität aufweisen, beobachteten die Forscher, dass der kardiovaskuläre Nutzen von körperlicher Betätigung viel größer war. Somit bestätigt die Studie, dass Sport auch bei einer hohen stressbedingten Gehirnaktivität positiv auf das Herz und die Gefäße wirken kann.
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Einordnung der Studie
„Körperliche Aktivität war etwa doppelt so wirksam bei der Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Personen mit Depressionen. Die Auswirkungen auf die stressbedingte Aktivität des Gehirns könnten diese neue Beobachtung erklären“, erklärt Ahmed Tawakol, einer der Studienautoren.2 Auch bei nicht bestehender Depression kann Sport das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern.
Doch die Wissenschaftler weisen selbst darauf hin, dass die vorliegende Studie zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung sei, allerdings weitere Untersuchungen notwendig seien, um den Zusammenhang zwischen körperlicher Tätigkeit und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser zu verstehen. „Es sind prospektive Studien erforderlich, um potenzielle Vermittler zu identifizieren und die Kausalität nachzuweisen. In der Zwischenzeit könnten Ärzte ihren Patienten vermitteln, dass körperliche Aktivität wichtige Auswirkungen auf das Gehirn haben kann, was bei Personen mit stressbedingten Syndromen wie Depressionen zu größeren kardiovaskulären Vorteilen führen könnte“, so Tawakol.
Fortführende Studien sollten sich vorzugsweise vielmehr auf klinische Untersuchungen konzentrieren. Denn in der vorliegenden Studie bezogen die Forscher lediglich Daten, welche sich auf Selbstauskünfte der Teilnehmer stützen. Bekanntermaßen sind diese nicht immer ganz zutreffend.