
27. März 2024, 19:02 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die meisten gesundheitsbewussten Menschen wissen vermutlich, dass man Speiseöl nicht mehrmals erhitzen und verwenden sollte. Forscher haben nun herausgefunden, was mehrfach erhitztes Speiseöl tatsächlich im Körper anrichten kann. Die Ergebnisse sind besorgniserregend.
Es ist eine dieser Alltagsweisheiten, die man mal irgendwo aufgeschnappt hat: Speiseöl sollte man nach dem Braten oder Frittieren nicht wieder erhitzen. Heißt also: erhitztes Brat- bzw. Frittierfett nach dem einmaligen Verwenden wegschütten. Aber weshalb eigentlich? In der Fast-Food-Gastronomie ist es gang und gäbe, dass man in ein und demselben Speisefett den ganzen Tag Lebensmittel frittiert. Womöglich sogar noch am nächsten Tag. Das klingt nicht nur unappetitlich, sondern ist tatsächlich richtig ungesund. Das zeigen eindrücklich Forschungsergebnisse, die auf dem diesjährigen Kongress der „Amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie“ in San Antonio (USA) vorgestellt wurden.1
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Übersicht
Das Problem mit den Transfetten im erhitzten Speiseöl
Wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) warnt, gibt es Hinweise darauf, dass beim starken und vor allem mehrmaligen Erhitzen von Speisefetten sich sogenannte trans-Fettsäuren bilden können.2 „Die Menge der hierbei entstehenden trans-Fettsäuren ist jedoch abhängig von Temperatur, Erhitzungsdauer, Zusammensetzung des Fetts und auch von dem Gefäßmaterial“, schreibt die DGE. Man merkt also, bei Transfetten handelt es sich um eine komplexe Problematik. Sicher ist: Transfette können unter anderem das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen erhöhen. Auf welche Art und Weise sie entstehen und in welchen Speisen sie vorkommen, hat FITBOOK bereits in einem Beitrag erklärt.
Speiseöl wird oft bei Fast-Food wieder erhitzt
Mehrmals erhitztes Speiseöl ist insbesondere bei Schnellrestaurants (Fast-Food) ein Problem. Denn während man zu Hause nach einmaligem Braten oder Frittieren das Öl meist wegschüttet, wird es in der Systemgastronomie zur Umsatzoptimierung über Stunden oder Tage verwendet. Genau in diesem Szenario können sich ungesunde Transfette und andere Schadstoffe bilden. Doch was bewirken Transfette im Körper, wenn man sie über einen längeren Zeitraum zu sich nimmt? Dieser Frage ist Prof. Kathiresan Shanmugam zusammen mit seinem Forschungsteam von der „Central University of Tamil Nadu“ in Thiruvarur (Indien) nachgegangen.
„Das Frittieren bei hohen Temperaturen wurde bereits mit verschiedenen Stoffwechselstörungen in Verbindung gebracht, aber es gab bislang keine Langzeituntersuchungen über den Einfluss des Verzehrs von frittiertem Öl und der schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit“, sagte Prof. Shanmugam bei der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse.
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So lief die Studie ab
Die Studie wurde, wie so oft, an Ratten durchgeführt, da ihr Erbgut dem menschlichen zu etwa 90 Prozent ähnelt. Um die langfristigen Auswirkungen von wiederverwendetem Frittieröl zu untersuchen, teilten die Forscher weibliche Ratten in fünf Gruppen ein, die jeweils 30 Tage lang unterschiedliches Futter erhielten:
- 1. Die erste Gruppe bekam ganz normales Standardfutter.
- 2. Die zweite Gruppe erhielt Standardfutter mit 0,1 ml unerhitztem Sesamöl.
- 3. Die dritte Gruppe bekam Standardfutter mit 0,1 ml unerhitztem Sonnenblumenöl.
- 4. Die vierte Gruppe bekam ebenfalls Standardfutter, aber mit 0,1 ml wiedererhitztem Sesamöl.
- 5. Die fünfte Gruppe erhielt Standardfutter mit 0,1 ml wieder erhitztem Sonnenblumenöl.
Die Beigabe der wiedererhitzten Öle sollte wiederverwendetes Speiseöl simulieren.
Speiseöl, das wieder erhitzt wird, führt zu Neurodegeneration
Nach dem 30-tägigen Testzeitraum wurden die Ratten untersucht. Dabei stellten die Forscher fest, dass jene Tiere, die wiedererhitztes Speiseöl bekommen hatten, einen erhöhten oxidativen Stress sowie Entzündungen in der Leber aufwiesen. Zudem hatten sie erhebliche Schäden im Dickdarm, die zu einer negativen Veränderung des Stoffwechsels führten. Dabei entstanden Toxine, die von Bakterien freigesetzt werden. „Als dessen Folge war der Fettstoffwechsel in der Leber stark verändert und der Transport der wichtigen Omega-3-Fettsäure DHA ins Gehirn vermindert. Dies wiederum führte zu einer Neurodegeneration, die sich in der Hirnhistologie der Ratten, die das wiedererhitzte Öl konsumiert hatten, und ihrer Nachkommen nachweisen ließ“, erklärt Prof. Shanmugam die Forschungsergebnisse.
Überträgt man das auf den Menschen, könnte ein häufiger Verzehr von Speiseöl, das wieder erhitzt wurde, dazu führen, dass Nervenzellen im Gehirn absterben. Gerade dieser Prozess kann zu Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson führen, aber auch Angststörungen und Depressionen begünstigen, sagt der Studienautor. Allerdings ist das momentan noch eine Mutmaßung. Deswegen möchten die Forscher im nächsten Schritt herausfinden, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von wiedererhitztem Fett und neurodegenerativen Erkrankungen existiert.

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Forscher empfehlen die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren
Aus der Studie wird deutlich, dass noch mehr Forschung nötig ist, um die hier beschriebenen Zusammenhänge zu verstehen. Dennoch empfehlen die Forscher die Einnahme von bestimmten Supplementen, um das Gehirn vor neurodegenerativem Abbau zu schützen. Laut den Studienautoren können Omega-3-Fettsäuren, Kurkumin sowie Oryzanol Entzündungen in der Leber und im Gehirn reduzieren. Tatsächlich gibt es etliche wissenschaftliche Hinweise darauf, dass insbesondere Omega-3-Fettsäuren aus Fisch oder als Nahrungsergänzung das Gehirn vor einem frühzeitigem Abbau schützen können (FITBOOK berichtete).