26. Juni 2024, 11:16 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Rückenschmerzen können verschiedene Ursachen haben. Was aber fast immer dagegen hilft: gezielte körperliche Aktivität. Und dass es nicht immer gleich ein ausschweifendes Workout sein muss, zeigt nun eine neue Studie. Darin konnten Wissenschaftler zeigen, dass bereits Spazierengehen zur Linderung von Rückenschmerzen beitragen kann.
Zu den häufigen Ursachen von Rückenschmerzen zählt zu wenig Bewegung. Denn das kann zum Verlust von Muskeln führen. Sitzende Tätigkeiten und eine ungünstige Haltung z. B. beim Arbeiten am Schreibtisch können weiterhin ein sogenanntes Verkürzen von Muskeln begünstigen. Die Schultern ziehen nach vorn, was zulasten der Nackenmuskulatur geht, die Körpermitte gerät aus der Balance – Rückenschmerzen sind vorprogrammiert. Hierüber hat FITBOOK bereits ausführlich mit einem Experten gesprochen. Um den Beschwerden nachhaltig zu begegnen, empfehlen sich bekanntlich Sport und Muskelaufbau. Doch wie Forscher nun belegt haben wollen, zeigt im ersten Schritt bereits regelmäßiges Spazierengehen Effekt.
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Übersicht
Spazierengehen hilft laut Studie gegen Rückenschmerzen
Tägliches Spazierengehen kann die Abstände zwischen dem Auftreten von Rückenschmerzen deutlich verlängern. Zu diesem Ergebnis kam ein Team australischer Forscher in einer aktuell veröffentlichten Studie.1 Deren Ziel sei es gewesen, die Wirksamkeit leicht zugänglicher und kostengünstiger Maßnahmen auf dem Weg zu mehr körperlicher Aktivität zu überprüfen. Denn zwar werde gemeinhin Bewegung empfohlen. Doch nicht jedem ist z. B. das Zahlen von Mitgliedschaftsbeiträgen fürs Fitnessstudio und/oder das regelmäßige Ausüben von Trainingseinheiten ohne Weiteres möglich.
Die konkrete Frage der Untersuchung also: Helfen bereits kleinere Veränderungen in einem bislang bewegungsarmen Alltag gegen Rückenschmerzen? Und die Antwort darauf lautete offenbar ja.
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Details zur Untersuchung
An der Studie nahmen 701 australische Erwachsene teil, die in der jüngeren Vergangenheit unter starken, unspezifischen Rückenschmerzen gelitten hatten. Aufnahmekriterien waren über 24 Stunden hinweg andauernde Symptome ohne bekannte Diagnose. Die Probanden waren durchschnittlich 54 Jahre alt und litten gemessen an ihrem Body-Mass-Index (BMI) von 30 an Adipositas ersten Grades. Sie wurden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt.
Die eine Gruppe war eine Kontrollgruppe ohne Behandlung. Für die andere ließen die Forscher Physiotherapeuten Bewegungspläne anfertigen. Dabei galt es, das Alter der Studienteilnehmer, deren körperliche Fitness, persönliche Vorlieben sowie ihre zeitliche Kapazität zu berücksichtigen. Dies erklärt Senior-Autor Professor Mark Hancock von der Macquarie University in einer Pressemitteilung.2 Zu diesem Zweck wurden Befragungen zu u. a. Vorerkrankungen sowie körperliche Untersuchungen vorgenommen. Zuletzt sollten sich die Programme inhaltlich mit den persönlichen Vorlieben der Probanden decken. Um dies zu gewährleisten – und auch für praktische Bewegungsanleitungen – sah die Studie eine Reihe persönlicher Treffen vor. Den Teilnehmern sei ein grober Richtwert an zu absolvierender Bewegung vorgegeben worden, so Hancock, den sie über einen Zeitraum von sechs Monaten auf 30 Minuten an fünf Tagen pro Woche steigern sollten. Sie erhielten für die ersten zwölf Untersuchungswochen einen Schrittzähler und durften diesen auch darüber hinaus behalten und verwenden, wenn sie das als motivierend empfanden.
Mir half Spazierengehen auch bei akuten Rückenschmerzen
„Vor einigen Jahren hatte über Monate hinweg in recht kurzen Zeitabschnitten immer wieder mit Rückenschmerzen zu kämpfen. Sie strahlten vom unteren Rücken in ein Bein, bei jeder Bewegung schoss mir der Schmerz regelmäßig durch eine untere Körperhälfte. Im ersten Moment möchte man sich da nur schonen, aber auch das war keine Option für mich, denn im Sitzen und Liegen gingen die Schmerzen nicht weg, ich musste ständig meine Position wechseln – vielleicht zum Glück. So war ich motiviert, der Empfehlung meines Arztes, leicht spazieren zu gehen, zu folgen. Das war am Anfang leichter gesagt als getan, denn jede Belastung verursachte stechende Schmerzen, zudem hatte ich das Gefühl, dass meine Muskeln nicht richtig reagierte und ich deswegen humpelte.
Aber tatsächlich: Indem ich mich vorsichtig beim Spazierengehen durch den Schmerz hindurchbewegte, merkte ich eine Linderung. Ich ging immer wieder kleine Runden um den Block, um die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Was mir zusätzlich half: leichte, auf den Rücken fokussierte, Yoga-Übungen. In der Zeit habe ich generell Yoga als Sport für mich entdeckt und seitdem ich es regelmäßig praktiziere, sind auch die Rückenschmerzen viel seltener geworden.“
Täglich Spazierengehen, halb so oft Rückenschmerzen
Die Probanden wurden vom Untersuchungsbeginn an so lang beobachtet, bis sie von einem erneuten Auftreten ihrer Rückenschmerzen berichteten. Dies dauerte zwischen zwölf und 36 Monate. Im Verlauf dieses Zeitraums stellten die Forscher bei ihnen eine Zunahme an täglicher Bewegung fest. Durchschnittlich sollen die Probanden pro Tag 6,4 Minuten mehr körperlicher Aktivität nachgegangen sein. Im Mittel seien es 611 zusätzliche Schritte pro Tag gewesen, in der Untersuchungskategorie schnelles Gehen gar 616 Schritte mehr pro Tag.
Das Ganze zeigte Effekt. Bei den Probanden der Geh-Gruppe sei die Häufigkeit von Schmerzattacken um rund 28 Prozent zurückgegangen, halten die Forscher in der Studienzusammenfassung fest. Während die Analyse bei den Probanden aus der Kontrollgruppe im Schnitt alle 112 Tage akute Schmerzattacken hervorbrachte, traten solche bei der Bewegungsgruppe im Mittel alle 208 Tage auf.
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Mögliche Bedeutung der Ergebnisse
Die Forscher sind von der Bedeutung ihrer Studie überzeugt. Das Spazierengehen habe zu einer gesteigerten Lebensqualität der betreffenden Probanden geführt. Sie hätten in der Folge weniger medizinische Hilfe in Anspruch nehmen müssen und seien auch seltener bei der Arbeit ausgefallen, was die Kosteneffizienz der untersuchten Maßnahme untermauere.
„Wir wissen nicht genau, warum Spazierengehen so gut für die Vorbeugung von Rückenschmerzen ist“, räumt Studienautorin Natasha Pocovi in der Pressemitteilung ein. Sie und ihr Team gingen demnach davon aus, dass der Effekt mit den fürs Gehen typischen sanften Schwingungsbewegungen zusammenhängt, welche unter anderem die Muskeln im Bereich der Wirbelsäule belasten und kräftigen. Hinzu komme eine stressabbauende Wirkung durch Spaziergänge, weil dabei Glückshormone ausgestoßen würden.
Einschränkung
Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Untersuchung sich auf subjektiv empfundene Rückenschmerzen stützt. Eine objektive Einordnung der Ergebnisse ist daher erschwert.