4. Oktober 2018, 17:48 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Zig Mal am Tag die Hände waschen oder ständig übertrieben blinzeln müssen: Zwangsstörungen und Tics können Betroffenen schwer zu schaffen machen. Viele suchen sich erst spät Hilfe. Dabei kann eine Therapie helfen, dem Zwang nicht nachzugeben.
Nahezu jeder kennt solche Momente: Ist die Haustür wirklich fest zu? Habe ich den Herd auch wirklich ausgeschaltet? Und fast jeder hat auch schon erlebt, dass einmal Nachsehen nicht ausreicht und man ein weiteres Mal die Lage checkt. Ein Anlass, sich Sorgen zu machen, ist das oft nicht.
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Wenn der Alltag aus den Fugen gerät
Aber es gibt auch andere Fälle. Betroffene verspüren einen enormen innerlichen Druck. Sie können nicht anders, als 30 oder 40 Mal zu kontrollieren, ob das Fenster oder der Kühlschrank tatsächlich verschlossen ist. Der Alltag gerät durch dieses fortlaufende Kontrollieren aus den Fugen. „Unter solchen Voraussetzungen liegt wahrscheinlich eine Zwangsstörung vor“, sagt der an der Universität zu Lübeck tätige Neurologe Prof. Alexander Münchau. Wobei es die unterschiedlichsten Zwangsstörungen gibt.
Neben Kontrollzwängen gibt es auch Waschzwänge. Dabei verspüren Betroffene Angst oder Ekel vor Schmutz, Bakterien, Viren oder Körperflüssigkeiten. „In der Folge werden die Hände, der Körper und unter Umständen auch die gesamte Wohnung ständig gewaschen oder gereinigt“, erläutert Wolf Hartmann, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen.
„Auch Zwangsgedanken, die sich dem Betroffenen permanent gegen seinen Willen aufdrängen und etwa aggressiver Art sind, können ein Problem sein“, erklärt Christian Schmidt-Kraepelin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am LVR-Klinikum Düsseldorf.
Welche Faktoren tragen zu Zwangsstörungen bei?
Was genau Zwangsstörungen auslöst, ist noch nicht erforscht. Womöglich ist die Erkrankung erblich bedingt. Umweltfaktoren können ebenfalls dazu beitragen, dass Zwangsstörungen entstehen. „In einer Familie, in der Perfektionismus eine große Rolle spielt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eines der Mitglieder an einer Zwangsstörung erkranken könnte“, sagt Hartmann.
Verhaltenstherapie kann helfen
Oft vergehen viele Jahre, bis Betroffene sich professionelle Hilfe suchen. Wurde eine Zwangsstörung richtig erkannt, kann sie mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt werden. Dabei analysieren Therapeut und Patient gemeinsam, in welchen Momenten die Zwangshandlungen auftreten und was der Auslöser ist. Später setzt sich der Patient Situationen aus, in denen er den Drang verspürt, etwas Bestimmtes zu tun oder zu denken. Der Therapeut hält ihn nun dazu an, dem Zwang nicht nachzugeben. So erlebt der Patient, dass die von ihm befürchteten negativen Folgen ausbleiben.
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Wie viele Menschen haben vorübergehende Tics?
Verwandt, aber etwas anderes als Zwangsstörungen sind sogenannte Tics. Das sind plötzlich auftretende übertriebene und wiederholte Bewegungen (motorische Tics) oder Lautäußerungen (vokale Tics). Sie treten unter Spannung auf und dienen keinem bestimmten Zweck. Laut Schätzungen entwickeln bis zu 15 Prozent aller Grundschüler vorübergehend Tics.
In vielen Fällen gehen diese Tics schnell wieder vorbei – vor allem, wenn ihnen möglichst wenig Beachtung geschenkt wird. Sind Eltern besorgt, können sie aber natürlich den Kinderarzt ansprechen, der gegebenenfalls an einen Spezialisten überweist. Erst wenn der Tic chronisch wird (also über ein Jahr anhält) und der Betroffene selbst leidet, können Eltern, Kind und Arzt eine Therapie in Erwägung ziehen.
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Entspannungsübungen können Druck abbauen
Sowohl bei Zwangsstörungen als auch bei Tics können neben einer Therapie auch Entspannungsübungen helfen, etwa Yoga oder Autogenes Training. „Häufig verspüren Betroffene ein Vorgefühl“, erklärt Münchau. Um dem etwas entgegenzuhalten, kann es helfen, die Faust anzuspannen, sich zu besinnen und seine Energie in andere Bahnen zu lenken. „Auch eine Achtsamkeitsübung kann den sich aufbauenden Druck lösen“, ergänzt Hartmann.