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5,7 Mio. Studienteilnehmer

So dramatisch ist der Bewegungsmangel weltweit

Mann liegt auf einem Sofa
Der Bewegungsmangel nimmt weltweit immer mehr zu. Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

27. Juni 2024, 11:08 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Es dürfte den meisten Menschen bekannt sein, dass körperliche Bewegung wichtig für die Gesundheit ist. Doch leider geht der Trend immer weiter hin zum Bewegungsmangel. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt nun anhand einer großen Studie aktuelle Zahlen vor, wie groß das Ausmaß weltweit ist.

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Eigentlich liegt das Dilemma auf der Hand. Das Leben in vielen entwickelten Ländern wird immer komfortabler und bequemer – gleichzeitig aber auch bewegungsärmer. Denn immer mehr Menschen können sich ein Auto leisten, arbeiten in Büros und machen sich das Leben zu Hause dank Internet, Computern und Online-Diensten besonders angenehm. Was nach Fortschritt und besserer Lebensqualität klingt, führt leider zu einer gesundheitsschädlichen Entwicklung. Denn je mehr Komfort besteht, desto weniger bewegt man sich. Das geht zumindest aus den aktuellen Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor. Die alarmierende Zahl: Rund 1,8 Milliarden Menschen haben weltweit ein erhöhtes Krankheitsrisiko durch Bewegungsmangel.

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Tägliche Bewegung schützt vor Krankheiten

Obwohl viele Menschen sich aus Bequemlichkeit immer weniger bewegen, ist es wissenschaftlich erwiesen: Je weniger wir uns bewegen, desto höher ist unser Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen. Dabei ist das Spektrum enorm groß von potenziellen Krankheiten, die durch Bewegungsmangel gefördert werden. Die WHO hat eine Reihe von positiven Effekten von regelmäßiger Bewegung auf die Gesundheit aufgelistet. Folgende Aspekte werden besonders hervorgehoben:1

  • Regelmäßige körperliche Aktivität hat erhebliche Vorteile sowohl für die körperliche als auch geistige Gesundheit.
  • Bei Erwachsenen trägt körperliche Aktivität dazu bei, z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes vorzubeugen oder die Krankheiten zu therapieren.
  • Bei Depressionen und Angstzuständen können die Symptome durch regelmäßige Bewegung vermindert werden.
  • Viel Bewegung dient der mentalen Gesundheit und dem allgemeinen Wohlbefinden.
  • Bei Kindern und Jugendlichen fördert körperliche Aktivität die Knochengesundheit, unterstützt ein gesundes Muskelwachstum und verbessert sowohl die motorische als auch die kognitive Entwicklung.
  • Auch ältere Menschen sollten sich viel bewegen und sogar Krafttraining ausüben, um sich vor Muskelschwund und Knochenabbau (Osteoporose) zu schützen.
  • Und es gibt Hinweise darauf, dass Menschen, die viel Sport treiben, insbesondere im mittleren Alter, besser vor Demenz geschützt sind, wie eine Studie zeigt. (FITBOOK berichtete). Hier spielt unter anderem der Stressabbau durch Sport eine wichtige Rolle.
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Forscher werten Daten von Millionen von Studienteilnehmern aus

Es gibt also viele gute Gründe, warum man eher aufs Fahrrad steigen sollte, anstatt das Auto oder den Bus zu nehmen. Warum man in der Mittagspause einen Spaziergang einlegen sollte. Und im Idealfall regelmäßig sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining zur Routine machen sollte. Doch leider sieht die Realität bei Millionen von Menschen weltweit anders aus, wie die aktuelle Studie mit dem Titel „Nationale, regionale und globale Trends des Bewegungsmangels bei Erwachsenen von 2000 bis 2022“ aufzeigt. Sie wurde von Forschern der WHO zusammen mit externen Wissenschaftlern durchgeführt und in der Fachzeitschrift „The Lancet Global Health“ veröffentlicht.2

Dabei haben die Forscher Daten aus früheren Studien über Erwachsene (ab 18 Jahren) gesammelt, die Aufschluss über ihre körperliche Aktivität geben. In diese Auswertung flossen Daten aus 507 Studien, die Auskunft über 163 Länder und Regionen gaben. Somit umfasste die Datenanalyse insgesamt 5,7 Millionen Personen.

Als Bewegungsmangel bei Erwachsenen haben die Forscher in Anlehnung an die WHO-Richtlinien folgendes definiert:

  • Wenn Personen weniger als 150 Minuten leicht anstrengende körperliche Aktivität (zum Beispiel Gehen, langsames Schwimmen, Radfahren) pro Woche ausüben.
  • Wenn Personen sich weniger als 75 Minuten intensiv pro Woche bewegen, z. B. Laufen, schnell Schwimmen, schnell Radeln, etc.
  • Oder andere körperliche Tätigkeiten, die den zuvor genannten Bewegungsniveaus entsprechen.

Anschließend nutzten die Forscher ein hierarchisches Berechnungsmodell von Bayes, um die Schätzungen für Bewegungsmangel nach Land, Region, Jahr, Alter und Geschlecht zu berechnen. Zudem haben analysiert, ob die Länder und einzelnen Regionen sowie die Welt insgesamt das globale Ziel einer Reduzierung des Bewegungsmangels um 15 Prozent bis zum Jahr 2030 erreichen können, wenn die Entwicklung wie von 2010 bis 2022 fortschreitet.

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1,8 Milliarden Menschen weltweit haben Bewegungsmangel

Die Auswertung der Daten ergab, dass fast ein Drittel (31 Prozent) der Erwachsenen weltweit im Jahr 2022 das empfohlene Minimum an körperlicher Aktivität nicht erreichte. Dies sind 1,8 Milliarden Menschen. Wie die Forscher betonen, handelt es sich hierbei um einen Negativtrend, der seit Jahren beobachtet wird. So ist die Anzahl der Erwachsenen, die sich zu wenig bewegen, zwischen den Jahren 2010 und 2022 um etwa 5 Prozent gestiegen.

Die WHO geht davon aus, dass wenn der Trend sich weiter fortsetzt, der Bewegungsmangel im Jahr 2030 etwa 35 Prozent der Erwachsenen betrifft. Dies steht im Gegensatz zu den Zielen, die Bewegungsarmut bis 2030 weltweit zu reduzieren.

„Diese neuen Erkenntnisse machen deutlich, dass eine Chance verpasst wurde, Krebs und Herzkrankheiten zu reduzieren und die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden durch mehr körperliche Aktivität zu verbessern“, kommentiert Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generaldirektor, die Ergebnisse der Studie in einem Statement.3 Er rät dazu, das Engagement für mehr körperliche Aktivität weiter auszubauen und fordert sowohl politische Maßnahmen als auch höhere Finanzmittel, um diesen besorgniserregenden Trend umzukehren.

Diese Regionen sind besonders von Bewegungsmangel betroffen

Laut der WHO gibt es die höchsten Raten körperlicher Inaktivität in der einkommensstarken Asien-Pazifik-Region (48 Prozent) und in Südasien (45 Prozent). Die Werte in den einkommensstarken westlichen Ländern liegen bei rund 28 Prozent. Zentral- und Osteuropa liegt bei etwa 22,7 Prozent. Auch das Einkommen spielt global eine Rolle. So verteilt sich der Bewegungsmangel im Jahr 2022 auf die einzelnen Einkommensgruppen:

  • Personen mit niedrigem Einkommen: 19,9 Prozent von Bewegungsmangel betroffen.
  • Personen mit niedrigem mittleren Einkommen: 44 Prozent von Bewegungsmangel betroffen.
  • Personen mit höherem mittleren Einkommen: 26 Prozent von Bewegungsmangel betroffen.
  • Personen mit hohem Einkommen: 35,8 Prozent von Bewegungsmangel betroffen.

Problematisch sind auch die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und dem Alter. Weltweit gesehen sind Frauen nach wie vor körperlich häufiger von Bewegungsmangel betroffen als Männer. Ihre Inaktivitätsrate liegt bei 34 Prozent gegenüber Männern mit 29 Prozent. In einigen Ländern beträgt dieser Unterschied bis zu 20 Prozentpunkte, wie aus der Studie hervorgeht. Außerdem sind Menschen über 60 deutlich weniger aktiv als andere Erwachsene. Dies zeigt, wie wichtig die Förderung körperlicher Aktivität insbesondere bei Senioren ist.

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So viel sollte man sich bewegen, um gesund zu bleiben

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass sich Erwachsene 150 Minuten pro Woche mäßig oder 75 Minuten pro Woche intensiv körperlich betätigen sollten. Doch was genau bedeutet das? Und welche Bewegungsempfehlungen gibt es für die Deutschen?

Mit dieser Frage beschäftigte sich das Bundesministerium für Gesundheit und formulierte im Jahr 2016 die „Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“. Damit wurden zum ersten Mal wissenschaftlich fundierte Empfehlungen dieser Art für die deutsche Bevölkerung abgegeben, um beispielsweise dem Entstehen von chronischen Krankheiten vorzubeugen. Besonders ist auch, dass es dabei individuelle Bewegungsempfehlungen für verschiedene Zielgruppen gibt. Wie genau diese Empfehlungen für die jeweiligen Altersgruppen aussehen, erklärt FITBOOK in diesem Beitrag: „So viel sollten sich die Deutschen mindestens bewegen“.

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Quellen

  1. Weltgesundheitsorganisation (WHO): Fact Sheets - Physical activity (aufgerufen am 27.6.2024) ↩︎
  2. Strain, T., Flaxman, S., Guthold R., et. al. (2024). National, regional, and global trends in insufficient physical activity among adults from 2000 to 2022: a pooled analysis of 507 population-based surveys with 5.7 million participants. The Lancet Global Health. ↩︎
  3. Weltgesundheitsorganisation (WHO): Nearly 1.8 billion adults at risk of disease from not doing enough physical activity (aufgerufen am 27.6.2024) ↩︎
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