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Expertin im FITBOOK-Interview

Warum es gut ist, im Alter Sex zu haben – und worauf man achten sollte

Sex im Alter: Ein Paar im Bett
Sex im Alter sollte kein Tabuthema sein Foto: Getty Images

21. Juli 2023, 11:24 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Auch wenn wir noch so sehr versuchen, die Alterung zu bremsen, aufhalten lässt sich dieser Prozess nicht. Warum das Älterwerden also bei aller Sorge vor möglichen Beschwerden und Erkrankungen nicht auch einfach mal genießen? Auch oder sogar insbesondere, wenn es um Intimitäten geht. Sex spielt im Alter keine Rolle mehr? Das wäre nicht nur schade, sondern auch ein Nachteil für die Gesundheit, wie eine Expertin im FITBOOK-Interview verraten hat.

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Unsere Gesellschaft wird immer älter. Dank neuer Forschungserkenntnisse und Vorsorge-Methoden sind viele Seniorinnen und Senioren auch körperlich und geistig fitter als es ältere Menschen aus früheren Generationen waren. Damit einhergehen kann natürlich auch ein reges Sozialleben, sei es mit Freunden oder einem festen Lebenspartner. Und dabei sollte es durchaus auch um mehr gehen können als um Gespräche oder gemeinsame Spaziergänge. Doch Sex im Alter ist nach wie vor ein Tabuthema – und das möchte Dr. Yael Adler ändern. FITBOOK hat mit der Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten gesprochen, Venenheilkunde und Ernährungsmedizin (DGEM) darüber, warum Intimitäten in späteren Lebensphasen nicht nur glücklich machen, sondern auch dazu beitragen können, gesund zu bleiben. Inklusive Tipps für Ältere, bei denen es mit dem Sex, z. B. aus hormonellen Gründen, nicht mehr so gut funktioniert.

„Viele alte Menschen haben Sex“

Dass es ab 50 oder 60 nicht plötzlich heißt, so jetzt habe ich keine Lust mehr, weiß Dr. Adler aus ihrer Erfahrung als Fachärztin. Dies sei auch nicht weiter verwunderlich, denn bei Sex gehe es schließlich um mehr als die Fortpflanzung. Eigentlich logisch, sind doch auch junge Menschen mit Verhütung intim – also, weil sie eben (noch) keine Kinder wollen. Beim Geschlechtsverkehr gehe es eben auch um Nähe, Glück, Austausch, weiß die Expertin und wirft noch einen Vorteil ins Rennen. „Sex hat auch einen Trainingsaspekt und wir schwitzen und der Schweiß ist gut für den pH-Wert und für das Immunsystem der Haut. Er hat eine reinigende Funktion, stärkt den Säureschutzmantel und durchfeuchtet die Haut. Außerdem wird beim Sex das Herz-Kreislauf-System ähnlich trainiert wie beim Sport. Wir setzen das Oxytocin, das Bindungshormon frei, was uns auch geduldiger und entspannter werden lässt. Außerdem werden das Belohnungshormon Dopamin, das Glückshormon Serotonin sowie weitere Hormone freigesetzt, die unsere Sinne schärfen.“ Sex im Alter tue also aus diversen Gründen gut – auch mit Blick auf die Geschlechtshormone. Bei den Männern sei es vor allem das Testosteron, das aktiviert werde, bei Frauen bis zur Menopause Östrogen.

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Sex sollte aber nicht zu Leistungsdruck führen

Doch trotz gesundheitlicher Vorteile: Nicht jedem macht der Sex im Alter noch Spaß. „Die Sexualität kann sich verändern, z. B. weil wir im Alter weniger Hormone produzieren“, erklärt Dr. Adler. Hormonmangel könne dazu führen, dass die Libido verloren gehe. „Frauen, die noch ein leichtes Fettgewebe, aber kein Übergewicht haben, haben hier einen Vorteil. Denn im Fettgewebe wird auch ein bisschen vom Sexualhormon Östrogen hergestellt.“ Aufgrund der körperlichen Veränderungen sei manchen Menschen der Sex im Alter nicht mehr so wichtig. Andere Formen von Begegnungen, Berührungen und Zärtlichkeiten würden dann bedeutender. „Die Menschen sind dann auch nicht unbedingt unglücklich, man braucht daher auch keinen falschen Leistungsdruck erwecken“, so Dr. Adler.

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Warum die Sexualität bei Frauen eingeschränkt sein kann

Während die einen auf Sex im Alter verzichten können oder wollen, leiden andere darunter, dass sich die Sexualität verändert. Häufig bedingt durch körperliche Veränderungen. Bei Frauen hängen diese zumeist mit den Wechseljahren zusammen, wie Dr. Adler erläutert: „Frauen schwitzen, sie können sich nicht mehr gut konzentrieren, nicht mehr schlafen und nehmen am Bauch zu. Manche entwickeln Osteoporose, die Risiken für Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs steigen. Außerdem haben manche eine trockene Scheide.“ Letztere sei es dann auch häufig, die den Frauen die Lust auf Sex nehme.

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Hormontherapie bei Frauen – ja oder nein?

Dies ist jedoch kein Schicksal, dem sich Frauen ergeben müssten. Laut Dr. Adler gibt es verschiedene Möglichkeiten der Abhilfe. Eine Option seien Hormone. Die Frage, ob Frauen in der Menopause generell mit Hormonen behandelt werden sollten, sei unter Ärzten und auch Gynäkologen zwar umstritten. Doch sei bei Leidensdruck und Beschwerden laut Leitlinien eine Hormonbehandlung angezeigt, wenn keine individuellen Kontraindikationen bestünden, erläutert die Expertin. „Wenn man unter Beschwerden leidet, dann erfüllt es den Zweck einer Hormontherapie. Da geht es dann nicht um Wellness, sondern darum, das Leiden der Frau zu lindern.“

Gleichzeitig propagierten Anti-Aging-Mediziner die Hormonersatztherapie vor allem mit bioidentischen Hormonen zur allgemeinen Vorsorge bei Frauen in der Menopause. Also mit Hormonen, die mit denen des menschlichen Körpers gebildeten Hormonen identisch sind. Und auch bei Männern rücke Hormonersatz zunehmend in den Fokus. Aber: „Es besteht aktuell die Sorge, dass Hormontherapien das Erkrankungsrisiko für Brustkrebs geringfügig erhöhen könnten. Da werden wir mal in den nächsten Jahren sehen, wohin die Reise geht in der Frage der Hormontherapie. Wir brauchen keine gesteigerte Krebs-Angst haben, aber das Risiko ist auch nach aktuellen Erkenntnissen nicht gleich null“, so die Einschätzung von Dr. Adler zu dem Thema. „Hier muss man einfach sehr individuell die Entscheidung treffen. Ich möchte gerne jede Betroffene ermutigen, ebendiese mit den Frauenärztinnen und Frauenärzten zu treffen.“

Andere Mittel, die Frauen helfen können

Eine Alternative seien lokale Hormone, sie gibt es auch ohne Einfluss auf das Brustgewebe. „Zum Beispiel solche, die die Frauen in die Vagina einführen. Sie machen die Scheide wieder saftiger, aktivieren das Gewebe in der Region und verringern Probleme wie Infektionen oder Inkontinenz“, erklärt Dr. Adler. „Man kann natürlich auch mit Gleitgel arbeiten, einige nehmen Kokosöl und andere Produkte, die ‚für sie und ihn vor und nach mechanischen Belastungen‘ geeignet sind. Eine ökologische Variante ist, Leinsamen auszukochen und den schleimigen Überstand zu verwenden.“ Darüber hinaus gebe es die Möglichkeit einer Laser-Behandlung von Vulva und Vagina, um eine trockene Vagina zu behandeln. „Dieser Sandpapier- und Reibeisen-Effekt und die damit einhergehenden Schmerzen sind in der Regel sehr gut behebbar“, betont die Expertin.

Das Wichtigste sei, Veränderungen und Probleme anzusprechen, das Tabu zu brechen und den behandelnden Ärzten die Möglichkeit zu geben, nach einer Lösung zu suchen. Denn für diverse Beschwerden, die Frauen ab den Wechseljahren haben, gebe es Therapieoptionen. „Hitzewallungen kann man beispielsweise auch sehr gut mit pflanzlicher Traubensilberkerze als Kapsel oder Tablette behandeln. Das ist hormonfrei und sogar bei Frauen mit Brustkrebs-Risiko oder nach überstandenem Brustkrebs laut Leitlinien erlaubt“, verrät Dr. Adler und ermutigt Betroffene, nach individuellen Lösungen zu suchen, sich beraten zu lassen und den Libidoverlust nicht einfach hinzunehmen. Denn seien Symptome erst einmal beseitigt, mache der Sex vielen Frauen auch wieder Spaß.

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Warum die Sexualität bei Männern eingeschränkt sein kann

Auch der Körper von Männern verändert sich im Alter. So kann es bei ihnen etwa zu Erektionsstörungen kommen. Diese sind zwar auch in jüngeren Jahren möglich, die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch mit fortschreitendem Alter, weil neben seelischen auch körperliche Einschränkungen wie etwa schlechtere Schwellkörper-Durchblutung hinzukommen können. In einem solchen Fall rät die Expertin betroffenen Männern, einen Urologen oder auch Kardiologen aufzusuchen und sich durchchecken zu lassen. Denn die Ursachen können vielfältig sein – von Stress bis zu organischen Gründen. „Es kann von der Bandscheibe her kommen, vom Nervensystem, es kann mit Diabetes zusammenhängen oder mit Polyneuropathie. Nicht selten steckt eine Herz-Kreislauf-Problematik dahinter, bei der auch die Blutgefäße des Penisses betroffen sein können.“

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Mittel, die Männern helfen können

Auch Männern, die unter Beschwerden leiden, die ihnen den Sex im Alter vermiesen, rät Dr. Adler, nicht still vor sich hin zu leiden. Sei die Ursache für Erektionsstörungen bekannt, könne häufig geholfen werden. Etwa mit Viagra oder ähnlichen Mitteln. Diese könne man nicht nur als Therapie, sondern auch zur Prävention einnehmen. „Sie sorgen für reichlich frisches Blut in den Schwellkörpern und helfen beim Performen, was als effektives Penis-Training gewertet wird. Verabreichbar sind die Mittel je nach Bedarf– also täglich in kleiner Dosierung oder nur vor dem Wochenende oder ein paar Stunden vor den geplanten Intimitäten. Was und in welcher Darreichungsform genau sinnvoll sei, sollte man aber stets individuell ärztlich abklären“, so Dr. Adler.

Zusätzlich verweist die Expertin auf eine Aminosäure namens Arginin und nennt eine Dosierung von drei bis fünf Gramm am Tag. Arginin könne Männern helfen, bei denen die Potenzprobleme noch nicht zu gravierend seien. Im Fall von Hormonmangel, was man beim Arzt messen lassen kann, könne auch mit Hormonen therapiert werden, damit der Körper wieder seinen Testosteron-Pool auffüllen kann. Auch Gewichtskontrolle verbessere die Hormonwerte.

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Vorsorgen für guten Sex im Alter

Wer gesund und fit ist, hat bessere Chancen darauf, auch im Alter noch Sex genießen zu können. Deshalb gilt auch hier: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Wie das geht, hat Dr. Adler bei FITBOOK ebenfalls verraten: indem man „Altersbeschleuniger“ vermeidet, wie Rauchen, zu viel Alkohol, Bewegungsmangel, Übergewicht. Wer mehr tun möchte, kann zugleich mit „Finetuning“ versuchen, den Alterungsprozess zu bremsen. Doch älter werden wir letztendlich alle, deshalb helfe es auch, einfach zu akzeptieren, dass der Körper sich irgendwann verändert und „Instandhaltungsarbeiten“, wie die Expertin es nennt, nötig werden. Jeder kann durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und Lebensstil-Maßnahmen etwas dafür tun, dass nicht nur der Sex, sondern generell das Leben im Alter schön sind.

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Themen Altern Sexuelle Gesundheit
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