30. Juli 2024, 20:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bei einer Sepsis – auch als Blutvergiftung bekannt – ist schnelles Handeln erforderlich, um einen septischen Schock oder gar den Tod der Patienten verhindern zu können. Bisherige Verfahren zur Ursachenfindung sind jedoch langwierig. Ein neuer Test, welcher in Südkorea entwickelt wurde, könnte das ändern.
Eine Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Unbehandelt endet sie tödlich. In Deutschland erkranken jährlich etwa 230.000 Menschen, 37 Prozent von ihnen sterben an der Blutvergiftung.1 Damit gehört die Erkrankung zu den häufigsten Todesursachen. Ein Sepsis-Test zur Identifizierung der für die Infektion verantwortlichen Krankheitserreger dauert aktuell mehrere Tage. Ein neuer Schnelltest zur Sepsis-Diagnose könnte die Wartezeit verkürzen – und das auf gerade einmal 13 Stunden.
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Übersicht
Der Faktor Zeit ist entscheidend bei der Behandlung von Sepsis
Eine Blasen- oder Lungenentzündung, aber auch eine „einfache“ Wunde und andere Infektionen können eine Sepsis auslösen. Bei Verdacht ist es wichtig, schnell zu handeln, da jede Verzögerung die Chancen auf Heilung schmälert. Bis den Ärzten die Ergebnisse von Blutuntersuchungen vorliegen und der exakte Erreger bekannt ist, verabreichen sie Patienten daher Breitbandantibiotik. Diese sollten allerdings nicht länger als nötig verwendet werden, da sie neben den Krankheitserregern auch nützliche Bakterien abtöten sowie für Allergien und Organschäden ursächlich sein können. Gegebenenfalls zeigen sie auch nicht die erwünschte Wirkung, wenn resistente Bakterien Auslöser der Sepsis sind.2
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Bisherige Tests verlieren viel Zeit durch Blutkulturen
Und hier liegt der Knackpunkt: Bisher ist es so, dass die Feststellung einer Sepsis zwei bis drei Tage benötigt. Denn beim konventionellen Verfahren wird das entnommene Blut zunächst einen Tag lang kultiviert, um ausreichend Bakterien für die Untersuchung zu züchten. Dieser Schritt galt lange als unvermeidlich. Danach wird die Probe einer zweiten Kultur unterzogen, bevor sie getestet wird, um die passendste Behandlung in Form eines spezifischen Antibiotikums zu finden.
Neuer Sepsis-Test überspringt langwierigen Diagnostik-Schritt
Das Wachstum der Bakterien während des Kultivierens kostet viel Zeit. Deshalb untersuchten Wissenschaftler aus Südkorea, ob sich für diesen Schritt nicht ein anderes Verfahren entwickeln ließe. Ihre Idee: Man müsse die Zeitspanne durch ein beschleunigtes Wachstum der Krankheitserreger verkürzen und die für weitere Diagnostik-Schritte benötigte Keimanzahl verringern.3
Mit Nanopartikeln und Magneten zum Erfolg
Der neue Sepsis-Test beginnt damit, der Blutprobe magnetische Nanopartikel zu injizieren, die mit einem bestimmten Peptid versehen sind; es handelt sich um synthetisches Beta-2-Glycoprotein I (sβ2GPI), von welchem bekannt ist, dass es als Teil des angeborenen Immunsystems Krankheitserreger detektiert. Beim Sepsis-Test soll es dazu dienen, eine Vielzahl der Krankheitserreger in der Blutprobe zu binden. Magnete ziehen anschließend die Nanopartikel inklusive der gebundenen Keime aus der Probe. Das hat den Vorteil, dass keine Fremdbestandteile wie Blutzellen oder Breitbandantibiotika enthalten sind. Diese Bakterien werden direkt in eine Reinkultur gegeben, in der sie sich schnell vermehren können.
Empfindlichere Bildgebung reduziert die Anzahl der benötigten Keime
Das Team rund um Studienautor Tae Hyun Kim entwickelte zusätzlich einen neuen Bildgebungsalgorithmus, der bei der Auswahl eines passenden Antibiotikums zum Tragen kommt. Die Empfindlichkeit der Krankheitserreger gegenüber Antibiotika wird gemessen, indem verschiedene Antibiotika unter immer gleichen Bedingungen zu den Keimen gegeben werden. Dann zeigt sich, ob und wie schnell das Wachstum der Keime gehemmt wird. Der besagte Algorithmus kann bereits kleine Veränderungen erkennen – kleinere als beim konventionellen Verfahren.
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Wie sicher funktioniert das Testverfahren?
Nach erfolgreichen Labortests kam es zur Überprüfung des neuen Testverfahrens bei Menschen. Kim und sein Team untersuchten 190 Sepsis-Patienten in einem Krankenhaus: Einmal auf konventionellem Wege, einmal im neu entwickelten Verfahren. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Testergebnisse stimmten zu 100 Prozent überein. Soll heißen: Beide identifizierten die richtigen Krankheitserreger.
Noch sind weitere klinische Tests notwendig (und in Planung), doch die bisherigen Ergebnisse dürften vielversprechend für die Wissenschaftler und die zukünftige Versorgung von Sepsis-Patienten in Krankenhäusern sein.