6. Dezember 2023, 10:53 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Je nach Schweregrad können Diabetiker und Diabetikerinnen problemlos ihren Alltag bestreiten, die Erkrankung kann Betroffene jedoch auch stark einschränken. Ist es möglich aufgrund von Diabetes einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen?
Hinter dem Begriff Diabetes mellitus steckt eine häufig vorkommende Stoffwechselerkrankung. Sie wird unterteilt in Typ-1-Diabetes, bei welchem das körpereigene Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen angreift, und Typ-2-Diabetes, bei welchem eine ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel zu einer Insulinresistenz führen. In Deutschland sind etwa sieben Prozent der Erwachsenen im Alter von 18 bis 79 Jahren an einem Diabetes erkrankt, wobei 90 Prozent davon einem Typ-2-Diabetes zuzuordnen sind. Im Vergleich zum „Bundesgesundheitssurvey 1998“ ist der Anteil an Diabetikern und Diabetikerinnen um zwei Prozent angestiegen.1 Ein Grund, um sich deren Alltag genauer anzuschauen. Benötigen Diabetes-Erkrankte einen Schwerbehindertenausweis?
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Übersicht
Leben mit Diabetes: Was sind die Herausforderungen?
Diabetiker und Diabetikerinnen bekommen mit ihrer Diagnose eine Lebensaufgabe: Sie müssen tagtäglich auf ihren Blutzuckerspiegel achtgeben. Das heißt, u. U. Insulin wohldosiert zu spritzen, und sich mit der eigenen Ernährung auseinanderzusetzen und den Lebensstil zu verändern. Denn in ihrem Alltag sind zwei Gefahren ihre Begleiter: Eine Unter- und eine Überzuckerung (Hypo- und Hyperglykämie).
Die Anzeichen einer Hypoglykämie reichen von Unruhe über Konzentrationsschwäche bis hin zur Bewusstlosigkeit. Eine Hyperglykämie äußert sich durch fehlenden Appetit, Durst, Übelkeit, Erbrechen sowie vermehrtes Wasserlassen.
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Mit Diabetes auf Reisen
Ein Diabetes kann unter Umständen schon zu Beginn einer Reise ein Hindernis darstellen. Und zwar dann, wenn die Fahrtauglichkeit vom Arzt infrage gestellt wurde. Laut der S2e-Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ kann dies unter anderem der Fall sein, wenn ein Patient oder eine Patientin einen diabetischen Fuß aufweist und dadurch die Pedale nicht richtig bedienen kann.2
Praktische Tipps finden Betroffene bei der Deutschen Diabeteshilfe: Dort wird erklärt, was bei Diabetikern nicht auf der Packliste fehlen darf, ob sie eine Bescheinigung für Medikamente im Handgepäck benötigen und wie die Insulingabe bei einer Reise in eine andere Zeitzone angepasst wird.
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Freie Berufswahl für Diabetiker?
Die meisten Berufe sind für Menschen mit Diabetes geeignet. Ausgeschlossen sind allerdings Berufe, bei denen Diabetiker und Diabetikerinnen infolge einer Unterzuckerung sich selbst und andere Menschen gefährden könnten. So sind Tätigkeiten im Flugverkehr und Flugsicherung ggf. ungeeignet. Auch Berufe, bei denen eine Waffe getragen werden muss, können ein Problem für Betroffene darstellen.3
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Schwerbehindertenausweis mit Diabetes – geht das?
Diabetes ist bei Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei manchen Typ-2-Diabetikern reicht eine Ernährungsumstellung aus, um ihren Stoffwechsel ausreichend zu regulieren, andere benötigen regelmäßig Insulin.
Es kommt auf den Behandlungsaufwand an
Grundsätzlich können Betroffene einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Doch nicht jeder Mensch mit Diabetes gilt automatisch als schwerbehindert. In § 2 SGB IX im Sozialgesetzbuch wird eine Behinderung wie folgt definiert: „Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.“4
Weiterhin liegt eine schwere Behinderung vor, wenn der Behinderungsgrad (GdB) auf einer Skala von 0 bis 100 bei mindestens 50 liegt. Bis 2010 war für die Beantragung des Ausweises das Behandlungsergebnis ausschlaggebend. Heute steht der Behandlungsaufwand im Vordergrund. Das bedeutet im Detail, dass Diabetiker einen GdB von mindestens 50 aufweisen, wenn sie täglich mindestens vier Insulininjektionen benötigen, deren Dosis sie je nach Ernährung, Bewegung und Blutzucker selbst anpassen und sie durch erhebliche Einschnitte gravierend in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sind.5
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Die Vorteile eines Schwerbehindertenausweises
Ein Schwerbehindertenausweis ermöglicht ein Anrecht auf Sonderrechte und -leistungen, welche die vielfältigen Benachteiligungen im Alltag ausgleichen sollen. Diese umfassen den besonderen Kündigungsschutz, den Anspruch auf Zusatzurlaub und Vergünstigungen bei der Einkommenssteuer. Eltern von diabetischen Kindern erhalten ebenfalls eine Steuerersparnis, sofern ihre Kinder einen Schwerbehindertenstatus aufweisen.
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So beantragen Sie einen Schwerbehindertenausweis
Den Ausweis können Betroffene beim zuständigen Versorgungsamt beantragen. Anhand der eingereichten Unterlagen (Arztberichte, Dokumentation des Blutzuckers) prüft ein Amtsarzt, wie hoch der Behinderungsgrad ist. Ab einem GdB von 50 wird ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt.
Wer einen Antrag stellen möchte, sollte sich vorab beraten lassen, da der Ausweis auch Nachteile mit sich ziehen kann. Gerade im beruflichen Kontext erhöht ein Schwerbehindertenstatus nicht zwangsläufig die Einstellungschancen bei Einsteigern, auch wenn größere Betriebe eine Behindertenquote zu erfüllen haben.
Quellen