3. Mai 2022, 12:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
„Lauf doch nicht so schnell“, müssen sich Menschen mit einem zügigen Gang oft anhören. Doch wie eine neue große Datenstudie aus Großbritannien zeigt, ist schnelles Gehen nicht nur gesund, sondern wirkt offenbar auch verjüngend!
Schnell zu Gehen hat nicht den besten Ruf. Menschen mit einem zügigen Gang wirken von außen gesehen oft gestresst und gehetzt. Das macht keinen sonderlich souveränen Eindruck. Doch eine neue Studie aus Großbritannien wirft ein ganz anderes Licht auf Schnellgeher. Wer im hohen Tempo durch den Alltag flitzt, hat ein geringeres biologisches Alter als Menschen, die es gemütlich angehen lassen. Wie Forscher berichten, ist ein schneller Gang nicht nur gesund, sondern hält auch länger jung.
Übersicht
Bis zu 16 Jahre niedrigeres biologisches Alter
Es gibt bereits etliche Studien, die über positive Effekte des schnellen Gehens berichten. So weisen Menschen, die im Alltag zügig gehen, meist eine bessere physische Fitness auf und ein geringeres Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen.1,2 Doch nicht nur das. Eine Studie aus dem Jahr 2019 hat sogar gezeigt, dass Schnellgeher eine um bis zu 20 Jahre höhere Lebenserwartung haben als Schlenderer.3
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Nun ist eine weitere große Studie erschienen, welche einen neuen positiven Effekt des schnellen Gehens im Alltag aufdeckte.4 Wer zügig geht, kann im mittleren Lebensabschnitt ein um bis zu 16 Jahre niedrigeres biologisches Alter aufweisen als Langsamgeher. Wenn das kein Plädoyer für einen schnelleren Gang ist.
Telomer-Länge an Chromosomen bestimmt biologisches Alter
Um den Zusammenhang zwischen Gangtempo und biologischem Alter herauszufinden, haben Forscher der University of Leicester die genetischen Daten von 405.981 Menschen mittleren Alters ausgewertet. Die Daten stammen aus der britischen Bio-Datenbank. Das Durchschnittsalter der Personen lag bei 56,5 Jahren, der Durchschnitts-BMI (Body Mass Index) betrug 27,2 und zu 54 Prozent waren Frauen vertreten.
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Dabei haben sich die Forscher insbesondere die sogenannten Telomere der Leukozyten angeschaut. Telomere sind die schützenden Enden von Chromosomen. Sie selbst tragen keine genetische Information, sondern dienen dem Schutz der DNA. Anhand der Länge der Telomere, lässt sich das biologische Alter bestimmen. Denn je länger die Telomere, desto jünger ist man – zumindest biologisch gesehen. Und so kann das biologische Alter deutlich unter dem chronologischen Alter liegen.
Anschließend haben die Forscher untersucht, welches Gehtempo die Personen bevorzugten. Die Angaben dazu stammten zum Großteil von den Personen selbst. Um diese Daten zu überprüfen, bekamen rund 86.000 der Studienteilnehmer einen Activity-Tracker, der die täglichen Aktivitäten aufzeichnete.
Zügiges Gehen wirkt verjüngend
Gut die Hälfte der Probanden gab an, ein mittleres Gehtempo zu haben. 6,6 Prozent gaben an, langsam zu gehen, und 41,1 Prozent berichteten, dass sie schnell gehen würden.
Probanden, die angaben, Schnellgeher zu sein oder ein mittleres Gehtempo zu haben, waren
- etwas jünger,
- seltener Raucher,
- nahmen weniger Blutdruck- und Cholesterinsenker ein,
- litten seltener unter chronischen Krankheiten,
- hatten weniger Mobilitätsbeschwerden.
Langsamgeher berichteten dagegen,
- sich weniger zu bewegen
- und eine stärkere Neigung zu Übergewicht zu haben.
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Nach dem Auswerten der Daten stellten die Forscher fest, dass Menschen, die ein mittleres oder hohes Gehtempo hatten, längere Telomere und somit ein niedrigeres biologisches Alter aufwiesen. Dieses lag sogar bis zu 16 Jahre unter dem biologischen Alter der Langsamgeher. Wenn also jemand im Alter von 50 behauptet, sich wie 30 zu fühlen, mag es im Einzelfall sogar tatsächlich zutreffen.
Fazit
Laut den Wissenschaftlern sorgt nicht nur ein schneller Gang für längere Telomere und damit ein niedrigeres biologisches Alter. Denn die Auswertung der Activity-Tracker ergab, dass grundsätzlich mehr Alltagsaktivitäten mit höherer Intensität in Zusammenhang mit längeren Telomeren stehen. Dabei muss man nicht gleich zum Fitness-Junkie werden. Schon zehn Minuten schnelles Gehen pro Tag steigert die Lebenserwartung, wie eine weitere Studie ergab.5 Schnelles Gehen ist also definitiv gesund und hat völlig zu Unrecht einen schlechten Ruf. In Zukunft dürfte es also heißen: „Lauf doch nicht so langsam“.
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Quellen
- 1. Manson, J. E., Hu, F.B., Frank B. et al. (1999). A prospective study of walking as compared with vigorous exercise in the prevention of coronary heart disease in women. The New England Journal of Medicine.
- 2. Tanasescu, M., Leitzmann, F., Rimm, E.B. et al. (2002). Exercise type and intensity in relation to coronary heart disease in men. JAMA.
- 3. Zaccardi, F. ,Davies, M. J., Khunti, K., Yates T. (2019). Comparative relevance of physical fitness and adiposity on life expectancy: a UK Biobank Observational Study. Mayo Clinic Proceedings.
- 4. Dempsey, P.C., Musicha, C., Rowlands, A.V. et al. (2022). Investigation of a UK biobank cohort reveals causal associations of self-reported walking pace with telomere length. nature.
- 5. Chudasama, Y. V., Khunti, K.K., Zaccardi, F. et al. (2019). Physical activity, multimorbidity, and life expectancy: a UK Biobank longitudinal study. BMC Medicine.