24. November 2021, 15:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Während Eltern häufig froh sind, wenn ihre Kinder abends im Bett sind, feilscht der Nachwuchs dagegen um jede Minute, die er länger aufbleiben darf. Forscher haben jetzt in einer neuen Studie dargelegt, wie wichtig ausreichend Schlaf für Kinder ist. Demnach kann ein Mangel sogar dramatische Folgen für ihr Gehirn haben.
Wenn es am Abend heißt „Ab ins Bett, Kinder!“ kann das in Familien durchaus mal für Unmut sorgen. Schließlich hat der Nachwuchs häufig so gar keine Lust ins Bett zu gehen. Streaming-Angebote und Handys machen es zudem oft schwieriger, zur Nachtruhe zu kommen. Doch Wissenschaftler geben Müttern und Vätern, die auf genügend Schlaf für ihre Kinder bedacht sind, absolut recht. Denn Schlaf ist wichtig, in jedem Alter. Wer müde und erschöpft ist, kann sich nicht gut konzentrieren, ist leichter reizbar und zeigt verlangsamte Reaktionen. Doch bei Kindern kann unzureichender Schlaf laut einer neuen Studie noch dramatischere Auswirkungen auf das Gehirn haben – und womöglich sogar Langzeitschäden verursachen.
Überisicht
Studie zum Schlaf von 5566 Kindern
Im Rahmen des Forschungsprojekts untersuchten Wissenschaftler vom „Boston’s Children Hospital“ den Schlaf und das Gehirn von 5566 Kindern im Alter von neun bis elf Jahren. Im ersten Schritt füllten dafür die Eltern der teilnehmenden Kinder einen umfangreichen Fragebogen zum Schlaf bzw. zu Schlafproblemen ihrer Kinder aus. Gefragt wurde u.a. nach Einschlafproblemen, häufigem Aufwachen, Schwierigkeiten beim Wiedereinschlafen und/oder beim Aufwachen, Schnarchen, Atemproblemen und Albträumen.
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Darüber hinaus sammelte das Forschungsteam im zweiten Schritt der Studie mithilfe eines Verfahrens namens funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) Hirndaten von den Kindern ein. Dies geschah, während sich die Mädchen und Jungen im Ruhezustand befanden. Auf Basis dieser Daten führten die Forscher schließlich eine Computeranalyse der verschiedenen Hirnregionen durch.
Zu wenig Schlaf beeinträchtigt das Gehirn der Kinder
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich mangelnder Schlaf tatsächlich auf das Gehirn der untersuchten Kinder auswirkte. Vor allem lange Einschlafzeiten, häufiges Aufwachen in der Nacht, kurze Gesamtschlafdauer und schlafbezogene Atmungsstörungen zeigten in der Studie starke Effekte. Sie führten zu weniger effizienten, weniger flexiblen und weniger belastbaren Gehirnnetzwerken. Die Wissenschaftler beobachteten auch „abnormale“ Netzwerkveränderungen in verschiedenen Hirnregionen von Schlechtschläfern. Darunter befanden sich mehrere kortikale Bereiche, der Thalamus, die Basalganglien, der Hippocampus und das Kleinhirn.
Die kortikalen Hirnbereich (Gehirnrinde) kontrollieren die motorische und sensorische Motorik. Der Thalamus ist für Sinneseindrücke zuständig, während die Basalganglien und das Kleinhirn für Bewegungsabläufe wichtig sind. Der Hippocampus ist die Schaltstelle zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis. Mit anderen Worten: Zu wenig oder schlechter Schlaf scheint eine allumfassende und dramatische Auswirkung auf das kindliche Gehirn zu haben.
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Anomalien in einer kritischen Zeit der Gehirnentwicklung
„Die von uns identifizierten Netzwerkanomalien können möglicherweise zu Defiziten bei unterschiedlichen kognitiven Prozessen führen, darunter Aufmerksamkeit, Belohnung, emotionale Regulierung, Gedächtnis und die Fähigkeit, Handlungen und Verhaltensweisen zu planen, zu koordinieren und zu kontrollieren“, erklärte Studienautorin Dr. Caterina Stamoulis in einer Pressemitteilung.
Das sei besonders alarmierend, da sich das Gehirn von Kindern in einer kritischen Entwicklungsphase befinde. „Die Schaltkreise im Gehirn von Kindern reifen schnell. Insbesondere diejenigen, die Denkprozesse auf höherer Ebene unterstützen, wie Entscheidungsfindung, Problemlösung und die Fähigkeit, Informationen aus der Außenwelt zu verarbeiten und zu integrieren. Wir zeigen, dass unzureichender Schlaf daher enorme Auswirkungen auf die kognitive und psychische Gesundheit einzelner Kinder und der gesamten Bevölkerung haben kann.“
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Quellen
- Brooks, S.J., Katz, E.S., Stamoulis, C. (2021). Shorter Duration and Lower Quality Sleep Have Widespread Detrimental Effects on Developing Functional Brain Networks in Early Adolescence. Cerebral Cortex Communications
- Boston Children’s Hospital (2021). Inadequate sleep is bad for preteens’ brains. EurekAlert!