6. April 2023, 16:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Gut geschlafen? Dass es bei dieser Frage um mehr geht als die akute Erschöpfung am Morgen, ist mittlerweile gründlich erforscht. Wie wir schlafen, hat einen direkten Einfluss auf unsere Gesundheit – auch langfristig. So wirkt sich der Schlaf u. a. auf das Schlaganfallrisiko aus. Wie genau hat jetzt eine neue Studie untersucht.
Manche können nicht gut einschlafen, andere wachen nachts häufig auf, wieder andere schnarchen. Aber egal, auf welche Art der Schlaf gestört ist, die verminderte Schlafqualität treibt das Risiko für einen Schlaganfall offenbar deutlich in die Höhe. Zu dieser Erkenntnis kamen jetzt Forscher aus Irland und konnten in ihrer Studie auch aufzeigen, dass die Gefahr, die kognitive Krankheit zu entwickeln, noch klarer steigt, wenn mehrere Schlafbeschwerden gemeinsam auftreten.
Übersicht
Ablauf der Studie
Für ihre Analyse zogen die Wissenschaftler Daten von 4496 Personen aus der internationalen Langzeitstudie „Interstroke“ heran. Teilnehmer der Studie waren Patienten, die einen ersten akuten Schlaganfall erlitten hatten. Als Kontrollpersonen dienten Menschen, die keinen Schlaganfall hatten. Das Durchschnittsalter betrug 62 Jahre. Zu Beginn der Studienteilnahme machten die Teilnehmer via Fragebogen Angaben zu ihren Schlafsymptomen. Um einen möglichen Zusammenhang zwischen Schlaf und einem akuten Schlaganfall zu ermitteln, wendeten die Forscher logistische Regression, ein gängiges statistisches Verfahren, an.1 Dabei verglichen die Forscher jedes Symptom mit den Daten einer Person, die genau dieses Symptom nicht hatte – also z. B. Schnarcher mit Nicht-Schnarchern.
1799 Studienteilnehmer hatten einen ischämischen Schlaganfall erlitten. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass Gewebe im Gehirn abstirbt, was Experten auch als Hirninfarkt bezeichnen. Ursache ist eine blockierte Arterie, die dafür sorgt, dass nicht mehr ausreichend Blut und Sauerstoff ins Gehirn gelangen.2 439 Studienteilnehmer erlitten einen Schlaganfall aufgrund einer intrazerebralen Blutung. Bei solch einem blutigen (hämorrhagischen) Schlaganfall besteht akute Lebensgefahr! Ausgelöst wird er durch eine Einblutung ins Hirngewebe, z. B. weil Blutgefäße aufgrund von Arteriosklerose plötzlich platzen. Er ist deutlich seltener als der ischämische Schlaganfall (15 Prozent versus 80 Prozent der Schlaganfälle).3
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Zusammenhang von Schlaf und Schlaganfallrisiko
Die Auswertung der Daten ergab, dass Menschen, die zu viele oder zu wenige Stunden schliefen, im Vergleich zu Personen, die mehr als fünf und weniger als neun Stunden schliefen, ein erhöhtes Schlaganfallrisiko hatten. Weniger als fünf Stunden Schlaf erhöhte verglichen mit sieben Stunden Schlaf das Risiko um das Dreifache, neun Stunden Schlaf um das Zweifache. Ebenfalls dreifach erhöht war das Risiko bei Menschen mit Atemaussetzern im Schlaf (Schlafapnoe).
Ein weiterer Risikofaktor: Nickerchen am Tag. Waren diese regelmäßig länger als eine Stunde, erhöhten sie das Risiko um 88 Prozent. Ein um 91 Prozent erhöhtes Schlaganfallrisiko wiesen Schnarcher auf.
Folgende 9 Schlafprobleme wiesen in der Studie einen Zusammenhang mit erhöhtem Schlaganfallrisiko auf
- Kurzer Schlaf (weniger als fünf Stunden)
- Langer Schlaf (mehr als neun Stunden)
- Probleme beim Einschlafen
- Durchschlafprobleme
- Schnarchen
- Schnauben
- Ungeplante Nickerchen am Tag
- Lange Nickerchen am Tag (länger als eine Stunde)
- Atemaussetzer (Schlafapnoe)
Wer an sechs oder mehr Beschwerden leidet, hat ein fünffach erhöhtes Risiko
Eine weitere Erkenntnis der irischen Studie: Ein Zusammenspiel mehrerer Symptome schlechten Schlafs scheint die Schlaganfall-Gefahr zusätzlich zu steigern. „Unsere Ergebnisse deuten nicht nur darauf hin, dass einzelne Schlafprobleme das Schlaganfallrisiko erhöhen können, sondern dass bei mehr als fünf dieser Symptome das Schlaganfallrisiko fünfmal so hoch ist wie bei Personen, die keine Schlafprobleme haben“, erklärte Studienautorin Christine Mc Carthy in einer Pressemitteilung.4
Einschränkungen der Studie
Während die Studie auf Zusammenhänge zwischen verschiedenen Schlafbeschwerden und Schlaganfällen hindeuten konnte, war sie nicht in der Lage zu belegen, dass diese kausaler Natur sind. Mit anderen Worten: Um zu ermitteln, ob die Beschwerden auch direkte Ursachen für die schwerwiegende Erkrankung ist, ist weitere Forschung notwendig.
Ein weiterer einschränkender Punkt: Die Schlafbeschwerden wurden via Fragebögen ermittelt. Das heißt, die Wissenschaftler mussten sich auf die subjektiven Angaben der Studienteilnehmer verlassen. Demnach konnte nicht sichergestellt werden, dass die befragten Personen sich korrekt und vollständig erinnerten bzw. ihre Beschwerden überhaupt kannten. In der Studie und in der Pressemitteilung wird jedenfalls nicht darauf hingewiesen, dass die Angaben durch offizielle ärztliche Diagnosen verifiziert waren.
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Quellen
- 1. Mc Carthy, C.E., Yusuf, S. Judge, C. et al. (2023). Sleep Patterns and the Risk of Acute Stroke: Results from the INTERSTROKE International Case-Control Study. Neurology.
- 2. Chong, J.Y. Ischämischer Schlaganfall. MSD Manual. (aufgerufen am 6.4.2023)
- 3. Mediclin. Intracerebrale Blutung (ICB). (aufgerufen am 6.4.2023)
- 4. American Academy of Neurology. Sleep problems? You may have an increased risk of stroke. EurekAlert!