3. Mai 2024, 10:48 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In unregelmäßigen Abständen weht trockener Wüstenstaub von der Sahara bis nach Deutschland, der dann als sichtbarer „Blutregen“ vom gelblich-rot verfärbten Himmel fallen kann. Klingt etwas bedrohlich – als gesundheitsgefährdend galt es bislang aber nicht, wenn Aerosole von Saharastaub über die Luft in die Atemwege gelangen. Die Studienlage spricht in dieser Hinsicht eine etwas andere Sprache. FITBOOK-Autorin Laura Pomer hat sie sich angesehen und bei einem Experten eine toxikologische Beurteilung eingeholt.
In Deutschland herrschten in den vergangenen Wochen gebietsweise bereits sommerliche Temperaturen. Und wenn warme Winde aus dem Süden kommen, dann können sie in Nordafrika nach oben gewirbelten Staub aus der Sahara mitbringen. In den letzten Apriltagen bis zum 2. Mai ist in Deutschland wieder einiges an Blutregen heruntergekommen. Kommende Woche darf man laut Prognosen von Wetter.net speziell in Bayern mit größeren Mengen Saharastaub rechnen. Nicht zuletzt Autofahrer stören sich daran, wenn er als hartnäckiger Belag auf ihrem Fahrzeug sichtbar ist. Zumal der nächste Schwung schon bald unterwegs sein kann – Autowaschen wird da gewissermaßen zur Sisyphusarbeit. Doch die Kosmetik ist das eine. FITBOOK wollte wissen, ob Saharastaub womöglich die Gesundheit gefährdet.
Übersicht
Schadet Saharastaub der Gesundheit?
Die Frage ist nicht weit hergeholt. Man weiß inzwischen um die Gefahren, die das wiederholte Einatmen von Luftschadstoffen bringt. Feinstaub und Ozon sind für eine große Zahl an Schlaganfällen sowie Herz- und Lungenerkrankungen in Deutschland verantwortlich, wie FITBOOK hier auf Basis von Studien ausführlicher berichtet. „Je nach Größe der Staubpartikel können sich ihre Wirkungen unterscheiden, denn je kleiner die Partikel sind, desto tiefer gelangen diese in den Atemtrakt“, schreibt dazu das Umweltbundesamt.1 Saharastaubpartikel sind zwischen 0.1 und 10 Mikrometer (µg) groß.
Saharastaub unterscheidet sich von Feinstaub dadurch, mineralisch zu sein und nicht etwa im Zuge von Verbrennungsprozessen zu entstehen. Das lässt ihn für den Laien auf den ersten Blick weniger ungesund erscheinen. Glaubt man dem „Deutschen Wetterdienst“, ist Saharastaub „an sich nicht gesundheitsgefährdend, aber er kann eine weitere Belastung sein für Menschen, die an Allergien und Asthma leiden“.2 Denn demnach können sich Pollen mit den kleinen Saharastaubpartikeln in der Luft verbinden, was allergische Beschwerden verstärken können soll. Wie jüngere Untersuchungen zeigen, bringt Saharastaub auch darüber hinaus Gefahren für die Gesundheit.
Studien zeigen verstärkte Entzündungsprozesse durch Saharastaub
Bestimmte mikrobielle Bestandteile im Saharastaub können das Vorkommen entzündungsfördernder Botenstoffe erhöhen und sich in der Folge zellschädigend auswirken. Zu diesem Ergebnis kamen gleich zwei Studien, an denen Mitarbeiter verschiedener deutscher Leibnitz-Institute beteiligt waren.3,4 Die konkreten körperlichen Reaktionen müssen weiterführende Untersuchungen beleuchten, erklärt Gerrit Bredeck, ein maßgeblich an den Untersuchungen beteiligter Doktorand an der Heinrich-Heine-Universität, in einer Pressemitteilung.5
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Toxikologische Einschätzung des Experten
FITBOOK wollte es noch genauer wissen und hat bei einem Experten nachgefragt. Dort geht man davon aus – und teile hiermit die Einschätzung des Umweltbundesamts –, dass Saharastaub einen negativen Einfluss auf die menschliche Gesundheit haben, konkret die Entstehung von Atemwegserkrankungen bzw. Verschlechterung begünstigen könne. Jede Art von Staub, die man einatme, könne bei dauerhaft hoher Einwirkung entzündliche Reaktionen auslösen „und nachfolgend schwere Erkrankungen der Atemwege“, so Dr. Götz Westphal, Sprecher des Arbeitskreises Inhalationstoxikologie der Gesellschaft für Toxikologie.
Vorsichtige Entwarnung für generell Gesunde
Doch auch wenn es immer wieder zu Blutregen kommen kann – eine dringende Warnung vor den möglichen Folgen klingt anders. Zwar gehe man davon aus, dass Saharastaub die Tagesmittelwerte für Feinstaub erhöhen könne. Doch „eine dauerhafte hohe Belastung ist dies sicher nicht“, erklärt man uns, denn gemeinhin stellen sich nach entsprechenden Auffälligkeiten innerhalb weniger Tage wieder Normalwerte ein. Erkrankungen der Atemwege seien durch hohe Belastungen von so kurzer Dauer sehr unwahrscheinlich. „Der derzeitige Grenzwert für Feinstaub (mit einer Korngröße von weniger als zehn µg, Anm. d. Red.) liegt bei 50 µg /m3 und darf maximal 35-mal überschritten werden“, so Dr. Westphal. „Aus meiner Sicht stellt dieser Grenzwert einen ausreichenden Gesundheitsschutz dar.“
Was empfindliche Personen beachten sollten
Es muss sich also niemand zu Hause einsperren, wenn Saharastaub angekündigt ist. Personen mit Vorerkrankungen dagegen – der Experte nennt Atemwegsallergien sowie chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) – täten gut daran, sich zu schützen. „Meine persönliche Empfehlung für diesen Personenkreis wäre das Tragen einer Staubmaske mit Partikelgröße PM10 an Tagen mit besonders hoher Staubbelastung“, so Dr. Westphal. Informationen und Prognosen findet man auf den Webseiten von Wetterdiensten. Spezielle Therapieempfehlungen sollten laut dem Toxikologen auf individuellen ärztlichen Rat erfolgen.