3. Juli 2023, 14:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Immer mehr jüngere Menschen erkranken an Darmkrebs – eine erschreckende Tendenz, die durch Fallzahlen und Studien belegt ist. Eine neue Untersuchung konnte jetzt aufzeigen, welche Risikofaktoren bei jüngeren Männern das Risiko der Erkrankung begünstigt und liefert damit Argumente, mit der Vorsorge früher zu beginnen.
Ab dem 50. Lebensjahr haben Versicherte Anspruch auf von der Krankenkasse bezahlte Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen.1 Dabei erkranken mehr und mehr unter 50-Jährige.2 Grund dafür ist offenbar zum Teil der Lebensstil, insbesondere die Ernährung.3 Doch gibt es noch weitere Risikofaktoren, die die Entstehung von Darmkrebs begünstigen – eine neue Studie konnte sieben identifizieren, die besonders jüngere Männer betreffen.
Übersicht
Ablauf der Studie
Für ihre Studie griffen die Forscher aus Indianapolis (USA) auf die Datenbank der United States National Veterans Affairs zurück. Sie analysierten die Krankenakten-Daten von 600 jüngeren Männern (im Alter zwischen 35 und 49 Jahren), die zwischen 2008 und 2015 die Diagnose Darmkrebs erhalten hatten. Die Voraussetzung dafür, dass eine Person es als Proband in die aktuelle Studie schaffte, war, dass der Krebs nicht erblich bedingt war. Ausgeschlossen wurden auch Patienten, die vor der Krebserkrankung bereits an entzündlichen Darmerkrankungen litten, da bei ihnen ebendiese Erkrankung als (Mit-)Ursache für den Krebs angenommen werden kann.
Zum Vergleich gab es zwei Kontrollgruppen. Die 1200 Personen der einen Gruppe hatten sich einer Koloskopie (Darmspiegelung) unterzogen – mit dem erfreulichen Ergebnis, keinen Darmkrebs zu haben. Weitere 1200 Männer, die bislang keine Darmspiegelung gemacht hatten, bildeten die zweite Kontrollgruppe.
In den Krankenakten waren folgende Informationen für die Forscher interessant:
- soziodemografische Faktoren
- Lebensstilfaktoren
- familiäre und persönliche Krankengeschichte
- körperliche Messungen
- Vitalparameter
- Einnahme von Medikamenten
- Laborergebnisse von medizinischen Untersuchungen
Bei den Probanden mit Darmkrebs achteten die Studienverantwortlichen darauf, Daten zu nutzen, die aus dem Zeitraum von sechs bis 18 Monaten vor der Diagnose stammten. Der Grund: Viele der genannten Faktoren können sich durch eine Darmkrebserkrankung verändern.4
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Untersuchte potenzielle Risikofaktoren
Um die Risikofaktoren für Darmkrebs zu identifizieren, fokussierten sich die Wissenschaftler bei der Auswertung der Daten auf folgende Bereiche:
- Alter
- Wohnsituation (allein, zusammen mit anderen Personen)
- Body-Mass-Index (BMI)
- Krebserkrankungen bei Verwandten ersten oder zweiten Grades
- Begleiterkrankungen
- Alkoholkonsum
- Hyperlipidämie (Störung des Fettstoffwechsels)
- Einnahme von Statinen (Cholesterinsenker)
- Konsum von Multivitaminen
- Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika
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7 Faktoren, die das Darmkrebs-Risiko bei jüngeren Männern beeinflussen
Insgesamt konnten die Forscher 15 Variablen ausmachen, die mit Darmkrebs im Frühstadium assoziiert sind. In einem weiteren Schritt reduzierten sie ihr Vorhersagemodell auf sieben Faktoren, die Genauigkeit bieten und in der klinischen Praxis zur Schätzung des relativen Risikos leichter zu verwenden sind.5
- höheres Alter innerhalb der Altersgruppe der 35- bis 49-Jährigen
- keine regelmäßige Einnahme von nicht-steroidalen entzündungshemmenden Medikamenten (wie Aspirin oder Ibuprofen)
- keine regelmäßige Einnahme von Statinen
- Alkoholkonsum
- Verwandte ersten oder zweiten Grades mit Dickdarmkrebs
- höhere Krankheitslast (Begleiterkrankungen)
- Sozioökonomischer Status
Einordnung der Studienergebnisse
Besonders bezüglich der Faktoren Medikamenteneinnahme sei darauf hingewiesen, dass aus der Studienbeschreibung nicht hervorgeht, unter welchen Umständen ihre Nicht-Einnahme negative Auswirkungen auf die Darmgesundheit hatte. So ist davon auszugehen, dass nur Personen mit Entzündungen im Körper von entzündungshemmenden Medikamenten und nur Patienten mit hohen Cholesterinwerten von Statinen profitieren. Gesunde Menschen sollten sie nicht ohne Grund und nicht ohne ärztliche Absprache einnehmen.
Eine weitere Einschränkung der Studie besteht darin, dass ausschließlich Männer aus dem Militärdienst untersucht wurden. So ist nicht auszuschließen, dass (einige der) Erkenntnisse speziell für Personen mit diesem Hintergrund gelten und weniger für Zivilisten.
Sollte die Darmkrebs-Vorsorge schon unter 50 Jahren beginnen?
Trotz der Einschränkungen sind die US-Forscher der Ansicht, mögliche weitere Argumente dafür geliefert zu haben, warum es sinnvoll sein könnte, nicht erst ab dem 50. Lebensjahr mit regelmäßiger Darmkrebs-Vorsorge zu beginnen. Denn nicht nur, dass die Zahlen von Krankheitsfällen zeigen, dass auch jüngere Menschen Darmkrebs bekommen können. Es vermehren sich auch die Erkenntnisse darüber, anhand welcher Risikofaktoren in der Praxis entschieden werden könnte, bei welchen Patienten eine frühere Vorsorge besonders sinnvoll wäre.
Studie 7 Risikofaktoren für Darmkrebs bei Männern unter 50
Neue Studie zeigt Frühe Symptome von Dickdarmkrebs bei jungen Erwachsenen
Studie aus USA findet weitere Hinweise Wie wirkt sich die Körpergröße auf das Darmkrebsrisiko aus?
Quellen
- 1. Gemeinsamer Bundesausschuss. Programm zur Früherkennung von Darmkrebs. (aufgerufen am 3.7.2023)
- 2. Ogino, S., Ugai, T., Sasamoto N. et al. (2022). Is early-onset cancer an emerging global epidemic? Current evidence and future implications. Nature reviews clinical oncology.
- 3. Jayakrishnan, T. Metabolomic differences in young-onset versus average-onset colorectal adenocarcinoma. American Society of Clinical Oncology. (aufgerufen am 3.7.2023)
- 4. Thomas F. Imperiale, T.F., Myers, L.J., Barker, B.C. (2023). Risk Factors for Early-onset Sporadic Colorectal Cancer in Male Veterans. Cancer Prevention Research.
- 5. Regenstrief Institute. Study identifies risk factors for early onset colorectal cancer in males. (aufgerufen am 3.7.2023)